Florian Pronold - Bezahlbares Wohnen
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Es ist Aufgabe der Opposition, das Haar in der Suppe zu suchen. Aber wenn man kein Haar findet, gleich eine ganze Perücke hineinzuwerfen, wie man das heute in der Debatte macht, übersteigt schon das Erträgliche.
(Widerspruch bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Nehmen wir doch einmal die Fakten, von denen hier viele reden, zur Kenntnis. Wir haben heute die aktuellen Baugenehmigungszahlen bekommen. Im ersten Halbjahr ist in Sachen Neubau so viel passiert wie seit 2002 nicht mehr.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Wir haben eine Steigerung um 25 Prozent auf dem Wohnungsmarkt.
Der zweite Punkt: Wer spricht denn über die Maklerregelung, die wir durchgesetzt haben? Eine halbe Milliarde Euro ersparen wir Mietsuchenden jedes Jahr. Wir verhindern, dass sie ausgebeutet und über den Tisch gezogen werden. Diese Regelung wirkt.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Das ist völlig irrelevant aus Sicht der Opposition. Wir haben zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland mit der Mietpreisbremse eine gesetzliche Regelung in einem Bereich geschaffen, in dem es bisher überhaupt keine gab, nämlich bei der Wiedervermietung. Wir haben jetzt die erste Klage, die erfolgreich war. Die wird auch Wirkung zeigen.
Es hat nie jemand behauptet, dass eine Mietpreisbremse es schafft, die Mieten zu reduzieren.
(Zurufe von der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Eine Mietpreisbremse bremst die Entwicklung ab.
(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das tut sie nicht!)
Wir haben immer gesagt: Ohne dass wir zusätzliche Anstrengungen beim Bauen unternehmen, wird es keinen bezahlbaren Wohnraum geben.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Man kann natürlich kurzfristig die eine oder andere Umfrage machen. Die kann man auf der Basis der Daten von Internetportalen machen – eine sehr seriöse Geschichte. Ich bin dafür, dass man das wirklich seriös macht. Dann wird man sehen, dass die Mietpreisbremse ihre Wirkung entfaltet.
(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sagen schon die ganze Zeit, dass sie sie nicht hat!)
Wir sehen aber auch, dass es bestimmte Bereiche gibt, bei denen man noch nachbessern muss. Der Bundesjustizminister hat auch angekündigt, dass wir das so schnell wie irgend möglich machen werden.
(Beifall bei der SPD – Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, angekündigt! Das ist das, was Sie am besten können! Ankündigen, ankündigen, ankündigen!)
Dagegen spricht doch nichts. Deswegen macht man doch das Instrument nicht madig, sondern man schaut, was man noch verbessern kann.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, darf ich Sie in Ihrer Dynamik einmal ganz kurz unterbrechen? Die Kollegin Lisa Paus würde Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen.
Na gerne.
Bitte schön.
Herr Pronold, Sie haben ja gerade gesagt, dass die Mietpreisbremse wirkt. Insofern würde man normalerweise nicht unbedingt annehmen, dass die Preise sinken. Man würde aber annehmen, dass sie nicht mehr so stark steigen, wie sie es vorher getan haben. Das würde ich klassischerweise unter einer wirksamen Mietpreisbremse verstehen. Alle Menschen in diesem Land haben das, glaube ich, so verstanden.
Wissen Sie, dass es eine Studie zum Beispiel für das Land Berlin gibt – von Ihrem Haus gibt es, glaube ich, noch keine entsprechende Studie –, in der genau dem nachgegangen worden ist? Da wurde darauf untersucht, inwieweit die Mietpreisbremse tatsächlich zu einem weniger großen Anstieg der Mieten geführt hat. Sie kam zu dem Resultat, dass leider das Gegenteil der Fall ist, dass die Mietpreise im Land Berlin weiter – und zwar stärker – angestiegen sind. Wie würden Sie diesen Befund jetzt vor dem Hintergrund erläutern, dass Sie gesagt haben, dass die Mietpreisbremse wirkt?
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich glaube, wenn Sie zugehört hätten,
(Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Habe ich!)
dann wüssten Sie, dass ich bereits zum Beispiel auf diese eine Studie eingegangen bin. Ich bin darauf eingegangen, auf welcher Datenbasis sie erstellt worden ist. Man sollte sehr vorsichtig sein, bei unsicherer Datenbasis nach relativ kurzer Zeit eine abschließende Bewertung vorzunehmen.
(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die ganzen Ausnahmen! Das muss Ihnen doch zu denken geben, Herr Pronold! Sie wissen doch, dass sie nicht wirken kann!)
Vorher habe ich auch noch einmal deutlich gemacht, dass wir eine enorm gute Regelung für einen Bereich getroffen haben, wo es vorher noch überhaupt keine gab. Es gab keine Regelung für die Frage der Wiedervermietung. Das war der erste große Schritt.
