19.10.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 195 / Zusatzpunkt 1

Ute Finckh-KrämerSPD - Aktuelle Stunde zur Lage in Syrien und im Irak

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Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer oben auf den Tribünen! Ich möchte zuerst ein, zwei Sachen richtigstellen, Omid Nouripour. Die Bundesregierung unterstützt ausdrücklich den kanadischen Antrag, morgen in der Generalversammlung über die Situation in Syrien zu reden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das habe ich doch gesagt!)

Die Bundesregierung hat uns heute im Auswärtigen Ausschuss mitgeteilt – das muss man nicht als Geheimnis behandeln –, dass sich dann herausstellen wird, ob es eine entsprechende Mehrheit für eine mögliche „Uniting for Peace“-Resolution der Generalversammlung gibt. Man sollte etwas, wofür man eine Zweidrittelmehrheit braucht, nur anstreben, wenn man es tatsächlich erreichen kann.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Stimmt!)

Rot-Rot-Grün wird nicht in erster Linie daran gemessen, wie die heutige Diskussion zwischen den Roten, den Grünen und den anderen Roten über Syrien und den Irak verläuft. Rot-Rot-Grün diskutiert im Augenblick über gemeinsame Anliegen im Bereich der Sozialpolitik. Das ist aber nicht Thema dieser Aktuellen Stunde.

(Dr. Johann Wadephul [CDU/CSU]: Erzählen Sie mal! Das ist interessant!)

Ich möchte einen Punkt ansprechen, bei dem wir, glaube ich, über alle Fraktionen eine Mehrheit erreichen können, nämlich die humanitäre Hilfe. In Syrien sind über 13 Millionen Menschen von humanitärer Hilfe abhängig. Da das Thema die Stabilisierung Syriens ist, müssen wir auch an diejenigen denken, die sich in Syrien außerhalb von Ost-Aleppo aufhalten und auf humanitäre Hilfe angewiesen sind. Es gibt über 6 Millionen Binnenvertriebene. Ähnliches gilt für den Irak. Wir dürfen uns nicht nur Gedanken darüber machen, was in den nächsten Wochen und Monaten mit den Flüchtlingen aus Mosul geschehen soll, sondern wir müssen auch die vielen Flüchtlinge und Binnenvertriebenen im Irak im Blick behalten, insbesondere die Menschen, die nun genötigt werden, nach Falludscha zurückzukehren, obwohl es dort keine Infrastruktur sowie nichts zu essen und zu trinken gibt. Auch darum müssen wir uns kümmern. Dazu brauchen wir im nächsten Bundeshaushalt mindestens so viel Geld für humanitäre Hilfe sowie die entwicklungsorientierte Not- und Übergangshilfe aus dem Etat des BMZ wie in diesem Jahr. Wir alle können mit unseren Haushältern reden und dafür sorgen, dass Ende November die entsprechenden Mittel im Bundeshaushalt eingestellt sind. Diese Mittel sollten nicht erst nachträglich durch irgendwelche Sonderzuweisungen oder Nachtragshaushalte bereitgestellt werden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Des Weiteren haben wir die Verantwortung, die internationalen Hilfsorganisationen bei ihren Bemühungen zu unterstützen, dass die Grundprinzipien der humanitären Hilfe, also die Unabhängigkeit, die Unparteilichkeit, die Neutralität und die Menschlichkeit, eingehalten werden, auch und gerade in einer Situation, in der so viele Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen sind; denn in dem Augenblick, wo humanitäre Hilfe in einer Konfliktregion, in einem Bürgerkrieg oder in einem Krieg mit ausländischer Beteiligung Teil eines Machtspiels wird, sind nicht nur die Helfer gefährdet, wie die Berichte aus Ost-Aleppo zeigen, sondern auch die Zugänge, die bei Einhaltung der humanitären Prinzipien offen sind.

Ich war neulich mit einigen Kollegen in Genf. Einerseits haben wir dort gehört, dass Deutschland als Unterstützer dieser humanitären Prinzipien sehr geschätzt wird. Andererseits sind wir dringend gebeten worden, bei allem, was wir hier in Deutschland diskutieren und vorschlagen, an diesen humanitären Prinzipien festzuhalten.

Das Gleiche gilt für das, was diplomatisch passiert. Es ist nicht entscheidend, ob Deutschland in Lausanne mit am Tisch sitzt, es ist entscheidend, dass diejenigen mit am Tisch sitzen, die im Augenblick massiv gewaltfördernd und konflikteskalierend von außen auf Syrien und den Irak einwirken. Dazu gehören Länder wie Saudi-Arabien, wie der Iran, wie die Türkei, wie Russland, wie die Regierungen von Irak und Syrien selber, aber eben auch diejenigen, die im Augenblick im Kampf gegen ISIS als ausländische Koalition der Willigen aktiv sind. Das ist wichtig, damit dort nicht die Konflikte, die so eng miteinander verzahnt sind, weiter eskalieren und damit es nicht noch mehr Tote gibt. Es müssen vielmehr zunächst ein Waffenstillstands- und dann ein Friedensprozess in Gang kommen.

Frank-Walter Steinmeier hat nicht eine mit Gewalt durchzusetzende Flugverbotszone in die Diskussion gebracht – das will ich als Letztes noch sagen –, sondern er hat vorgeschlagen, dass man über freiwillige Flugverbotszonen, also No-Fly Areas, erreicht,

(Dr. Johann Wadephul [CDU/CSU]: Wer hat es denn abgelehnt?)

dass in bestimmten Bereichen nicht mehr gebombt werden kann. Das ist einer von vielen Vorschlägen, einer von vielen kleinen Schritten, die zur Deeskalation des Konflikts gebraucht werden können, und das ist auch gut so.

Danke.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Als nächster Redner hat Wolfgang Gehrcke von der Fraktion Die Linke das Wort.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7018978
Wahlperiode 18
Sitzung 195
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zur Lage in Syrien und im Irak
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