20.10.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 196 / Tagesordnungspunkt 9 + ZP 6

Kees de VriesCDU/CSU - Novelle des Gentechnikgesetzes

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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf den Tribünen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Landwirtschaft betrifft jeden Menschen auf dieser Welt. Und deshalb betrifft die Diskussion über die Grüne Gentechnik nicht nur die deutsche Landwirtschaft, uns Parlamentarier oder unsere mit qualitativ hochwertigen und preiswerten Lebensmitteln versorgte – um nicht zu sagen: verwöhnte – Bevölkerung, nein, sie betrifft auch die Hungernden oder falsch Ernährten auf unserer Erde.

Als Mitglieder des Deutschen Bundestages ist es unsere Pflicht, die Sorgen und Wünsche des deutschen Volkes ernst zu nehmen. Aber es ist auch unsere Pflicht, in Übereinstimmung mit unserer Überzeugung, resultierend aus unserem Wissen und Gewissen, darauf zu reagieren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich persönlich – und ich bin wirklich nicht der Einzige in diesem Bundestag – bin nach wie vor der Meinung, dass es nicht im Sinne eines so innovativen Landes wie dem unseren und seiner Bevölkerung ist, uns so radikal von weltweiten Entwicklungen abzukoppeln. Ich fühle mich in dieser Haltung auch bestärkt durch einen Aufruf von 107 – ich wiederhole: 107 – Nobelpreisträgern,

(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh, jetzt kommt diese Geschichte!)

die verlangt haben, dass die Kampagne gegen GVOs aufgrund der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse aufgegeben werden sollte.

(Beifall bei der CDU/CSU – Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na, dann gucken Sie mal hin, was das für welche sind! Die forschen alle in der Gentechnik!)

Trotzdem kann auch ich mit der Opt-out-Regelung leben. Um diese EU-Regelung in nationales Recht umzusetzen, liegt uns jetzt, nach der Ressortabstimmung, der Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Gentechnikgesetzes vor.

(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mit eingebauter Nichtigkeitsklausel!)

– Er liegt vor, Herr Ebner. – Das Ziel dieses Gesetzentwurfes hat Landwirtschaftsminister Christian Schmidt klar und deutlich beschrieben, nämlich das flächendeckende Anbauverbot von Grüner Gentechnik in ganz Deutschland.

(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber das können Sie damit nicht erreichen!)

Seit 2015 kann der Anbau von GVOs außer aus gesundheitlichen und ökologischen Gründen – für die meistens handfeste wissenschaftliche Beweise nicht zu liefern sind –, auch aus agrarpolitischen oder sozioökonomischen Gründen unterbunden werden. Es geht hier also nicht um die Frage: Genpflanze, ja oder nein? Es geht hier um die Verbotspraxis und um die Frage der Zuständigkeit.

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Anträge und Gesetzentwürfe, die Sie als grüne Opposition hier vorlegen, helfen in keiner Weise, tragfähige Lösungen für die Gestaltung eines Anbauverbots für gentechnisch veränderte Organismen zu formulieren.

(Beifall bei der CDU/CSU – Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ein Gesetzentwurf des Bundesrates! Der ist handwerklich top gemacht!)

Sie kommen nicht nur mit einem veralteten – er ist über ein Jahr alt –, einfach wieder aufgewärmten Gesetzentwurf, sondern auch mit zum Teil schon überholten Anträgen, die außer Schwarzmalerei und meisterhafter Vereinfachung nichts zu bieten haben. Ich frage mich: Geht es hier um die Sache oder um parteipolitisches Kalkül?

(Beifall bei der CDU/CSU – Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Bundesrat hat den Gesetzentwurf gemacht! Die Länderkammer, Kollege!)

Fest steht für mich: Diese Anträge sind einfach abzulehnen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, meines Erachtens haben die Bundesressorts mit dem vorgelegten Gesetzentwurf, der die Brüsseler Opt-out-Regelung in nationales Recht umsetzt, einen vernünftigen Kompromiss zwischen Bund und Ländern zustande gebracht. So werden Unternehmen, die eine Anbauzulassung für gentechnisch veränderte Pflanzen stellen, vom Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung dazu aufgefordert, das deutsche Bundesgebiet vom Anbau auszuschließen. Ja, dazu braucht die Regierung das Einvernehmen von sechs Ministerien, nämlich Forschung, Wirtschaft, Arbeit, Soziales, Gesundheit und Umwelt, und auch eine Mehrheit im Bundesrat. Aber solange sich die öffentliche Meinung und die korrespondierende Position der Bundesregierung und der Landesregierungen zum Thema GVO nicht ändert, kann das doch kein Problem sein.

Selbst wenn sich ein Unternehmen darüber hinwegsetzt, das Bundesgebiet vom Anbau auszunehmen, verfügt die Bundesregierung gemäß dem neuen Gesetzentwurf immer noch über ausreichend Mittel, einen Ausbau in Deutschland zu verhindern. In diesem Falle sollte die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates eine Rechtsverordnung zum bundesweiten Anbauverbot erlassen, die sich auf zwingende Gründe stützt, darunter solche, die bereits seit 2015 die Anwendung der Grünen Gentechnik erfolgreich unterbinden.

Neben den agrarpolitischen und sozioökonomischen Argumenten können sich zwingende Gründe aus umweltpolitischen Zielen oder der Gefahr von Verunreinigungen ergeben. Dabei soll sich die Begründung an den jeweiligen regionalen Bedingungen orientieren. Zusätzlich wird es den Ländern per Verordnung möglich sein, den GVO-Anbau in ihrem Hoheitsgebiet eigenständig zu verbieten. Hierdurch und durch die bestehende Haftungsregelung wird nicht nur die Rechtssicherheit der zukünftigen Verbote gestärkt, sondern dem Gentechnikgesetz auch ein föderaler Charakter zugestanden. Im Hinblick auf die Diversität der landwirtschaftlichen Ökosysteme und Arbeitsbedingungen in Deutschland ist dies von nicht zu unterschätzender Bedeutung.

Damit, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat unser vielgescholtener Minister Christian Schmidt einen Gesetzentwurf vorgelegt, den nicht einmal unsere Kollegen der Grünenfraktion guten Gewissens ablehnen können.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Kollegin Dr. Kirsten Tackmann spricht jetzt für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7019700
Wahlperiode 18
Sitzung 196
Tagesordnungspunkt Novelle des Gentechnikgesetzes
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