Sebastian HartmannSPD - Berlin/Bonn-Gesetz
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Fast müsste man den Linken danken, dass sie diesen Antrag gestellt haben, wenn man ihn nicht hätte lesen müssen. Man kann natürlich eine Debatte über den Status einer Region Bonn führen, man kann auch über das Berlin/Bonn-Gesetz reden, aber was man nicht tun darf, ist, das Berlin/Bonn-Gesetz, das nach einer Debatte 1991 mit knappster Mehrheit beschlossen worden ist, so in Einzelteile zu zerlegen und falsch zu zitieren.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Katja Dörner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wenn man nämlich nur einzelne Abschnitte aus diesem Gesetz zitiert und aufgrund dessen behauptet, dass das Gesetz darauf abziele, Stück für Stück alles nach Berlin zu verlegen, dann lässt man außer Acht, dass es um eine faire Arbeitsteilung zwischen der Region Bonn und der neuen Hauptstadt Berlin gehen sollte.
Diese Arbeitsteilung ist doch erfolgreich. Ja, wir haben es geschafft, die Vollendung der deutschen Einheit – so sah es der Antrag auch vor – durch einen Teilumzug der entsprechenden Ministerien und eine Verlagerung der Verfassungsorgane nach Berlin zu vollziehen. Wir haben das aber eben im beiderseitigen Interesse gemacht, sodass Bonn und Berlin profitieren konnten, und nun darf man doch der Region Bonn nicht zum Vorwurf machen, dass das, was man damals weise verabredet hat und womit man sich nach einer so schwierigen Entscheidung gemeinsam auf den Weg gemacht hat, gut gelungen ist. Und das gibt doch Anlass, zu hinterfragen: Was ist gut gelungen, und was ist weniger gut gelungen?
Es gehört zur Kritik auch dazu, festzustellen, dass während des ersten Kabinetts von Angela Merkel, ab dem Jahre 2008, der Effekt eingetreten ist, dass die Mehrzahl der ministeriellen Arbeitsplätze entgegen dem Wortlaut des Gesetzes, entgegen der Vereinbarung, die damals getroffen worden ist, plötzlich von Bonn nach Berlin verlagert worden sind. Der Rutschbahneffekt hat sich also verstärkt – unabhängig davon, ob die Rutschbahn nun umgeworfen wurde oder sich das Rutschen beschleunigt hat –, und mit diesem Prozess muss man sich eben auseinandersetzen.
Ich bin der Bundesbauministerin und Umzugsbeauftragten, Frau Hendricks, sehr dankbar – das sage ich ausdrücklich –, dass sie einen Statusbericht vorgelegt hat, mit dem man eben nicht dazu verleitet wird, nur über teilungsbedingte Kosten zu sprechen; denn dann könnte man sehr leicht dem Fehler der Linken erliegen, Reisekosten mit anderen Kosten zu verwechseln. Wenn man den Teilungskostenbericht genau gelesen hätte, dann wüsste man, dass es in Wirklichkeit weniger sind als die erwähnten 7 Millionen Euro pro Jahr. Die Reisekosten könnte man auch noch in Bezug setzen zu den Milliarden Euro an Investitionen für neue Betonbauten, die man in Berlin hätte errichten müssen, um dort irgendwelche Arbeitsplätze unterzubringen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nach 25 Jahren können wir natürlich ganz anders auf die geteilte Regierungsfunktion schauen; denn heute hat man durch die Chancen, die die Digitalisierung bietet, noch viel mehr Möglichkeiten. Dass man sagen kann, dass die Region Bonn profitiert hat und internationaler Standort ist, hängt eng damit zusammen, dass man entsprechende Regierungsfunktionen, vor allen Dingen auf dem Gebiet der Entwicklungszusammenarbeit, gezielt in Bonn angesiedelt hat. Die UN ist hier ein gutes Beispiel. Sie ist als eine internationale Organisation dank der Reisemöglichkeiten und der technischen Möglichkeiten der Digitalisierung, die heute noch viel stärker als in der Vergangenheit gegeben sind, gekommen. Dazu hat auch beigetragen, dass sich zum Beispiel der Bonner Bundestagsabgeordnete Ulrich Kelber in der Vergangenheit immer wieder gemeinsam mit allen anderen in der Region dafür eingesetzt hat, dass dieser Pfad des Erfolges weiter beschritten wird.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns all das nicht einfach zur parteipolitischen Profilierung nutzen. Lassen Sie uns nicht wie die Linken, die gesagt haben: „2020 wird der Regierungsumzug vollzogen sein“, die Beschäftigten verunsichern. Wenn man einem solchen Antrag folgen würde, dann hieße das, dass morgen die Umzugswagen vorfahren müssten. Dadurch würden wir das umwerfen, was wir in der Region Bonn für die Bundesrepublik Deutschland gemeinsam erreicht haben.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7020196 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 196 |
Tagesordnungspunkt | Berlin/Bonn-Gesetz |