20.10.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 196 / Zusatzpunkt 5

Peter BeyerCDU/CSU - Aktuelle Stunde Auflagen des Bundesverfassungsgerichts zu CETA

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vorab: CETA ist technisch bereits vor zwei Jahren zu Ende verhandelt worden. Das kann man einmal sacken lassen.

(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Exakt! Darum sind Sie auch dafür verantwortlich in Ihrer Koalition!)

Es ist gut, dass jetzt Zusatzvereinbarungen, Zusatzerklärungen bezüglich der Bereiche Investitionsschutz, Arbeitnehmerrechte, öffentliche Dienstleistungen usw. den Vertragstext begleitend hinzugekommen sind, die klarstellende Funktion haben und gleichwohl rechtsverbindlich sind. Das ist gut so.

Gut ist aber auch, dass das Bundesverfassungsgericht ganz klar gesprochen hat. Sämtliche Eilanträge in Sachen CETA sind am 13. Oktober erfolglos geblieben. Das ist eine krachende Niederlage vor dem Bundesverfassungsgericht, unter anderem auch für die Linksfraktion, die in Prozessstandschaft dort agiert hat.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das Bundesverfassungsgericht hat damit auch ganz klar der Chance den Weg bereitet, die Globalisierung endlich mit Regeln zu bedenken bzw. entsprechende Regeln zu setzen.

Die Bedingungen, die Auflagen des Bundesverfassungsgerichts sind folgende:

Erstens. Es ist sicherzustellen, dass ein Ratsbeschluss über die vorläufige Anwendung nur Bereiche umfassen wird, die in die Zuständigkeit der EU fallen.

Zweitens. Bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in der Hauptsache sollen die EU-Mitgliedstaaten ausreichenden Einfluss auf die Beschlüsse des CETA-Ausschusses bekommen.

Drittens. Die Bundesregierung erklärt, dass sie die vorläufige Anwendung beenden kann, wenn die Ratifizierung hier bei uns in Deutschland – das mögen Gott und wir alle verhindern – scheitern sollte.

Diese Vorgaben, insbesondere die ersten beiden, sind wenig überraschend und ohnehin bereits vereinbart oder auch in Gesetzeswerken geregelt. Hinsichtlich der dritten Auflage des Bundesverfassungsgerichts in Bezug auf die Möglichkeit einer einseitigen Beendigung der vorläufigen Anwendbarkeit ist zu sagen, dass diese ohnehin erst nach Zustimmung des Europäischen Parlaments zu CETA eintreten wird. Es entspricht doch gängiger Praxis, die Zustimmung des Europäischen Parlaments erst abzuwarten, bevor politisch bedeutsame Freihandelsabkommen wie CETA vorläufig angewendet werden. Dies verschafft den Abkommen die erforderliche demokratische Legitimation auf EU-Ebene. Mit Blick auf die Linksfraktion muss man sich wirklich die Frage stellen, wie sie sich zu dem europäischen Projekt, zu Europa insgesamt stellt.

(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Das habe ich aber deutlich gesagt!)

Sprechen Sie den Kolleginnen und Kollegen im Europäischen Parlament allen Ernstes die demokratische Legitimation und auch die demokratische Kompetenz und Fähigkeit ab, Entscheidungen zu treffen? Ich hoffe, dass das nicht so ist, meine Damen und Herren.

(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Dann sprechen wir doch dem Europäischen Parlament ein Initiativrecht zu! Sie schaffen es doch nicht, dem Europäischen Parlament ein Initiativrecht zu geben!)

Die vorläufige Anwendung könnte somit – das ist meine Hoffnung und auch meine Zuversicht – in der ersten Hälfte des Jahres 2017 wirksam werden. Ich bin zuversichtlich, dass das bis Ende dieses Monats, bis zum EU-Kanada-Gipfel am 27./28. Oktober, stattfinden wird und es dann eine Unterschriftsleistung geben kann.

Was die Obstruktionshaltung im Regionalparlament der Wallonie in Belgien anbelangt, glaube ich schon, dass gute Argumente auch die Kolleginnen und Kollegen dort von CETA überzeugen werden, sodass man die Haltung, die man im Moment noch hat, aufgibt und diesem Abkommen dann nicht mehr im Wege stehen wird.

In den Erwägungsgründen des Bundesverfassungsgerichts heißt es, es sei naheliegend – naheliegend! –, dass sich ein Verbot der Unterzeichnung von CETA durch die Bundesregierung negativ auf die europäische Außenhandelspolitik und die internationale Stellung der Europäischen Union insgesamt auswirken würde. Das Bundesverfassungsgericht führt dann weiter aus, die zu erwartende Einbuße an Verlässlichkeit sowohl der Bundesrepublik Deutschland als auch der EU insgesamt könne sich dauerhaft negativ auf den Handlungs- und Entscheidungsspielraum aller europäischen Akteure bei der Gestaltung der globalen Handelsbeziehungen auswirken.

Meine Damen und Herren, wir sollten uns klarmachen, dass es längst nicht mehr um einen Streit über völkerrechtliche Abkommen zwischen zwei Staatengebilden geht, sondern es geht um die Glaubwürdigkeit der EU insgesamt. Kommt zu der Euro-Krise und zu der Migrationskrise auch noch eine veritable Handelskrise hinzu, die letztlich den Wohlstand, den wir hier in Deutschland und in anderen Teilen Europas genießen können, leichtfertig und völlig unnötig aufs Spiel setzt? Das kann nicht im Interesse der europäischen Bürgerinnen und Bürger sein, meine Damen und Herren.

Ich schließe mit einer Bemerkung der EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström, die zu Recht gesagt hat: Wenn es uns nicht gelingt, mit dem proeuropäischsten Land der Welt, mit dem wir auch in anderen Bereichen wie beim Klimaschutz oder bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise sehr eng zusammenarbeiten, ein Freihandelsabkommen abzuschließen, werden sich die anderen Staaten auf der Welt fragen, ob die EU überhaupt noch ein verlässlicher Partner für uns ist. – In so einer Welt, in so einem Europa und auch in so einem Deutschland möchte ich nicht leben und dort Abgeordneter sein. Deswegen halte ich es für unsere Aufgabe als verantwortungsbewusste Politiker, den Weg freizumachen und die Freihandelsabkommen zu unterstützen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Peter Beyer. – Nächster Redner: Dirk Wiese für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7019596
Wahlperiode 18
Sitzung 196
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde Auflagen des Bundesverfassungsgerichts zu CETA
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