Iris RipsamCDU/CSU - Verbesserung des Schutzes gegen Nachstellungen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe kennt keine Grenzen – das klingt romantisch. Wenn aber aus Liebe grenzenlose Belästigung wird, dann, meine Damen und Herren, hat das mit Liebe nichts mehr zu tun. Bei dem strafrechtlich relevanten Nachstellen, dem sogenannten Stalking, sind Täter und Opfer sehr häufig, aber nicht ausschließlich ehemalige Beziehungspartner. Nach einer Studie des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit in Mannheim werden fast 12 Prozent aller Menschen in Deutschland im Laufe ihres Lebens mindestens einmal gestalkt. Wir sprechen hier also nicht von einer verschwindend geringen Minderheit.
Meine Damen und Herren, wenn von der Liebe nichts mehr bleibt als Angst, dann müssen wir den Opfern zur Seite stehen.
(Beifall des Abg. Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU])
Das bedeutet aber auch, dass wir die Opfer von Nachstellungen ausreichend schützen müssen, also mit den Mitteln des Strafrechts. Seit neun Jahren ist Stalking ein Straftatbestand. Dennoch kommt es auffallend selten zu einer Verurteilung. Was sind die Gründe dafür?
Das Nachstellen ist nach geltender Rechtslage ein Erfolgsdelikt. Dies bedeutet, dass Stalking erst dann strafbar ist, wenn das Opfer dem Druck des Täters nachgibt und beispielsweise aus Furcht vor diesem den Wohnort oder den Arbeitgeber wechselt; erst dann kann es zu einer Verurteilung kommen. Dabei muss dem Täter nicht nur eine Belästigung über einen längeren Zeitraum nachgewiesen werden. Vielmehr muss auch bewiesen werden, dass die Nachstellung zu schwerwiegenden Beeinträchtigungen der Lebensumstände geführt hat.
In einem jüngst bekannt gewordenen Fall hatte eine Münchnerin den Täter mehrfach angezeigt und war aus Furcht mehrmals umgezogen. Dennoch wurde sie zwei Tage vor Prozessbeginn von besagtem Täter mit einem 25 Zentimeter langen Messer erstochen. Meine Damen und Herren, dieser Fall ist nicht nur einer von vielen, in denen jede Hilfe für die Opfer zu spät kommt. Der Fall weist gravierende Lücken des geltenden Straftatbestandes des § 238 des Strafgesetzbuches beim Opferschutz auf. Das Opfer hat alles getan, um den Nachstellungen des Täters zu entkommen. Mehr konnte es nicht tun. Dennoch wurde es vom Täter erstochen. Der Opferschutz war somit zu Recht ein großes Thema der Union und des Koalitionsvertrages, dessen Auftrag wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf umsetzen.
Beim Stalking stehen vielen Strafanzeigen auffällig wenige Verurteilungen gegenüber. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist alles andere als ein Aushängeschild für unseren Rechtsstaat. Daher war und ist es ein großes Anliegen der Union, die strafrechtlichen Hürden für eine Verurteilung zu senken.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die vorgesehene Änderung der Rechtslage ist im Interesse der Opfer notwendig. Künftig soll nicht mehr das Opfer seine Lebensumstände ändern müssen, sondern der Täter. Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, eine Bestrafung muss möglich sein, ohne dass das Opfer sich selbst helfen muss, beispielsweise durch einen Umzug. Die gegenwärtige Regelung benachteiligt vor allen Dingen Opfer, die sich etwa einen Umzug aus finanziellen Gründen nicht leisten können. Häufig betrifft dies alleinerziehende Mütter. Für die Strafbarkeit muss es daher ausreichen, dass aus einem verfolgenden und belästigenden Nachstellen eine Gefahr für das Opfer resultiert; denn nur dann besteht noch die Möglichkeit, Schlimmeres zu verhindern.
Meine Damen und Herren, ich begrüße auch ausdrücklich die weitere in diesem Gesetzentwurf vorgesehene Änderung, mit der der Straftatbestand der Nachstellung aus dem Katalog der Privatklagen gestrichen wird. Wir reduzieren damit die Belastung der Opfer, die bisher selbst ein Verfahren anstrengen mussten, wenn die Staatsanwaltschaft das Verfahren eingestellt und auf den Privatklageweg verwiesen hat. Dies war im Einzelfall mit erheblichen finanziellen Aufwendungen verbunden – ein aus Sicht der Opfer unhaltbarer Zustand.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der vorliegende Gesetzentwurf ist ein großer Schritt in Richtung Opferschutz. Und ich füge hinzu: Im Interesse der Opfer müssen wir schnell handeln. – Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu dem vorliegenden Gesetzentwurf.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7019555 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 196 |
Tagesordnungspunkt | Verbesserung des Schutzes gegen Nachstellungen |