20.10.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 196 / Tagesordnungspunkt 4

Bernhard DaldrupSPD - Bezahlbares Wohnen

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Meiste ist gesagt worden, nur nicht von jedem, könnte man jetzt sagen. Deswegen erlauben Sie mir, dass ich jetzt keine Bilanz vortrage, sondern mich auf das beziehe, was Florian Pronold, Michael Groß und andere bereits vorgetragen haben. Ich glaube, dass in der Bilanz für Investoren, Mieter, Länder und übrigens auch für Kommunen im Bereich des Wohnungsbaus durchaus etwas getan worden ist.

Lassen Sie mich zwei andere Aspekte ansprechen.

Städte sind steingewordene Gesellschaftspolitik. Aus ihren Grundrissen, aus ihren Strukturen kann man Wertordnungen ablesen.

Vielleicht hat Frau Göring-Eckardt so etwas Ähnliches gemeint, als sie ganz zu Anfang über Zentrum und Peripherie gesprochen hat. Das Zitat stammt von einem großen Oberbürgermeister und Städtebauminister, nämlich Hans-Jochen Vogel. Er wollte damit zum Ausdruck bringen, dass die Wohnungsbaupolitik nicht eine Frage des Geldes allein ist, sondern dass Wohnungsbaupolitik immer auch Teil einer integrierten Stadtentwicklungspolitik und einer regional abgestimmten Raumordnungs- und Regionalplanung sein muss. Das heißt mit anderen Worten, dass beispielsweise auch das Verhältnis von Suborganisierung und Quartiersentwicklung, dezentraler Konzentration und Revitalisierung von Innenstädten dazugehört.

Detlev Pilger hat dankenswerterweise darauf hingewiesen, was im Rahmen des Programms „Soziale Stadt“ und der Städtebauförderung getan worden ist, dass es dabei auch um kleinere und mittlere Städte geht und dass es nicht nur ein Problem von Ballungsräumen und Unistädten ist, über das wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt reden. Wer also, bei allem Druck, den es in manchen Städten gibt, Wohnungen zu bauen, nicht auch gleichzeitig auf die Stabilisierung stagnierender oder schrumpfender Teilregionen achtet, verschärft gesellschaftliche Segregation durch Abwanderung. Darüber muss man sich im Klaren sein.

(Beifall bei der SPD)

Ein zweiter Aspekt, den ich ansprechen will, bezieht sich auf die Finanzen. Wir haben heute Morgen schon darüber gesprochen: Finanzielle Stabilität gehört auch zu Stadtentwicklungspolitik und zu kommunaler Wohnungsbaupolitik. Wir haben zum gegenwärtigen Zeitpunkt einen ziemlich spannenden Aspekt, der nicht ganz ungefährlich ist, weil er eine sehr wichtige Einnahmequelle der Städte darstellt, nämlich die Grundsteuer. Das ist die dritthöchste Einnahmequelle der Kommunen in der Bundesrepublik Deutschland; denn die Einnahmen daraus betragen ungefähr 13 Milliarden Euro. Es ist wichtig, dass diese Einnahmequelle für die Kommunen erhalten bleibt.

Aber die Grundsteuer ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt aller Voraussicht nach verfassungswidrig. Sie ist es deswegen, weil extrem unterschiedliche Einheitswerte zugrunde gelegt werden. Dieses Extrem kann man in Berlin gut deutlich machen. Hier – in anderen Teilen des Landes auch – haben wir Einheitswerte auf der Basis von 1964 im Westen und von 1935 im Osten. Das führt dazu, dass für ein 1 500 Quadratmeter großes Grundstück eine Grundsteuer in Höhe von 8 300 Euro im Westen und von 4 800 Euro im Osten gezahlt werden muss. Das ist ein eindeutiger und klarer Verstoß gegen das Gleichheitsgebot des Grundgesetzes. Das muss geklärt werden.

Mieter in neuen Gebäuden zahlen deutlich mehr als Eigentümer von Jugendstilvillen – so kann man das auch thematisieren. Deswegen ist die Modernisierung der Grundsteuer eine wirklich wichtige Frage gerechter Politik – gerechter Kommunalpolitik und übrigens auch gerechter Wohnungsbaupolitik. Deswegen hoffe ich sehr, dass Sie das unterstützen.

(Beifall bei der SPD)

Sie alle haben die Gelegenheit, an einem fundamentalen Reformprojekt teilzunehmen. Nach ungefähr 30 Jahren sind die Länder zielgerichtet dabei, sich auf einen Gesetzentwurf zu verständigen. Alle machen mit, aber Bayern natürlich nicht. Deswegen müssen wir uns darum kümmern, dass diese Reform auf den Weg gebracht wird, bevor die jetzige Regelung vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt wird und damit eine wichtige Einnahmequelle der Kommunen entfällt.

Darum lautet meine Bitte: Wenn Sie etwas für inte­grierte Stadtentwicklung und für Wohnungsbaupolitik jenseits der Frage, woher man eigentlich zusätzliches Geld bekommt, tun wollen, dann helfen Sie mit, dass diese Reform der Grundsteuer zielgerichtet durchgeführt wird. Das hilft den Menschen in den Städten und Gemeinden sowie den Kommunen.

Herzlichen Dank.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7019533
Wahlperiode 18
Sitzung 196
Tagesordnungspunkt Bezahlbares Wohnen
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