20.10.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 196 / Zusatzpunkt 5

Bernd WestphalSPD - Aktuelle Stunde Auflagen des Bundesverfassungsgerichts zu CETA

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin froh, dass wir heute im Bundestag noch einmal Gelegenheit haben, über CETA, das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada, zu diskutieren. Über Freihandelsabkommen ist in den letzten drei Jahren im Hohen Haus, in den Ausschüssen und den Fraktionen intensiv diskutiert worden. Ich sehe das keineswegs als Problem, sondern als Zeichen einer lebendigen, diskussionsfreudigen Demokratie. Wir kommen damit übrigens der Integrationsverpflichtung gegenüber dem Parlament nach. Diese müssen wir auch in dieser Frage erfüllen.

Es ist nun einmal Fakt, dass in der Öffentlichkeit über Freihandelsabkommen aufmerksamer und kritischer diskutiert wird. Aber warum ist das so? Weil es nicht nur um den Abbau von Zöllen geht, sondern weil wir mit Freihandelsabkommen auch ein Instrument haben, mit dem wir im sozialen Bereich, beim Verbraucherschutz, beim Umweltschutz und auch beim Investitionsschutz andere Standards etablieren können. Wir wollen dieses Instrument nutzen, um den globalen Handel zu gestalten.

Die gesellschaftlichen Initiativen und Gruppen stellen berechtigte Fragen. Sie sollten bei ihren Entscheidungsprozessen ernst genommen werden. Wenn ich die verschiedenen Parteien und Fraktionen miteinander vergleiche, um herauszufinden, wer sich mit den entsprechenden Inhalten und kritischen Fragen am intensivsten auseinandergesetzt hat, dann stelle ich fest, dass das die SPD ist. Sie hat als Partei und Fraktion darüber interfraktionell, aber auch mit verschiedenen Akteuren sehr ausführlich gesprochen. Einen so intensiven Dialog hat keine andere Partei geführt.

(Beifall bei der SPD – Lachen bei Abgeordneten der LINKEN – Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben aber nichts erreicht!)

Der Deutsche Bundestag hat im letzten Monat eine Stellungnahme zum CETA-Abkommen abgegeben. Damit ist eine konstruktive Mitarbeit an diesem Abkommen von der Koalition geleistet worden. Das kann sich sehen lassen.

(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die ist wirkungslos geblieben!)

Seit Montag liegt der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vor. Die Anrufung des höchsten deutschen Gerichts vor einer Ratsbefassung zur vorläufigen Anwendung eines Handelsabkommens ist ungewöhnlich, aber legitim. Wenn Bürger Ängste und Sorgen haben, dann ist es möglich, dass Bürgerinitiativen eine Verfassungsbeschwerde erheben. So hat es auch die Linkspartei gemacht.

Das Bundesverfassungsgericht hat sich letzte Woche sehr ausführlich sowohl mit den verschiedenen Aspekten der demokratischen Rückbindung der CETA-Ausschüsse als auch mit der vorläufigen Anwendung, aber auch mit der Aufkündigung des Abkommens beschäftigt. Klar ist auch, dass alle Anträge – das muss man einmal, glaube ich, wahrnehmen; auch Kollege Ernst war dabei – vom Bundesverfassungsgericht abgelehnt worden sind.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das ist etwas, was man doch nicht einfach so wegwischen kann. Sie haben vor dem Bundesverfassungsgericht eben kein Recht bekommen.

(Zuruf des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE LINKE])

Ich will hier ausdrücklich unseren Bundeswirtschaftsminister loben, der es nicht nur national, in der Bundesregierung, sondern auch mit den anderen Mitgliedstaaten in Europa und mit der Europäischen Kommission hinbekommen hat, diese Auflagen für den Vertrag rechtskonform zu erfüllen und durchzusetzen. Das ist eine Leistung in dieser kurzen Zeit, die beachtlich ist. Herzlichen Dank dafür.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Es ist doch gar nichts passiert!)

Die Verfahren mögen in den letzten Tagen und Wochen manchmal mühsam gewesen sein, aber am Ende hat es sich doch gelohnt. Die Bürger Deutschlands und Europas haben durch diese zusätzlichen Erklärungen und Beschlüsse auf jeden Fall mehr Transparenz und die Möglichkeit, die Auswirkungen dieser Bedingungen zu erfahren.

Damit hat die Bundesregierung, die in Europa treibende Kraft war, diese Dinge mit nach vorne gebracht. Ich kann Ihnen ganz ehrlich sagen, dass wir mit diesen Vorbereitungen den Weg frei gemacht haben, damit unser Minister im Ministerrat diese Zustimmung hätte geben können. Nun ist ein kleiner Bereich in Europa anderer Meinung. Ich denke, dass wir morgen im Rat sicherlich die Chance haben, dieses wichtige Abkommen noch zu entscheiden.

Was hätte es für handelsrechtliche und politische Folgen, wenn Deutschland es nicht schaffen würde, einen Beitrag dazu zu leisten, dass die europäischen Mitgliedstaaten dieses Abkommen ratifizieren? Das würde, was die Glaubwürdigkeit, die Handelspartnerschaft und was zukünftige Abkommen angeht, sicherlich einen politischen Schaden hinterlassen. Die Frage ist doch: Mit welchen Ländern wollen wir denn noch Abkommen schließen, wenn wir es mit Kanada nicht hinbekommen? Deshalb ist es wichtig, dass dieses Abkommen nächste Woche auf dem Europa-Kanada-Gipfel zur Unterzeichnung vorliegt.

Bis zur Unterzeichnung in der nächsten Woche sollten nun noch abschließende Gespräche geführt und weitere Begleittexte erarbeitet werden. Ich bin hoffnungsvoll, dass es in der nächsten Woche gelingen wird, entsprechende Rahmenbedingungen für die Unterzeichnung zu schaffen. Wir als Sozialdemokraten haben den politischen Anspruch, den globalen Handel nicht nur frei, sondern auch fair zu gestalten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank, Bernd Westphal. – Nächster in der Debatte: Dr. Matthias Heider für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7019574
Wahlperiode 18
Sitzung 196
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde Auflagen des Bundesverfassungsgerichts zu CETA
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