30.09.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 194 / Tagesordnungspunkt 25

Oswin VeithCDU/CSU - Änderung des Vereinsgesetzes

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir heute schon über Vereine sprechen, dann will ich ein bisschen ausholen und damit beginnen, dass wir Deutsche, und zwar nicht nur bei unseren europäischen Nachbarn, durchaus als Vereinsmeier gelten. Rein statistisch gesehen ist jeder Deutsche in mindestens einem Verein, so auch viele von uns, ich auch.

Wir wissen, wie es mit der Entstehung der Vereine losging. In der frühen ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es aufgrund der bürgerlichen Bewegungen die ersten Vereinsgründungen.

Hier möchte ich einen kleinen eigenen Werbeblock einschieben. Neun Jahre lang hatte ich die Ehre, Bürgermeister der Hessentagsstadt Butzbach sein zu dürfen, einer Stadt mit damals 204 Vereinen. Die erste Vereinsgründung gab es bei uns 1839. Die Stadt Butzbach ist die Stadt von Dr. Friedrich Ludwig Weidig, einem der engsten Weggefährten von Georg Büchner. Zusammen verfassten sie den Hessischen Landboten mit dem Aufruf: „Friede den Hütten! Krieg den Palästen!“ Beide sind 1837 gestorben, Weidig in der Haftanstalt in Darmstadt. Allein über das Thema Vormärz und die Demokratiebestrebungen könnte man abendfüllend reden.

Über Vereine wie Gesangsvereine, Sportvereine, Turnvereine und Musikvereine reden wir jedoch nicht. Verfassungsrechtlich ist das, worüber wir heute reden, in Artikel 9 unseres Grundgesetzes freilich besonders geschützt. Die restlichen Regelungen, was unsere Vereine betrifft, stehen alle im Bürgerlichen Gesetzbuch.

Das Vereinsgesetz, über das wir heute reden, ist dafür gedacht, die Voraussetzungen zu schaffen, um bestimmte Vereine verbieten zu können. Gelten Vereine zwar gemeinhin als friedliche Freizeitbetätigung, so sind manche Gruppierungen trotz vorhandener Vereinsstrukturen jedoch als gefährlich einzuordnen; wir haben es gerade ausführlich gehört.

Wird ein Verein begründbar verboten, gilt dies auch für die öffentliche Zurschaustellung der Vereinskennzeichen. Mitglieder eines Vereins bringen oft und aus Überzeugung ihre Zugehörigkeit mittels Kennzeichen in Form von bestimmten Vereinsfarben, Symbolen und Vereinskleidung zum Ausdruck. Man bekennt sich öffentlich zu einem Verein und zu dessen Werten. Handelt es sich um etwas Harmloses wie einen Sport-, Gesangs- oder Musikverein, ist dies auch völlig legitim und in Ordnung. Meist dient das Tragen von Vereinsfarben und -kleidung auch der Mitgliederwerbung. Was ist aber, wenn bestimmte Vereinssymbole und Kleidungsstücke mit Werten und Strukturen in Verbindung gebracht werden, hinter denen manchmal erhebliche kriminelle Energie steckt?

2014 hatte Nordrhein-Westfalen daher das öffentliche Zeigen von Rockersymbolen vielerorts untersagt. Mitglieder von Rockergruppierungen werden mit Gewalt, Straftaten und rechtsstaatswidrigem Verhalten in Verbindung gebracht. Das damals erlassene Verbot umfasste nicht nur das Zeigen bereits verbotener Abzeichen, untersagt wurde auch das Tragen von Emblemen mit Bezug auf sogenannte Schwestervereine, also Teilgruppen, die an einem Ort bereits verboten waren.

Mit dem Hinweis, dass dieses umfassende Verbot nicht mit der derzeitigen Rechtslage in Einklang zu bringen war, hatte der Bundesgerichtshof diesem Verbot eine deutliche Absage erteilt. Um nun auch dem sympathiebekennenden Tragen von bestimmten Vereinszeichen einen Riegel vorzuschieben, verschärfen wir im Vereinsgesetz den § 9 zum sogenannten Kennzeichenverbot und passen ebenfalls die entsprechende Strafvorschrift in § 20 an.

Natürlich ist nicht jede Vereinigung von Menschen, die sich dem Motorradfahren verschreiben, eine Verbindung von Kriminellen. Wird aber gegen bestimmte Gruppierungen ein Verbot erlassen, eben weil sie kriminelle Strukturen aufweisen, dann muss auch die Zurschaustellung von Symbolen und Kleidungsstücken, die diese kriminellen Vereinigungen verherrlichen, unterbunden werden. Menschen, die die freiheitliche Grundordnung unseres Landes offensichtlich ablehnen, auch wenn sie sich in Form eines Vereins zusammentun, dürfen ihre Vereinszeichen und die ihrer Schwestervereinigungen, die auch nichts Besseres im Schilde führen, nicht ungestraft zur Schau stellen. Das wollen wir nicht, und deshalb wollen wir es heute verbieten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Klar ist, dass man nicht alles verbieten kann, was man nicht mag – um den Bundesinnenminister an dieser Stelle ebenfalls zu zitieren. Aber bei organisierter Kriminalität hört für mich und für uns der Spaß auf. Organisierte Kriminelle sind eine Bedrohung für die innere Sicherheit unseres Landes.

Genauso wie wir unser Land vor Gefahren für die innere Sicherheit von außerhalb, wie Terrorgefahr, schützen, schützen wir unser Land vor den Gefahren, die vom Inneren ausgehen. Gerade im Bereich innerer Sicherheit haben wir vieles vorangebracht. Ein großer Teil dieser Maßnahmen geht auf die Initiative der Union zurück. So sind die heutigen Änderungen im Vereinsgesetz zwar nur ein kleiner Schritt; aber wir meinen, er ist völlig richtig, um den kriminellen Strukturen das Wasser abzugraben und klar für unsere freiheitlichen und rechtsstaatlichen Werte einzustehen. Deshalb würde ich mir wünschen, dass dieser Ansatz, dieses Gesetz eine breite Basis findet.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Das Wort hat die Kollegin Susanne Mittag für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7010612
Wahlperiode 18
Sitzung 194
Tagesordnungspunkt Änderung des Vereinsgesetzes
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta