Andrea LindholzCDU/CSU - Änderung des Vereinsgesetzes
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute eine kleine, aber weitreichende Änderung im Vereinsgesetz. Die Bundesregierung will mit dem Gesetzentwurf das Kennzeichenverbot in § 9 des Vereinsgesetzes praxistauglicher ausgestalten und eine Schwachstelle in unserem Vereinsgesetz beheben. Die Polizei soll damit gleichzeitig ein neues Instrument für den Kampf gegen die organisierte Kriminalität erhalten.
Ein Verein kann verboten werden, wenn ihm eine schwerwiegende Gefährdung der Allgemeinheit und entsprechende Straftaten nachgewiesen wurden. Mit dem Verbot wird dann auch das Tragen des Abzeichens dieses Vereins strafbar. Wenn der verbotene Verein allerdings lediglich eine Ortsgruppe einer größeren Dachorganisation ist, dann gilt das nicht gleichermaßen auch für die gesamte Organisation, und auch das Tragen gemeinsamer Abzeichen – das sind zum Beispiel Fahnen, Uniformstücke und andere Abzeichen dieses Dachverbandes – ist dann nach geltendem Recht nicht strafbar, auch dann nicht, wenn mehrere Unterorganisationen als kriminelle Vereinigung verboten wurden. Der Koalitionsvertrag sah daher bereits eine Änderung in diesem Bereich vor, und der Bundesgerichtshof hat auch erst im Juli letzten Jahres auf diese Strafbarkeitslücke hingewiesen. Es ging dabei um das Tragen von Rockerkutten, die verschiedene Ortsbezeichnungen, aber das gleiche Kennzeichen hatten.
Diese Lücke wollen wir jetzt schließen. Dies ist sicherlich kein Allheilmittel, aber es ist absolut richtig, es ist wichtig und ein weiterer Beitrag im Kampf gegen organisierte Kriminalität. Das Vereinsgesetz soll künftig objektive und klar definierte Kriterien enthalten, anhand derer die Polizei feststellen kann, ob ein im Wesentlichen gleiches Kennzeichen verwendet wird, das bereits verboten wurde. Subjektive Merkmale wie die Auslegung, ob es vielleicht die gleiche Zielrichtung ist, werden gestrichen – subjektive Merkmale sind in der Regel auch wenig praxistauglich –, sodass diese Änderung ein wichtiges Instrument für unsere Behörden ist. Die entsprechende Strafnorm in § 20 des Vereinsgesetzes soll angepasst werden, indem sie ausdrücklich auf das Kennzeichenverbot in § 9 des Vereinsgesetzes verweist.
Warum brauchen wir diese Verschärfung? Sie kann vor allem im Kampf gegen Rockergruppen helfen. Sie nennen sich selbst verharmlosend „Motorradclub“; tatsächlich sind es aber Klubs, die für schwerste Verbrechen wie Drogen- und Menschenhandel, für Erpressung und brutale Gewalttaten bis hin zu Mord verantwortlich sind. 8,4 Prozent aller Verfahren im Zusammenhang mit der organisierten Kriminalität in Deutschland entfallen auf diese Gruppierungen. Das Bundeskriminalamt hat in seinem letzten Lagebild zur organisierten Kriminalität auch von einem deutlichen Anstieg der Verfahren gegen diese Rockergruppierungen berichtet.
Trotz Verboten werden ständig neue Ortsgruppen gegründet. Zuletzt war die Presse auch wieder voll von Gewaltexzessen in diesem Rockermilieu. Die Mitglieder glauben, dass sie sich in ihrer Gemeinschaft vor dem Gesetz verstecken können. Mit dem Kennzeichenverbot, mit der Verschärfung im Vereinsgesetz, können wir dem zumindest ein Stück weit entgegenwirken. Sie haben es gesagt, Frau Kollegin Mihalic: Deshalb sind sie nicht gleich von der Bildfläche verschwunden. Aber ich halte es für ein wichtiges Zeichen, auch seitens des Rechtsstaats, dass man dieses gemeinsame Kennzeichen in diesen schweren Fällen der organisierten Kriminalität auch für alle, die damit irgendwo im Zusammenhang stehen, verbieten sollte. Ich halte das für den richtigen Schritt.
Liebe Frau Kollegin Jelpke, nicht nachvollziehen kann ich, wie man dem nicht zustimmen kann und das Ganze mit Fußballvereinen vergleicht. Es geht hier um das Tragen eines gemeinsamen Kennzeichens, eines bestimmten Symbols, das auch für organisierte Kriminalität steht, für schwerste Verbrechen, die dort begangen worden sind. Ich kann deshalb nicht nachvollziehen, wie man einer solchen Änderung nicht zustimmen kann.
Unsere Polizei steht heute vor großen Herausforderungen. Islamistische Terroristen, gewaltbereiter Links- und Rechtsextremismus und organisierte Kriminalität, die wir allesamt mit ganzem Einsatz verhindern und bekämpfen müssen, fordern von unserer Polizei Höchstleistungen. Mit diesem kleinen Beitrag können wir unseren Sicherheitsbehörden auch effektivere Mittel an die Hand geben. Deshalb bitte ich, die Beratungen konstruktiv zu begleiten. Vielleicht können wir am Ende des Verfahrens doch allesamt dieser Änderung zustimmen.
Vielen Dank.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7010621 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 194 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Vereinsgesetzes |