30.09.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 194 / Tagesordnungspunkt 25

Uli GrötschSPD - Änderung des Vereinsgesetzes

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Manchmal merkt man geradezu, dass es mit den objektiven Argumenten eng wird, wenn es darum geht, einen Antrag der Regierungskoalition abzulehnen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Ich will nicht verhehlen, dass uns das manchmal andersherum genauso geht, liebe Kollegin Ulla Jelpke. Aber bei diesem Gesetzentwurf geht es ja nicht um eine Gruppe, sondern um ein Phänomen, auf das ich im Folgenden eingehen will.

Es geht hier um die Hells Angels, die Bandidos, die Outlaws, die Mongols. Bei diesen Rockergruppierungen geht es doch nicht mehr ums Motorradfahren, um Tattoos oder Machotum, sondern um organisierte Kriminalität. Es geht um Drogengeschäfte, um Schutzgelderpressung und um Menschenhandel. Weil die Mitgliedschaft in so einer Rockergruppe offenbar so lukrativ ist, gründen die besagten Rockerklubs immer neue Ortsvereine, sogenannte Chapter oder Charter, die mancherorts wie Pilze aus dem Boden schießen. Bundesweit gibt es inzwischen mehr als 9 300 solcher Rocker in mehr als 600 örtlichen Chaptern. Diesen Kriminellen sagen wir mit diesem Gesetz den Kampf an, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Auch wenn das auf den ersten Blick etwas ambitioniert klingen mag: Mit diesem Gesetz werden wir einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, diesen Strukturen das Handwerk zu legen. Wir beraten heute in erster Lesung eine notwendige Anpassung, eine Verschärfung des Vereinsgesetzes. Bislang ist es so, dass zwar einzelne Ortsvereine verboten wurden, die Rockerklubs aber das generelle Vereinssymbol mit einer anderen Ortsbezeichnung weiterverwenden konnten. Letztes Jahr musste der Bundesgerichtshof in einem einschlägigen, die Rockergruppierung Bandidos betreffenden Fall entscheiden, dass das Tragen einer Kutte mit den von allen Chaptern der Bandidos benutzten Kennzeichen, nämlich dem Wort „Bandidos“ und dem sogenannten Fat Mexican, zusammen mit dem Ortszusatz eines nicht verbotenen Chapters nach derzeitiger Rechtslage nicht strafbar ist.

Wenn wir dieses Gesetz verabschieden, wird es so etwas in Zukunft nicht mehr geben.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Kennzeichen verbotener Vereinigungen können dann nicht mehr von anderen Gruppierungen im Bundesgebiet genutzt werden. Verbotene Chapter können dann nicht im nächsten Ort einen neuen Ortsverein gründen, um das Vereinsverbot zu umgehen. Das könnte im besten Fall das Ende des Mythos um Hells Angels oder Bandidos bedeuten, weil sie dann kein gemeinsames, öffentlich sichtbares, verbindendes Vereinssymbol mehr haben, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das vereinfacht auch die Arbeit der Polizeien, die künftig ganz einfach und objektiv feststellen können, ob ein Verein ein Kennzeichen in im Wesentlichen gleicher Form verwendet wie ein verbotener Schwesterverein. Damit zeigen wir: Wir lassen uns nicht auf der Nase herumtanzen, wenn es um verbrecherische Parallelstrukturen im Rockermilieu oder gar um verfassungsfeindliche Tendenzen geht.

(Beifall bei der SPD)

Apropos verfassungsfeindlich: Was mir nicht zuletzt Sorgen im Zusammenhang mit dem Rockermilieu macht, ist seine Verflechtung mit der rechtsextremen Szene. Nach Erkenntnissen des Bundeskriminalamtes und des Bundesamtes für Verfassungsschutz gibt es zunehmend Neonazis in den Rockerklubs. Über 500 einschlägig bekannte Neonazis gehören zu Rockergruppen wie den Hells Angels oder dem Gremium MC, aber auch zu den Bandidos und den Outlaws MC. Neonazikonzerte finden in den Klubhäusern der Rocker statt, die dann teilweise noch von Rockern als Securities bewacht werden.

Während es vor einigen Jahren noch hieß, dass kein Rockerklub in Gänze als rechtsextrem gelte, weil Rockerklubs ja per Satzung unpolitisch seien, zeigt uns etwa der Fall des inzwischen verbotenen Rockerklubs Schwarze Schar MC Wismar aus Mecklenburg-Vorpommern das Gegenteil. Hier haben einschlägige Neonazis den Klub gegründet, um ihre kriminellen Machenschaften zu organisieren. Beim Gremium MC sind auch bereits Durchmischungen mit Nazis bekannt geworden; zumindest haben sie Ordnerpersonal für ein Neonazikonzert in Thüringen gestellt.

Diese Verflechtung – leider ganz speziell in den ostdeutschen Bundesländern, aber natürlich auch anderswo in Deutschland – halte ich für hochgradig besorgniserregend.

Ich komme zum Schluss. Ich bin froh, dass der Bundesrat uns bei unserem Anliegen, das Vereinsgesetz zu verschärfen, unterstützt, Ich bitte auch die Oppositionsparteien, hier im Sinne der Sache mit uns gemeinsam diese Erweiterung des Kennzeichenverbots zu tragen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Das Wort hat die Kollegin Irene Mihalic für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7010606
Wahlperiode 18
Sitzung 194
Tagesordnungspunkt Änderung des Vereinsgesetzes
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