20.10.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 196 / Tagesordnungspunkt 10

Martin RabanusSPD - Bildungschancen für benachteiligte Kinder

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Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Damen und Herren auf den Besuchertribünen! Es ist zwar schon dunkel draußen, aber es scheint ja tatsächlich noch eine Sternstunde zu werden, wenn wir auch die Zustimmung der Linken zu unseren Antrag sicher haben. Das finde ich ausgesprochen erfreulich.

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wunder geschehen! – Michaela Noll [CDU/CSU]: Das ist aber ein dickes Kompliment!)

Ich finde es auch ausgesprochen erfreulich, dass wir einen so breiten Konsens hier im Haus haben. Erfreulich finde ich aber auch, dass die kulturelle Bildung in der öffentlichen Wahrnehmung eine so breite Unterstützung hat, wie wir das, glaube ich, in früheren Jahren nicht hatten. Da hat sich einiges bewegt, wahrscheinlich auch durch das Programm „Kultur macht stark“, durch die Laufzeit, aber auch schon vorher durch viele Weichenstellungen und pädagogische Diskussionen und durch das, was die Länder gemacht haben. Die haben 2013 ihre Empfehlungen für die kulturelle Bildung in der KMK auf den neuesten Stand gebracht und dem eine stärkere Bedeutung beigemessen, als das vorher der Fall gewesen ist.

Denn klar ist ja: Kulturelle Bildung ist ein wichtiger Beitrag zur Persönlichkeitsbildung – das ist genannt worden –, aber auch ein wichtiger Beitrag zur Orientierung in der Gesellschaft, gerade vielleicht auch in den heutigen gesellschaftspolitischen Zeiten, denen wir uns gegenübersehen, in einer Gesellschaft, die ausdifferenziert ist in unterschiedlichste Milieus, in unterschiedliche kulturelle, religiöse Hintergründe. Das meine ich tatsächlich jetzt nicht nur vor dem Hintergrund einer Migrationsbewegung, die wir nicht nur in den letzten Monaten, sondern auch in den letzten zwei Jahren erlebt haben.

Es ist schon darauf eingegangen worden: Das Programm hat sich auch darauf ein Stück weit eingestellt und für junge Geflüchtete geöffnet. Das ist gut und richtig so.

Wichtig ist es aber auch vor dem Hintergrund sozioökonomischer Unterschiede in der Gesellschaft. Über dieses größte Programm, das wir in dieser Art je hatten, ermöglichen wir vielen den Zugang zu kulturellen Angeboten – und das im Rahmen eines breiten und weit gefächerten Kulturbegriffs; Frau Kollegin Lücking-Michel hat darauf schon Bezug genommen. Interkulturelle, interreligiöse Bildung, Theater, Tanz, Visuelles, bildende Kunst, Film, Musik, Literatur, Architektur, all das sind Aspekte, die dieses Programm beinhaltet, und das ist auch gut so. Dabei überhebt sich das Programm aber auch nicht, weil es fokussiert ist. Auch das ist gesagt worden. Es ist fokussiert auf die benachteiligten Kinder und Jugendlichen, ohne andere auszuschließen. Auch das ist eine Stärke dieses Programms.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich will gar nicht verhehlen, dass Anfang 2012, als die Bundesregierung damals mit dem Programm um die Ecke kam,

(Michaela Noll [CDU/CSU]: Um die Ecke?)

auch an der einen oder anderen Stelle Skepsis bestand: wegen der Zeit, wegen des Programmdesigns, aber nicht, weil man gegen kulturelle Bildung war; jedenfalls würde ich das für meine Fraktion so reklamieren.

