20.10.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 196 / Zusatzpunkt 5

Dirk WieseSPD - Aktuelle Stunde Auflagen des Bundesverfassungsgerichts zu CETA

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach drei Jahren Debatte – wir haben hier im Plenum des Deutschen Bundestages und in den Ausschüssen sehr oft über dieses Thema diskutiert – muss man feststellen: Die SPD hat in diesem Prozess gestaltet, mitgewirkt und viel erreicht. Darauf können wir bis zum heutigen Tage stolz sein.

(Beifall bei der SPD)

Meine Kollegin Nina Scheer hat gerade deutlich gemacht: Es geht weder heute noch morgen um den Abschluss dieses Abkommens, sondern wir befinden uns in einem Prozess. Dieser Prozess dauert noch an. Wir als Deutscher Bundestag – auch daran will ich erinnern, weil ich mir nicht ganz sicher bin, dass der Kollege Pfeiffer das gelesen hat – haben eine gemeinsame Stellungnahme auf den Weg gebracht. In dieser Stellungnahme heißt es:

Der Deutsche Bundestag wird im Lichte des weiteren Prozesses im Ratifizierungsverfahren abschließend über seine Zustimmung zu CETA entscheiden.

Das passiert hier und heute noch nicht; darauf will ich hinweisen.

Ich will auch deutlich machen, dass eine Unterzeichnung am 27. Oktober dieses Jahres nicht dazu führt, dass das Abkommen vorläufig in Kraft tritt, sondern dafür bedarf es der Zustimmung des Europäischen Parlaments. Das heißt, der Prozess ist noch in vollem Gange. Daran werden wir als SPD nach wie vor aktiv mitwirken und uns einbringen.

Zum zweiten wichtigen Punkt, den ich anmerken möchte; da bin ich Frau Lanzinger dankbar, dass sie ihn angesprochen hat. Lieber Kollege Klaus Ernst, wir sind in dieser Angelegenheit ja durchaus unterschiedlicher Auffassung, und wir diskutieren auch des Öfteren darüber. Natürlich sind am Ende immer alle Gewinner; das ist in Debatten nun einmal so, und das kennt man ja. Aber man kann sich nicht hier hinstellen und das Bundesverfassungsgericht loben, wenn man eine Parteichefin hat, die am Tag der Urteilsverkündung davon gesprochen hat, hier handele es sich um „Klassenjustiz“. Das geht nicht. Das ist eine Missachtung des Bundesverfassungsgerichts, die man nicht hinnehmen kann.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Ich muss auch sagen – das gilt jetzt nicht für die Fraktion der Linkspartei, sondern für den Kollegen Diether Dehm –: Wenn man in einem Nebensatz die richterliche Unabhängigkeit der Richter des Bundesverfassungsgerichts hier infrage stellt, dann zeigt das, welch merkwürdiges Verständnis man hat.

(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Das habe ich so nicht gemacht! Ich habe nur Tatsachen erwähnt!)

Ich muss Ihnen auch deutlich sagen: Zu Teilen Ihrer Rede, die Sie hier heute gehalten haben, hätte Ihnen die FPÖ im österreichischen Parlament applaudiert.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Mark Hauptmann [CDU/CSU]: So ist es! Ganz eng beieinander!)

Ich komme zu dem nächsten Punkt, der angesprochen worden ist. Wir hören momentan viele Stimmen, die sagen, der Ratifizierungsprozess, den wir jetzt im Rahmen eines gemischten Abkommens haben, wäre nicht richtig. Möglicherweise werde die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union infrage gestellt. – Ich will deutlich sagen – denn wir werden auch zukünftig an vielen Stellen über Freihandelsabkommen sprechen; Handlungsmandate sind in anderen Bereichen schon auf den Weg gebracht worden –: Wenn juristisch ein gemischtes Abkommen vorliegt – und das ist bei CETA der Fall; der Kollege Pfeiffer hat das lange abgelehnt und wollte nicht, dass sich der Deutsche Bundestag damit beschäftigt –, dann haben wir als nationales Parlament das Recht und die Pflicht, uns mit diesem Abkommen auseinanderzusetzen und letztendlich darüber zu entscheiden, ob es in Kraft tritt.

Frau Künast, Sie haben vorhin den Zwischenruf gemacht, wenn ich es richtig gehört habe, dass Herr Minister Gabriel die Bedeutung eines Regionalparlaments infrage stellen würde. So habe ich Sie vernommen. Jetzt zitiere ich mal den grünen Europaabgeordneten Sven Giegold, der getwittert hat:

[…] unerfreuliche Hürde für Europas Handlungsfähigkeit. Regionalparlamente dürfen den Rat nicht blockieren!

Wenn es zukünftig die Position der Grünen im Europaparlament ist,

(Zuruf der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

dass der Ratifizierungsprozess im Rahmen eines gemischten Abkommens infrage gestellt wird, dann kann ich nur sagen, dass der Kollege Giegold hier falschliegt. Das ist nämlich schädlich für die Demokratie, wenn man das an diesem Punkt missachtet.

(Beifall bei der SPD)

Lassen Sie mich zum Abschluss sagen: Die Vorgaben, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil gegeben hat und die uns jetzt vorliegen, sind durch die Maßnahmen, die die Bundesregierung an diesen Punkten ergriffen hat, eingehalten.

Lieber Kollege Klaus Ernst, ich räume ja gerne an einigen Punkten ein: zwei Juristen, drei Meinungen. Das sind manchmal Punkte, die man nicht lösen kann. Ich räume auch gerne ein: Man holt immer das Gutachten ein, in dem letztendlich seine Meinung vertreten wird. Aber man muss ganz deutlich sagen: Das, was das Bundesverfassungsgericht auf den Weg gebracht hat, ist durch das, was die Bundesregierung und Sigmar Gabriel jetzt vorangebracht haben, abgesichert. Da kann ich nur sagen: Die Hausaufgaben sind erledigt worden.

Frau Höhn hat das Vorsorgeprinzip angesprochen. Dazu gibt es auch zwei Juristen, drei Meinungen und eine Vielzahl von Gutachten. Aber Sie können nicht verhehlen, dass es eine Vielzahl von Stimmen gibt, die eindeutig sagen, dass das Vorsorgeprinzip in CETA abgesichert ist, dass es nicht infrage gestellt wird.

(Mark Hauptmann [CDU/CSU]: So ist es!)

Es ist zwar nicht Ihre Meinung, aber Sie müssen respektieren, dass es Stimmen gibt, die eindeutig sagen, dass es abgesichert ist.

(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die gibt es immer!)

Wenn Sie hier sagen, die Grünen werden diesem Abkommen nicht zustimmen, dann bin ich gespannt, was Winfried Kretschmann macht. Aus sozialdemokratischer Sicht ist Handelspolitik insbesondere mit Blick auf die Arbeitsplätze in einer exportorientierten Wirtschaft wichtig. Dass den Grünen Arbeitsplätze nicht so wichtig sind, das hat man ja an den Ausführungen von Frau Dröge zu Kaiser’s Tengelmann gesehen.

(Beifall bei der SPD)

Uns Sozialdemokraten sind Arbeitsplätze wichtig.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Vielen Dank, Herr Wiese. – Der letzte Redner in der Aktuellen Stunde ist Mark Hauptmann für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7019597
Wahlperiode 18
Sitzung 196
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde Auflagen des Bundesverfassungsgerichts zu CETA
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