Erika SteinbachCDU/CSU - Völkerstrafrechtliche Sühnung von Verbrechen
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Grausame Bilder und Berichte erreichen uns fast tagtäglich über die Bildschirme aus der umkämpften Stadt Aleppo, aber auch aus anderen Regionen. Sie schockieren jeden, der ein Herz im Leibe hat. Trotzdem fühlt man sich hilflos; das muss man hinzufügen. Vor den Augen der Welt wurde und wird wieder und wieder durch Bombardierungen der Zivilbevölkerung das Völkerstrafrecht mit Füßen getreten. An die 250 000 Menschen harren jetzt im Ostteil der Stadt Aleppo unter widrigsten Lebensbedingungen in Trümmern aus. Wir sehen die Bilder: Es sind zerstörte Häuser.
Kurzzeitig gab es die Hoffnung, den bereits lange eingeschlossenen Menschen dringend benötigte humanitäre Hilfe leisten zu können. In einer mühsam ausgehandelten Waffenruhe Mitte September sollte ein Hilfskonvoi dorthin geführt werden, um den ausgehungerten und durstenden Menschen, die von der Trinkwasserversorgung abgeschnitten waren, Hilfe zu geben. Das wäre nur eine notdürftige Versorgung gewesen. Aber der mutmaßlich russisch-syrische Luftangriff auf diesen gut gekennzeichneten Konvoi machte diese Hilfe zunichte. Das war und ist ein kaum zu fassendes Verbrechen.
Wir sehen zunehmend in verschiedenen Regionen der Welt, dass internationale Menschenrechts- und Völkerrechtsstandards permanent gebrochen werden. Es gibt Vereinbarungen, um die Zivilbevölkerung zu schützen; aber immer wieder halten sich Regierungen und Interessengruppen nicht daran. Wir sehen mit Entsetzen, dass die Leidtragende immer und immer wieder allein die Zivilbevölkerung ist, nahezu schutzlos ausgeliefert.
Wenn die vergangenen sechs Jahre des Sterbens in Syrien eines gezeigt haben, dann das, dass dieser Krieg nicht militärisch entschieden werden kann, solange er unablässig von außen befeuert wird und solange Russland dort seine Finger im Spiel hat und Waffen liefert und mit Flugzeugen engagiert ist. Wir wissen, wie die Gemengelage ist: Es ist ein fast unauflösbarer Knäuel an Problemen. Die Leidtragenden sind die Syrer, die syrische Zivilbevölkerung.
Das Assad-Regime ist willens, den Konflikt im Windschatten der Schlacht um Mosul und im politischen Vakuum vor den US-Präsidentschaftswahlen militärisch zu entscheiden. Wir müssen ja sehen: Die Vereinigten Staaten sind durch den Wahlkampf in gewisser Weise gelähmt, sodass militärische Optionen aus dieser Perspektive nicht in Betracht kommen.
Die Einrichtung einer Luftbrücke hat der Außenminister ja schon einmal angesprochen. Ich kann mich noch lebhaft daran erinnern, Herr Nouripour, welche süffisanten Bemerkungen ihm aus Ihrer Fraktion entgegengehalten worden sind. Vor dem Hintergrund habe ich mich über den Antrag der Grünen schon sehr gewundert.
(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war jetzt aber sehr kryptisch!)
Die Einrichtung einer Luftbrücke zur Versorgung der eingeschlossenen syrischen Bevölkerung bleibt eine der wenigen Möglichkeiten auch seitens der Bundesregierung, um wenigstens die dringend benötigte humanitäre Hilfe leisten zu können. Sie muss aber realisierbar und kalkulierbar sein. Ich habe als Kind in Berlin gelebt, als es während der Blockade eine Luftbrücke gab. Das ist aber nicht vergleichbar; denn da schoss niemand auf die Flugzeuge. Man darf die Realität nicht aus den Augen verlieren.
Da die Bundesregierung schon seit geraumer Zeit sich nicht nur intensiv Gedanken macht, sondern mit allen ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten tut, was machbar ist – Deutschland braucht sich wirklich nicht zu verstecken –, ist der Antrag der Grünen überflüssig.
Danke schön.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Ute Finckh-Krämer [SPD])
Vielen Dank. – Als nächster Redner hat Wolfgang Gehrcke für die Fraktion Die Linke das Wort.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7019979 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 196 |
Tagesordnungspunkt | Völkerstrafrechtliche Sühnung von Verbrechen |