21.10.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 197 / Zusatzpunkt 10

Carsten LinnemannCDU/CSU - Flexi-Rentengesetz

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Herzlichen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben uns fast exakt vor drei Wochen hier getroffen und den vorliegenden Gesetzentwurf ins parlamentarische Verfahren eingebracht. Vor einigen Tagen fand eine entsprechende Sachverständigenanhörung statt. Herr Rosemann hat sich eben auf die Themen Prävention und Rehabilitation bezogen.

(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der einzige Lichtblick! Sonst ist da ja nichts!)

Ich möchte Zitate aus der Anhörung wiedergeben, die sich auf das Thema längeres Arbeiten beziehen und die belegen, dass es attraktiv ist, im Renteneintrittsalter zu arbeiten. Die Deutsche Rentenversicherung sagt: Wir werden mit dem neuen Gesetz „sicherlich einen Anreiz bekommen, jenseits der Regelaltersgrenze länger zu arbeiten“. Die BDA, die Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände, sagt: „Auf jeden Fall hat dieses Gesetz Potenzial, das Denken der Menschen und ein längeres Arbeiten zu fördern.“ Der ZDH, der Zentralverband des Deutschen Handwerks, hat über die neue Teilrente gesagt, dass die neue Teilrentenregelung auf jeden Fall besser sei als die alte. Die Caritas hat die Prävention gelobt. Kerstin Griese – sie ist keine Sachverständige, sondern die Ausschussvorsitzende – hat zum Schluss gesagt: So viel Lob haben wir selten gehört.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Katja Mast [SPD]: Als Sachverständige!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Birkwald, ich will gar nicht verhehlen, dass es in der Anhörung auch Kritik gab, zum Beispiel in Bezug auf die eben genannte Spitzabrechung. Aber ich muss sagen: Ich habe selten eine Anhörung erlebt, die so positiv war, auch was die Zielsetzung angeht – das müssen auch Sie zugeben; Sie sind ja auch schon ein paar Jahre im Parlament –, und deshalb bin ich der festen Überzeugung, dass wir heute ein Gesetz beschließen werden, das gut ist für unser Land. Es ist richtig, dass wir dies tun werden.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Herr Kollege Linnemann, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Birkwald?

Zum Schluss, nicht während der Rede; nein, danke. Herr Birkwald hat eben gesprochen. Herr Birkwald, ich sage sofort noch etwas zu Ihrer Rede, dann können Sie im Anschluss gern erwidern.

Natürlich wird dieses Gesetz – das muss man frank und frei zugeben – keine Wunder bewirken. Natürlich ist es ein erster Schritt hin zu einem Paradigmenwechsel. Alter neu denken – ich denke, es muss das Ziel sein, dass die Menschen die Freiheit haben, selbst zu entscheiden, wann Schluss ist und wann nicht. Dafür haben wir drei Dinge umgesetzt.

Erstens den arbeitsrechtlichen Teil: dass es in Zukunft erlaubt ist, befristete Verträge im Rentenalter zu verabschieden. Das gilt schon seit einiger Zeit, und es gehört auch zur Flexirente.

Zweitens – Herr Rosemann hat es angesprochen –, dass diejenigen, die länger arbeiten, ihre Rente durch die zusätzliche Arbeit erhöhen können; dafür arbeiten sie ja. Im Moment geht das noch nicht. Die meisten Menschen wollen Rente beziehen und zusätzlich arbeiten. Im Moment zahlen die Arbeitgeber Beiträge, die kommen in einen großen Topf und sind weg. In Zukunft gibt es zusätzliche Rentenerhöhungen für zusätzliche Arbeit.

Drittens. Die Deutsche Rentenversicherung wird neu und besser über die Möglichkeiten des längeren Arbeitens informieren. Im Moment ist es leider noch so – es ändert sich gerade –, dass die Rentenversicherung so tut, als ob es gar keine Alternative gebe als die des Renteneintritts, und das wird sich jetzt ändern.

Herr Birkwald, wenn Sie sagen, der Geist der Flexirente sei Arbeiten bis zum Umfallen, so muss ich schlicht sagen, dass das erstens falsch ist, und zweitens irritiert es mich, weil ich Ihnen nicht zugetraut hätte, dass Sie dieses Gesetz überhaupt so falsch verstehen können.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Denn bei diesem Gesetz geht es darum, erstens die Menschen in die Lage zu versetzen, durch präventive Maßnahmen überhaupt länger arbeiten zu können, und zweitens das längere Arbeiten attraktiver zu machen.

Die Menschen – damit muss endlich Schluss sein – dürfen nicht den Eindruck haben, dass wir ihnen einreden, dass es alle nur deshalb machen, um mehr Geld zu verdienen. Ja, diese wird es geben, aber es geht im Kern beim längeren Arbeiten um Wertschätzung, um soziale Teilhabe. Man will nicht zum alten Eisen gehören. Man will keine Vollbremsung in der Rente, und nicht von hundert auf null.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das kann er ja heute schon! Das gibt es alles schon!)

Diesen Geist müssen wir leben und nicht den Geist der Linken, dass es hier um Zwangsarbeit geht, sondern es geht um freiwillige Arbeit im höheren Alter.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Deshalb muss sich die Rentenpolitik der Zukunft an zwei Polen orientieren: erstens für diejenigen da sein, die nicht länger arbeiten können, aus psychischen, körperlichen oder welchen Gründen auch immer, zweitens Anreize zum längeren Arbeiten setzen, damit wir irgendwann einmal dorthin kommen – weil wir länger leben –, die Lebensarbeitszeit an die Lebenserwartung zu koppeln. Die Rentenbezugsdauer beträgt heute 20 Jahre, 1960 betrug sie 10 Jahre und 1965  15 Jahre. Heute leben wir 20 Jahre länger.

Eine Gruppe habe ich jetzt nicht angesprochen, die von diesem Gesetz auch überhaupt nicht tangiert wird: Das sind beispielsweise die 50- bis 60-Jährigen, die unverschuldet in die Arbeitslosigkeit schlittern. Hier haben wir offenkundig ein Problem, und dazu gibt es auch von meiner Seite einen Appell an die Wirtschaft, hier ganz klare Signale zu setzen, dass man den Menschen zwischen 50 und 60 Jahren, die unverschuldet in die Arbeitslosigkeit geraten sind, eine Chance gibt. Viele wissen nicht, dass es beispielsweise eine sogenannte 52er‑Regel gibt: dass jene, die mit 52 Jahren in die Arbeitslosigkeit gehen, auf fünf Jahre befristete Arbeitsverträge mit den Arbeitgebern abschließen können.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Aber Sie schicken sie in die Zwangsverrentung! Das ist die Realität!)

Die Flexirente ist eine Brücke in die Zukunft der Rentenpolitik, und ich möchte mich sowohl bei unserer Fraktion als auch beim Koalitionspartner bedanken. Gerade auf der Zielgeraden war die Abstimmung konstruktiv. Ich möchte mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Fraktionen bedanken; ich denke dabei an Thomas Rogowski und andere.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Nun hat der Kollege Birkwald die Gelegenheit zu einer Kurzintervention.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7020308
Wahlperiode 18
Sitzung 197
Tagesordnungspunkt Flexi-Rentengesetz
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