19.10.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 195 / Zusatzpunkt 1

Henning OtteCDU/CSU - Aktuelle Stunde zur Lage in Syrien und im Irak

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Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Herr Gehrcke, es war schon offenkundig, wie bewusst Sie eben Bewegungen missverstehen wollten, um dort zu einem Frieden zu kommen. Die Selbstkritik an dem Klein-Klein, die Sie anfangs hatten, sollten Sie bitte auch einmal in Ihrer Fraktion üben. Ich sage Ihnen: Sie verkennen völlig, dass der IS eine Bedrohung für den Weltfrieden ist, dass sich diese Bedrohung in Syrien und im Norden Iraks konzentriert, dass diese Bedrohung Einfluss hat auf Europa. Die Anschläge in Paris und Brüssel zeigen dies. Wir wollen uns einer islamistischen Regierung entgegenstellen, die Botschafter als Selbstmordattentäter entsendet. Dass Menschen im Auftrag einer islamistischen Regierung beunruhigt und getötet werden, dagegen stellen wir uns als Teil der Verantwortungsgemeinschaft.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir stellen uns dem aus humanitären Gründen entgegen: weil wir das Leid von Menschen verhindern wollen. Wir stellen uns dem aus rechtlichen Gründen entgegen: weil das Völkerrecht für uns Maß und Mitte ist. Wir stellen uns dem auch entgegen, weil wir hier in Deutschland sehen, dass es einen enormen Flüchtlingsdruck aus dieser Region gibt, und weil wir wollen, dass die Menschen vor Ort wieder eine Perspektive haben. Deswegen helfen wir in Syrien als Teil der Verantwortungsgemeinschaft mit 64 anderen Nationen, indem wir Begleitschutz geben, Tankflugzeuge stellen, Aufklärungsflüge tätigen, und auch, indem wir morgen in erster Lesung einem AWACS-Einsatz dort zustimmen.

Wir helfen auch im Norden Iraks, um dem Peschmerga Ausrüstungs- und Ausbildungshilfe zu geben: im Kampf, zur Minenräumung, in der Sanität. Deswegen sage ich auch dem Kollegen Nouripour: Wir dürfen nicht nur die Bedenken sehen, sondern wir müssen auch die Chancen sehen. Vor allem müssen wir den Menschen vor Ort sagen: Für uns stehen nicht unsere Bedenken im Mittelpunkt, sondern euer Recht auf Leben, euer Recht auf Heimat. Deswegen haben wir den Kämpfern des Peschmerga, den Jesiden, aber auch der irakischen Armee dort geholfen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist Ihr Verständnis von Endverbleibskontrolle! Doch Bedenken? Was denn nun?)

Ich gebe zu bedenken, dass viele Frauen und viele Mädchen noch in der Hand des IS sind. Es ist genau richtig, wenn Volker Kauder sagt, dass, wenn Mosul freigekämpft ist, wir eine Befreiung haben, eine Befriedung haben und dies politische Lösungen befördert. Das muss unser gemeinsames Ziel sein.

Als wäre die Situation in Syrien nicht schon schlimm genug: Es gibt dort das Assad-Regime, das bekanntermaßen gegen die Opposition, gegen die Zivilbevölkerung Giftgas und Fassbomben einsetzt. Aleppo, das ist ein trauriges Bild, das wir täglich sehen. Das treibt uns alle um. Kriegsverbrechen werden dort durchgeführt. Ich sage: Alle handelnden verantwortlichen Personen müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Die Völkergemeinschaft darf nicht zulassen, dass so etwas ungeahndet bleibt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Für mich ist es allerdings auch mehr als irritierend, dass dies alles unter Duldung, unter Aufsicht und unter Zutun auch der Kremlregierung in Moskau vollzogen wird, immer unter dem Deckmantel offensichtlich einer strategischen Machtpolitik. Der Tod und das Leid von Tausenden von Menschen werden billigend in Kauf genommen. Russland hat eine Schlüsselposition. Es beherrscht dort Teile des Luftraums. Es verweigert sich einer Flugverbotszone. Als ständiges Mitglied im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen bricht dieses Land augenscheinlich Völkerrecht. Das ist auf der Krim deutlich geworden. Das ist das aktuelle Bild. Deswegen ist diese Aktuelle Stunde auch genau richtig, in dieser Stunde, wo der russische Präsident hier in Berlin erwartet wird – zu einem Dialog. Wir sind unserer Bundeskanzlerin Angela Merkel dankbar, dass sie immer wieder diesen Dialog anschiebt, immer wieder diesen Impuls setzt. Aber ich sage auch: Dialog muss dann von Sanktionen begleitet werden, wenn wir noch nicht zum Ziel kommen. Dialog und Stärke, das sind die beiden Säulen für Stabilität und Sicherheit, die wir haben.

Russland ist auf dem Weg in eine Isolation. Wir fordern auch, dass Russland unter Präsident Putin wieder in die Völkergemeinschaft, an den Verhandlungstisch zurückkommt. Ansonsten: Ob Russland ein ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat sein kann, wenn man offensichtlich Völkerrecht bricht und nicht alles dafür tut, Menschen Leid zu ersparen, diese Frage sollte man sich dann auch stellen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Als nächste Rednerin hat Claudia Roth für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7018982
Wahlperiode 18
Sitzung 195
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zur Lage in Syrien und im Irak
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