Wir jedenfalls haben uns sehr intensiv mit der Frage des Programmdesigns und mit diesem Programm auseinandergesetzt. Der Antrag, den wir vorgelegt haben, ist natürlich nicht vom Himmel gefallen, sondern wir haben schon im letzten Jahr auch die Verbände und die beteiligten Programmpartner sehr intensiv in die Gespräche einbezogen. Wir haben uns Anfang des Jahres in der Koalition intensiver damit auseinandergesetzt. Dann kam auch das Signal der Bundesregierung. Also, es gibt an dieser Stelle noch nicht einmal zwischen dem sozialdemokratischen Teil und dem christdemokratisch geführten BMBF irgendwelche Misstrauensgründe,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Eine Harmonie am Abend!)

sondern größte Harmonie an der Stelle. Über die Ausschussbefassung im Mai sind wir jetzt zu der Beratung im Plenum gekommen. Das ist auch gut so.

Ich will kurz zusammenfassen, was dieses Programm erreicht hat: 12 700 lokale Bündnisse mit 430 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Das ist eine Größenordnung, die wir so noch nicht hatten. Das hat im Bereich der kulturellen Bildung zu einer Kooperation, einer Dynamik und einer Strukturbildung vor Ort geführt, die wir so auch noch nicht hatten. Das ist einer der wesentlichen Gründe, warum wir sagen: Wir wollen dieses Programm über 2017 hinaus fortsetzen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Ich sage auch „fortsetzen“ und nicht „ein neues Programm machen“; denn es haben sich verschiedene Strukturelemente bewährt. Das ist genannt worden; das alles muss ich nicht wiederholen. Aber das Gute wollen wir natürlich noch ein bisschen besser machen. Sicherlich gilt das für die Budgets. Wir stellen uns 50 Millionen Euro plus X im Jahr vor. Ich glaube, das ist auch fraktionsübergreifend der Fall. So muss es weitergehen.

Wir wollen auch den Administrationsaufwand reduzieren. Das ist gesagt worden. In diesem Zusammenhang wollen wir die Frage der Verwaltungspauschale aufgreifen. Das ist auch einer der Gründe, warum wir dem Antrag der Linken nicht zustimmen werden. Er legt sich fest, ohne evaluiert zu haben, was bedarfsorientiert wäre, um das an diesem einen Beispiel festzumachen.

(Dr. Rosemarie Hein [DIE LINKE]: Das waren die Wünsche der Verbände!)

Ich konstatiere, dass in anderen Zeiten der Antragsentwurf der Linken möglicherweise auch eine Basis gewesen wäre, auf den man sich hätte konsentieren können.

(Michaela Noll [CDU/CSU]: Das geht aber nicht!)

Aber da die Zeiten im Deutschen Bundestag nicht anders sind und wir in einer erfolgreichen Koalition arbeiten – jenseits der Frage, was in anderen Räumen des Bundestagskomplexes passiert –, ist die Sachlage so, dass wir diesen hervorragenden Antrag der Koalition natürlich heute abstimmen und ihm zustimmen werden. Dem Antrag der Linken, der eine Basis wäre, aber auch der Verbesserung bedürfte, können wir so nicht zustimmen.

Zurück zu dem, was wir noch besser machen wollen. Wir wollen den administrativen Aufwand reduzieren. Wir wollen den Aspekt der Inklusion noch einmal verstärken. Das ist uns als Koalition sehr wichtig. Dass man die erworbenen Kompetenzen bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern anders dokumentiert, anders sichert – Stichwort „Bildungspässe“, Stichwort „Bildungsnachweise“ –, ist nur sinnvoll und nur vernünftig.

Zusammenfassend, liebe Kolleginnen und Kollegen: Das Programm „Kultur macht stark“ ist ein hervorragendes Programm, das sich bewährt hat und das wir noch ein bisschen besser machen wollen. Es ist zwar schon ein wenig dunkel draußen; dennoch können wir heute Abend eine Sternstunde für die kulturelle Bildung in Deutschland, für benachteiligte Kinder und Jugendliche, für Inklusion und für Chancengleichheit in unserem Land erleben.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Als nächster Redner hat Özcan Mutlu für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7019954
Wahlperiode 18
Sitzung 196
Tagesordnungspunkt Bildungschancen für benachteiligte Kinder
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