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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute auf Antrag der Grünen den Tierschutz in Deutschland. Das ist – so weit sind wir uns wohl alle einig – ein wichtiges Thema. Keiner will leidende Tiere in Deutschland und in Europa. Ich bezweifle allerdings, ob Ihr Antrag tatsächlich einen Beitrag dazu leistet, das Tierwohl und die Tiergesundheit in Deutschland zu verbessern.

Sie fordern zum Beispiel ein Verbandsklagerecht für Tierschutzorganisationen. Davon geht es leider keinem einzigen Tier besser.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dadurch wird nur mehr Bürokratie geschaffen. Die Landratsämter haben bereits alle Hebel in der Hand, um Fehlentwicklungen im Tierschutz zu verhindern.

Als Landwirtschaftsmeister habe ich in der Ausbildung Sachkunde erlernt. Ich habe 40 Jahre selbst Rinder im Allgäu gehalten. Ich weiß also, wovon ich rede. Für mich war dabei immer wichtig, dass es den Tieren gut geht und dass sie gesund sind. Meiner Erfahrung nach hängt der nachhaltige Erfolg eines Betriebs nämlich entscheidend davon ab, dass das Wohl des Tieres gewährleistet ist.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Thema Tierwohl ist dabei hochkomplex. Deswegen bin ich dagegen, die Anbindehaltung bei Rindern pauschal zu verteufeln. Anbindehaltung mit Weide und/oder Laufhof kann eine gute Alternative zu Laufställen sein. Bei mir im Stall hatte jedes Rind seinen Platz oder war auf der Weide.

(Nicole Maisch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir schreiben ja „ganzjährige Anbindehaltung“!)

– Ich habe das schon gelesen. – Das gefährdet aus meiner Sicht nicht das Tierwohl. Vielmehr sind die Rinder froh, ihren eigenen Bereich zu haben und vor dominanten Tieren geschützt zu sein. Sie müssen auch nicht enthornt werden: Alle meine Tiere haben noch ihre Hörner.

(Beifall des Abg. Dr. Wilhelm Priesmeier [SPD])

Beim Thema Kennzeichnung hingegen bin auch ich der Auffassung, dass sie durchaus Sinn machen kann. Mit den QS- und QM-Standards haben wir bereits gute Erfahrungen gemacht. Klar ist dann aber auch, dass die Kennzeichnungspflicht nicht nur Produkte aus Deutschland erfassen darf, sondern auch importierte Fleisch- und Milchprodukte erfassen muss. Ich denke darüber hinaus, dass wir langfristig ein Umdenken in der Tierzucht sehen müssen: weg von kurzfristigen Leistungssteigerungen in der Zucht, hin zu einer konstanten und insgesamt längeren Lebensleistung der Tiere.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Wilhelm Priesmeier [SPD])

Sie beklagen schließlich einen angeblichen Stillstand im Bereich Tierschutz. Das ist schlichtweg falsch. Die Cross-Compliance-Regelungen in der GAP werden fortlaufend verschärft. Viele gute und wichtige Projekte sind außerdem auf den Weg gebracht worden. Es gibt zahlreiche Forschungsprogramme, welche die Verbesserung des Tierwohls und der Tierzucht zum Ziel haben. So wurden seit 2006 in der Bundesrepublik Deutschland 117 Projekte im Bereich der Nutztierhaltung mit über 80 Millionen Euro gefördert, die das Tierwohl und die Tiergesundheit noch weiter verbessern sollen.

Aktuell wird unter anderem die Entwicklung neuer Tierwohlindikatoren und neuer Haltungssysteme gefördert. Neben diesem wichtigen Forschungsansatz wirken wir auf der Regelungsebene auf Verbesserungen hin. Auf europäischer Ebene setzen wir uns für tierspezifische Richtlinien in Bezug auf die Haltung ein, welche einzelne Besonderheiten bestimmter Gattungen besser erfassen können. Außerdem wollen wir das europäische Tierrecht weiterentwickeln, indem wir unter anderem die Tierschutztransportverordnung und die Richtlinie zum Tierschutz bei der Schweinehaltung ändern. Dieser ganzheitliche und auf ganz Europa zentrierte Ansatz ist aus meiner Sicht das einzig Richtige.

Tierschutz darf nicht an der Grenze aufhören. Wir gelangen nur dann zu wirklichen Verbesserungen, wenn diese in der gesamten Europäischen Union Bestand haben. Ansonsten schaffen wir Wettbewerbsnachteile für deutsche Betriebe, die letztlich nur zu einer Verlagerung der Nahrungsmittelproduktion ins Ausland führen; ich erinnere nur an das Verbot der Käfighaltung. Das kann nicht Ziel einer nachhaltigen Tierschutzpolitik sein. Schließlich müssen die bereits bestehenden Regeln durchgesetzt werden. Beim Vollzug sind nun einmal vor allem die Bundesländer, insbesondere die von den Grünen mitregierten, gefordert. Hier darf man es sich nicht einfach machen und die Verantwortung einseitig auf den Bund schieben. Das gehört zur Wahrheit dazu.

Abschließend möchte ich noch klar sagen, dass es viele Betriebe gibt, die trotz massiven Preisdrucks hervorragend arbeiten und alle Standards einhalten. Das ist nicht einfach. Wir sollten unseren Bauern und Bäuerinnen deshalb nicht nur zwei Tage vor dem Erntedankfest danken, sondern das ganze Jahr anerkennen, mit welch hochwertigen Lebensmitteln sie die Verbraucherinnen und Verbraucher in der Bundesrepublik Deutschland versorgen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das Wort hat der Kollege Friedrich Ostendorff für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7010590
Wahlperiode 18
Sitzung 194
Tagesordnungspunkt Tierschutz
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