Heike BaehrensSPD - Medizinische Versorgung für Geflüchtete
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir zwölf Monate zurückblicken und die damalige Situation mit heute vergleichen,
(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, genauso alt ist der Antrag!)
dann dürfen wir mit Fug und Recht behaupten: Wir haben bei der Aufnahme und Versorgung von Flüchtlingen bereits viel erreicht. Die Bearbeitung der Anträge wurde beschleunigt, Psychotherapeuten ohne Kassenzulassung dürfen jetzt traumatisierte Asylbewerber behandeln, und es wurden die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen, um die Gesundheitskarte in den Ländern einführen zu können.
(Beifall bei der SPD)
Aber klar ist auch – da stimmen wir mit der Intention des grünen Antrags überein –: Die psychosoziale und psychotherapeutische Versorgung von Flüchtlingen muss weiter verbessert werden.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und der Abg. Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch mal was!)
Die Behandlung von traumatisierten Geflüchteten ist noch unzureichend. Vorhandene Dienste und Angebote sind überlaufen. Es gibt zu wenige Dolmetscher. Auch die Frage der Finanzierung dieser Leistungen ist nicht ausreichend geklärt.
(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)
Psychosoziale Zentren und Traumazentren, die sich dieser Aufgabe fachlich qualifiziert, gut vernetzt und oft mit Unterstützung von Ehrenamtlichen widmen, müssen Jahr für Jahr um ihre Finanzierung bangen.
(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau jetzt wieder!)
Das ist absolut unbefriedigend.
(Beifall bei der SPD)
Ich habe in dem Jahresbericht von Refugio Stuttgart, den ich gerade erst erhalten habe, gelesen: Dieser gemeinnützige Verein hat einen Pool aus Dolmetschern für 17 Sprachen aufgebaut und sie für den Einsatz in der Psychotherapie geschult. Solche vorhandenen Strukturen und Kompetenzen müssen politisch und finanziell gefördert werden; denn sie sind das Fundament, auf dem die psychotherapeutische und psychosoziale Versorgung von Flüchtlingen weiter verbessert werden kann.
Unsere Familienministerin Manuela Schwesig hat deswegen dieses Jahr psychosoziale Zentren mit rund 3 Millionen Euro gefördert. Darum ist es umso unverständlicher, dass der Finanzminister trotz sprudelnder Steuereinnahmen diese Förderungen jetzt wieder kürzen will. Wir als SPD werden bei den abschließenden Haushaltsverhandlungen dafür kämpfen, dass die wichtige Arbeit dieser Zentren fortgeführt werden kann.
(Beifall bei der SPD)
Darüber hinaus diskutieren wir auch die Möglichkeit, für diese Aufgabe zusätzliche Projektmittel im Haushalt des Gesundheitsministeriums bereitzustellen. Heute Morgen hat Herr Finanzminister Schäuble genau an dieser Stelle gleich zu Anfang seiner Rede gesagt: „Am Geld wird die Integration nicht scheitern.“
(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das tut sie aber derzeit!)
Da nehmen wir ihn beim Wort.
(Beifall bei der SPD – Mechthild Rawert [SPD]: Dafür kämpfen wir!)
Wir wollen eine bessere psychotherapeutische und psychosoziale Versorgung von Flüchtlingen. Aber ganz so einfach wie Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, es in Ihrem Antrag formuliert haben, ist es dann doch nicht. Sie wollen die Dolmetscherleistungen von den Krankenkassen zahlen lassen.
(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mit Erstattung durch den Steuerzahler!)
Das sehen wir kritisch; denn die Bereitstellung von Dolmetschern ist nicht per se eine Gesundheitsleistung. Sie ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, ja, eine Integrationsleistung, die von der öffentlichen Hand und damit aus Steuermitteln geleistet werden muss.
(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie müssen die Begründung lesen! Da steht es drin!)
Es wäre nicht richtig, dies allein den Beitragszahlern der gesetzlichen Krankenversicherung aufzuladen. Mit Steuermitteln können wir nicht nur Dolmetscher finanzieren, sondern auch bereits bestehende psychosoziale Netzwerke wie Refugio zielgenau stärken, fördern und auch ausbauen.
Dass es in Koalitionen, Frau Klein-Schmeink, nicht immer leicht ist, solche Ziele ganz schnell zu erreichen, das erfahren Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen, gerade selbst ganz unmittelbar in Baden-Württemberg, wo Sie mit Ihrem Koalitionspartner um die Einführung der Gesundheitskarte für Flüchtlinge ringen müssen, die Sie hier in Ihrem Antrag fordern.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei mir zu Hause in Münster gibt es die! Ganz einfach: Schwarz-Grün!)
Auf jeden Fall werden wir uns bei den laufenden Haushaltsverhandlungen für weitere Verbesserungen bei der psychotherapeutischen und psychosozialen Versorgung von Flüchtlingen einsetzen.
(Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Maria Klein-Schmeink ist ja ein gutes Beispiel für Schwarz-Grün!)
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Die Kollegin Klein-Schmeink hat nun das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7019933 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 196 |
Tagesordnungspunkt | Medizinische Versorgung für Geflüchtete |