20.10.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 196 / Tagesordnungspunkt 15

Christian HaaseCDU/CSU - Berlin/Bonn-Gesetz

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Und täglich grüßt das Murmeltier  – so könnte man Ihre ständigen Anträge zur Beendigung des Berlin/Bonn-Gesetzes zusammenfassen:

(Susanna Karawanskij [DIE LINKE]: Bei Ihnen auch!)

immer der gleiche Antrag, immer der gleiche Inhalt, immer die gleiche Begründung. Ihr Problem ist nur – anders als im Film –: Der Erkenntnisprozess setzt bei Ihnen nicht ein. Also will ich es heute noch einmal versuchen.

Am 20. Juni 1991 fasste der Deutsche Bundestag den Hauptstadtbeschluss zur Vollendung der deutschen Einheit. Geschäftsgrundlage für den Beschluss war der inhaltlich doppelte Charakter der Antwort auf die Hauptstadtfrage – eben kein Komplettumzug von Bonn nach Berlin. Viele Abgeordnete konnten nur so dem Beschluss zustimmen, er hätte sonst damals überhaupt keine Mehrheit gefunden.

(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Damals!)

Ich wiederhole das, liebe Kolleginnen und Kollegen, weil natürlich nicht mehr alle dabei sind, die damals diese Beschlüsse mitgefasst haben.

(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Die Wenigsten!)

So sagte auch Johann Wolfgang von Goethe einmal weise:

Man muss das Wahre immer wiederholen, weil auch der Irrtum um uns her immer wieder gepredigt wird, ...

(Susanna Karawanskij [DIE LINKE]: Deshalb stellen wir immer wieder diesen Antrag!)

Deshalb bekennen wir uns auch im Koalitionsvertrag zur Existenz zweier bundespolitischer Zentren und lassen keinen Raum für Interpretation. Darin heißt es unmissverständlich:

Wir stehen zum Bonn-Berlin-Gesetz. Bonn bleibt das zweite bundespolitische Zentrum.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

– Ja, Sie dürfen ruhig klatschen.

(Frank Tempel [DIE LINKE]: Im Protokoll steht: Einsamer Beifall!)

Sie führen in Ihrem Antrag an, dass sich Bonn als UN-Stadt doch bereits wunderbar etabliert habe. Ja, natürlich, und ich glaube, zum Glück ist das auch so.

Aber warum entwickelt sich das eigentlich so? Warum siedeln sich immer mehr internationale Institutionen in Bonn an? Weil in Bonn noch relevantes Regierungsgeschehen stattfindet und weil wir die Nähe zu Brüssel haben. Fangen wir jetzt an, dort unsere Zelte abzubrechen – was glauben Sie, wie schnell sich dieser Bedeutungsverlust weiter herumspricht, die anderen Institutionen den gleichen Weg Richtung Berlin nehmen werden und dann in Bonn nichts mehr bleibt? Deshalb gibt es ein Positionspapier aus der Region Bonn, „Bundesstadt Bonn – Kompetenzzentrum für Deutschland“, das wir bei der weiteren Diskussion durchaus beachten sollten.

Meine Damen und Herren, unser ehemaliger Bundespräsident Johannes Rau sprach in seiner Amtszeit von den zwei Säulen, den zwei politischen Zentren in Deutschland, und auch heute ist die Arbeitsteilung zwischen Bonn und Berlin ein klares Bekenntnis zur lebendigen, föderalen Tradition unseres Landes. Wir verzichten bewusst auf die Konzentration in einer einzigen Machtmetropole. Das ist unsere Positionierung in der Staatsformfrage. Das ist Ihnen von den Linken sicherlich ein wenig fremd.

(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Wir sind auch nicht von gestern!)

Gern möchte ich noch einen Blick auf die Fakten werfen. Ja, der Ausgleich für die Region Bonn ist bislang gelungen; das können wir feststellen. Die Regierungsaufgaben werden in Bonn und Berlin erfolgreich und verantwortlich wahrgenommen, und nie waren die teilungsbedingten Kosten so niedrig wie beim letzten Teilungsbericht 2015. Knapp 7,5 Millionen Euro werden als neuester Tiefstand angegeben, und selbst wenn das natürlich viel Geld ist: Es ist im Gegensatz zu den Gesamtkosten eines Umzuges wahrlich ein Schnäppchen. Diese werden mit 2 bis 5 Milliarden Euro angegeben, und – Sie können sicher genauso gut rechnen wie ich –

(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Besser!)

rein betriebswirtschaftlich ist das eine Amortisationszeit von 250 bis 625 Jahren. Deshalb ist es gut, dass auch der Sachstandsbericht zur Umsetzung des Berlin/Bonn-Gesetzes feststellt, dass die Arbeit effektiv ist, auch wenn es natürlich noch Effizienzpotenziale gibt, und dort sollten wir draufschauen.

Meine Damen und Herren, Verabredungen, die gelten, müssen auch Bestand haben, und ich bin schon enttäuscht, wie leichtfertig Sie von den Linken mit den Schicksalen und den Arbeitsplätzen Tausender von Menschen in der Region Bonn umgehen. Noch vor ungefähr zehn Stunden wurde hier von Mietpreisbremsen und Wohnungsbau gesprochen, und Sie wollen jetzt, wenn Sie immer sagen, in Berlin sei der Wohnungsmarkt so knapp und die Mieten so teuer, die Menschen aus Bonn alle hierher auf den Wohnungsmarkt schicken, der jetzt schon überfüllt ist. Ich glaube, das war wieder einmal ein Schnellschuss und kein verantwortliches Handeln.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Zu verantwortlichem politischem Handeln gehört meiner Meinung nach, zunächst einmal zu analysieren – der Bericht ist ja noch warm vom Kopieren – und dann in Ruhe seine Schlüsse zu ziehen. Alles andere klingt für mich eher populistisch, aber das hören wir von den Extremparteien in Deutschland ja öfter.

Wir sprechen hier nicht über die Einzelinteressen einer Stadt, so wie Sie es eben gemacht haben, sondern von der nationalen Bedeutung einer gesamten Region. Deshalb haben alle Fraktionen im Düsseldorfer Landtag einstimmig einen Antrag zu diesem Thema eingebracht. Auch hier im Hohen Hause sollten wir ein Zeichen für die Glaubwürdigkeit politischen Handelns setzen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Für uns gilt: Erstens. Wir halten uns an Verträge. Zweitens. Wir sind gegen politisch motivierten Zentralismus. Drittens. Wir denken an die Menschen und die Kosten.

Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Anja Hajduk hat als nächste Rednerin für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7020189
Wahlperiode 18
Sitzung 196
Tagesordnungspunkt Berlin/Bonn-Gesetz
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