Es ist doch kein Wunder, dass bei angespannten Wohnungsmärkten – dasselbe erleben wir übrigens auch in anderen Bereichen, etwa bei der Ausbildung, wo Menschen dringend auf etwas angewiesen sind – viele die Rechte, die sie haben, gar nicht wahrnehmen, weil sie froh sind, dass sie endlich etwas gefunden haben. Deswegen reicht es eben nicht, nur auf der rechtlichen Ebene etwas zu machen, sondern wir müssen auch das Marktversagen auf dem Wohnungsmarkt beenden. Und das bedeutet, dass es auch in ordentlichem Ausmaß Neubau und vor allen Dingen bezahlbaren Wohnraum geben muss.
Damit bin ich beim nächsten Thema. Ich habe manchmal ein gutes Gedächtnis, was Oppositionsanträge und die darin enthaltenen Forderungen angeht. Ich erinnere mich, welche Forderungen es vor wenigen Jahren in Bezug auf die Steigerung bei der sozialen Wohnraumförderung gab. Heute betreibt diese Bundesregierung bzw. die Große Koalition eine soziale Wohnraumförderung – das schlägt sich auch im Haushalt nieder –, die die meisten Oppositionsanträge von vor wenigen Jahren übertrifft. Und jetzt heißt es nach dem üblichen Motto: Das reicht nicht.
Meine Bitte ist jetzt – ich werde gleich zur Bauministerkonferenz unterwegs sein –, dass alle, die sagen, dass es nicht reicht, dort, wo sie in den Ländern Verantwortung tragen, dafür Sorge tragen, dass das Geld auch wirklich entsprechend ausgegeben wird. Denn die Berichte, die wir aus den Ländern bekommen – darin geht es darum, was mit dem Dreifachen des Geldes jetzt passiert –, bringen mich schon zum Nachdenken darüber, ob es richtig ist, dass wir das machen. Ich weiß jetzt schon, dass Länder sagen: Da kommt das Dreifache vom Bund; also geben wir weniger dazu. Warum sollen wir da etwas machen? – Andere geben überhaupt keine vernünftigen Berichte ab.
Ich finde, das Thema Wohnungsnot ist viel zu ernst, als dass man es so abhandeln kann. Wir haben hier die Gelder von 500 Millionen Euro auf 1,5 Milliarden Euro verdreifacht. Das ist eine Riesenleistung, und das ist ein Beitrag zu bezahlbarem Wohnen.
(Beifall bei der SPD)
Frau Göring-Eckardt, Sie haben heute, glaube ich, das erste Mal zur Wohnungspolitik geredet.
(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, Herr Pronold, nicht zum ersten Mal!)
Man muss auch wissen, dass es eine Föderalismusreform gab, nach der seit 2008 die Alleinverantwortung für die soziale Wohnraumförderung bei den Ländern angesiedelt ist.
(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Sie haben angekündigt, dass Sie jetzt investieren wollen!)
Und der Bund übernimmt jetzt eine Übergangsfinanzierung.
Ich sage Ihnen: Wichtig ist, dass wir jetzt in der aktuellen Situation die Gelder verdreifacht haben, und zwar eben auch, um Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen. Wir haben vorhin eine Debatte zum Thema Integration gehabt. Für die SPD ist es wichtig, dass wir die Menschen auf dem sozialen Wohnungsmarkt nicht gegeneinander ausspielen. Deswegen haben wir gesagt: Wir brauchen keinen Flüchtlingswohnungsneubau, sondern wir brauchen bezahlbaren Wohnraum für alle. Es darf nicht sein, dass die alleinerziehende Mutter gegen die syrische Familie ausgespielt wird.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Dafür tragen wir mit diesem Geld Sorge; aber die Länder müssen dort auch entsprechend mitziehen. Es gibt kaum einen Bereich, wo die Große Koalition so erfolgreich agiert hat wie im Wohnungsbau.
Meine Redezeit ist heute etwas kurz. Ich würde gerne noch etwas zur Frage der Städtebauförderung sagen, dazu, was wir dort machen, um zu verhindern, dass wie in anderen europäischen Ländern Ghettos entstehen, was wir insgesamt in vielen anderen Bereichen gemacht haben. Dem ging übrigens auch ein Beschluss des Haushaltsausschusses voraus, bei Bundesgrundstücken nicht mehr das Höchstpreisverfahren anzuwenden. Auch da ist noch zu wenig passiert; das stimmt. Wir haben lange gekämpft. Jetzt haben wir da aber den ersten Schritt getan.
Schauen Sie sich auch einmal – bei all dem, was man an der BImA kritisieren kann – an, was wir für die Flüchtlingsunterbringung in diesem Bereich gemacht haben. Da haben wir vielen Kommunen und Ländern wirklich geholfen – auch weil der Bund mit gutem Beispiel voranging. Und wenn es eine erfolgreiche Politik gibt, dann ist es die beim sozialen Wohnungsbau, bei der Wohnungspolitik des Bundes. Sie können da noch so viele Haare in der Suppe suchen, Sie werden keine finden.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Nächster Redner ist der Kollege Kai Wegner von der CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7019350 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 196 |
Tagesordnungspunkt | Bezahlbares Wohnen |