Matthias HeiderCDU/CSU - Aktuelle Stunde Auflagen des Bundesverfassungsgerichts zu CETA
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Linken, Sie könnten jetzt eigentlich ganz entspannt mit dem Thema umgehen, da Ihre Anträge vollumfänglich vom Bundesverfassungsgericht abgewiesen worden sind. Aber wir sprechen wieder einmal über das Thema heute. Sicherlich ist es angezeigt, dass man immer wieder auf die Sorgen der Menschen eingeht.
Aber ich sehe, dass der Umgang bei Ihnen mit dem Thema nicht so entspannt ist; denn an Ihrem Fraktionssitzungssaal prangt ein Schild: „Ceta und mordio!“. Da mache ich mir doch schon ein bisschen Sorgen. „ Zeter und Mordio“ ist ein Ausspruch gewesen, mit dem im Mittelalter der Ankläger das Gerichtsverfahren wegen Mord, Totschlag, Raub und anderer Dinge eingeläutet hat. Wie unpassend, dass Sie sich diesen Satz ausgesucht haben, um für Ihre Kampagne Werbung zu machen.
(Zuruf von der CDU/CSU: Unanständig!)
„Ceta und mordio!“ passt an dieser Stelle überhaupt nicht. Das muss ich Ihnen sagen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Ich bin froh, dass die Bundesregierung nun dem CETA-Abkommen nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zustimmen darf und diese Zustimmung auch gestern im Kabinett beschlossen hat.
Wissen Sie eigentlich, warum das Bundesverfassungsgericht so entschieden hat? Das Gericht musste eine Abwägung treffen, ob es für Deutschland Nachteile hat, wenn die Bundesregierung nicht zustimmt. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass es für Deutschland schlechter wäre, wenn die Bundesregierung dem Abkommen nicht zustimmt. Für mich hat das wenig Überraschendes. Seit drei Jahren teilen wir Ihnen nämlich diese jetzt vom Bundesverfassungsgericht bestätigte Meinung mit: Für Deutschland ist es besser, wenn wir da mitmachen. Es ist besser, sich für Freihandel statt für Protektionismus einzusetzen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich zitiere aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts:
Ein – auch nur vorläufiges – Scheitern von CETA dürfte über eine Beeinträchtigung der Außenhandelsbeziehungen zwischen der Europäischen Union und Kanada hinaus weitreichende Auswirkungen auf die Verhandlungen und den Abschluss künftiger Außenhandelsabkommen haben. Insofern erscheint naheliegend, dass sich der Erlass einer einstweiligen Anordnung negativ auf die europäische Außenhandelspolitik und die internationale Stellung der Europäischen Union insgesamt auswirken würde.
Wollen Sie das? Wollen Sie, dass Deutschland und Europa bei den internationalen Handelsbeziehungen ins Hintertreffen geraten? Wollen Sie, dass andere Staaten auf der Welt die Standards setzen? Wollen Sie mehr Protektionismus? Ich will das nicht.
(Mark Hauptmann [CDU/CSU]: Die Linke will das!)
Protektionismus bietet keine Perspektive im internationalen Bereich. Auch für die Verbraucher und die Unternehmen bedeutet das Nachteile. Für die Arbeitnehmer in Deutschland würde ein Verzicht auf Freihandel den Verlust von Arbeitsplätzen bedeuten; denn jeder vierte Arbeitsplatz in Deutschland hängt, meine Damen und Herren, vom Export ab. Und viele Unternehmen gäbe es erst gar nicht, wenn Deutschland und die EU nicht im Rahmen einer Vielzahl von Freihandelsabkommen tätig geworden wären.
Ich komme zurück zum Urteil des Gerichts. Es gibt einige Vorgaben. Auch die sind schon zum großen Teil berücksichtigt. Laut Bundesverfassungsgericht darf die Bundesregierung einem Ratsbeschluss zustimmen, wenn diese Maßgaben angewendet werden. Das ist auch in Ordnung.
Sie haben sich über das Konstrukt der vorläufigen Anwendbarkeit insgesamt aufgeregt.
(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Nein! Das Gericht hat sich aufgeregt!)
Sie wissen aber wohl nicht, dass das Instrument der vorläufigen Anwendbarkeit sogar im Arbeitsvertrag der Europäischen Union verankert ist und es gängiger europäischer und internationaler Rechtsprechung entspricht. Auch beim Wiener Vertragsrechtsübereinkommen – da sind wir seit 1987 Mitglied, Herr Dehm – gibt es eine Regelung zur vorläufigen Anwendung von internationalen Verträgen. Dagegen haben Sie an dieser Stelle noch nie gesprochen. Das wundert uns schon ein bisschen. Die vorläufige Anwendbarkeit gibt es auch im GATT-Abkommen. Das ist 47 Jahre lang provisorisch so gehandhabt worden. Darüber hat sich auch noch nie jemand beschwert. Sie tun das jetzt.
Meine Damen und Herren, es würde ein etwas schlechtes Licht auf die Rechtsprechung werfen, wenn sie so wäre, wie Sie es dargestellt haben. Aber sie besteht so nicht. Das würden Sie feststellen, wenn Sie es genau beleuchten würden.
Ich meine, wir sollten an der Stelle jetzt einen Gang zurückschalten. Wir haben einen Richterspruch des Bundesverfassungsgerichts. Es ist überhaupt keine Richterschelte geboten. Und ein Hineindeklinieren von politischen Meinungen, die Sie gerne hätten, ist an dieser Stelle nicht mehr erforderlich. Ich sehe gute Chancen dafür, meine Damen und Herren, dass das Bundesverfassungsgericht in der Hauptsache genauso entscheiden wird wie bei der vorläufigen Entscheidung.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vielen Dank, Dr. Heider. – Nächster Redner ist Dr. Diether Dehm.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7019576 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 196 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde Auflagen des Bundesverfassungsgerichts zu CETA |