21.10.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 197 / Tagesordnungspunkt 29

Thomas GambkeDIE GRÜNEN - Managergehälter

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer auf den Rängen und außerhalb des Plenarsaals! Das Thema der hohen Managergehälter treibt uns um – gar keine Frage. Wenn man sich einzelne Medienberichte – leider gibt es nicht so viele – oder die Studie der Hans-Böckler-Stiftung über das Anwachsen der Managergehälter im Vergleich zu den durchschnittlichen Löhnen ansieht, dann muss man sagen: Das ist ein Thema, das man auf keinen Fall nur auf Volkswagen oder andere Unternehmen begrenzen darf, und schon gar nicht auf Fälle, wo es möglicherweise sogar um strafrechtlich relevante Bezüge geht, die man prüfen muss.

Richtig ist, dass wir gerade im Bankenbereich viele Hinweise darauf haben, dass die dort gezahlten Gehälter und vor allem die Boni in keinem Verhältnis zur erbrachten Leistung stehen, wobei diese Bewertung ja immer sehr schwierig ist. Der liebe Gott hat uns nicht gesagt, ob das Verhältnis 1 : 20, 1 : 40 oder 1 : 50 sein soll.

(Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU]: Eben!)

Ich habe 25 Jahre in einem Unternehmen gearbeitet, in dem dieses Verhältnis vom Stifter des Unternehmens auf 1 : 10 begrenzt war – übrigens ein sehr erfolgreiches Unternehmen. Das ist mit Sicherheit nicht die Messlatte. Aber falsch ist es, dass der Gesetzgeber so etwas vorschreibt.

(Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU]: Richtig!)

Mich hat ein bisschen schockiert, dass Sie so lapidar sagten: Es müssen gesetzliche Rahmen für Gehälter geschaffen werden. – Bei uns herrscht doch Vertragsfreiheit. Ich brauche das alles gar nicht auseinanderzuklamüsern. Den Ansatz, den Sie gewählt haben, kann man eigentlich nicht diskutieren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Manfred Zöllmer [SPD])

Wir sollten aber darüber reden, was man machen kann. Wir Grüne haben den Vorschlag gemacht, ob sehr hohe Boni bzw. Gehälter vom Gesetzgeber eigentlich im Sinne eines vernünftigen Aufwands anerkannt werden sollten. Der Gesetzgeber schaut sich zum Beispiel sehr genau an, ob über Verrechnungspreise Unternehmensgewinne von Deutschland in Niedrigsteuerländer verlagert werden, und greift ein. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn über eine sogenannte Lizenzbox Gewinne in andere Länder verschoben werden. Da müssen wir steuerlich eingreifen. Insofern ist der Vorschlag, den wir gemacht haben, dass man Managerboni und ‑gehälter nur bis zu einer bestimmten Grenze steuerlich geltend machen kann, eine Möglichkeit, wie der Gesetzgeber eingreifen kann. Ich glaube, wir sollten uns diesem Thema noch einmal sehr genau widmen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein anderer Punkt betrifft die Familienunternehmen. Da schaue ich in die Richtung der Union und frage mich, warum von Ihnen kein Impuls kommt; denn wir reden ja vom sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft.

(Michaela Noll [CDU/CSU]: Da müssen Sie woanders hingucken! Ich bin Verteidigungspolitikerin!)

Von Ihnen wird immer das Hohelied der Familienunternehmer gesungen. Mit Recht! Denn der Familienunternehmer schaut eben nicht auf das kurzfristige, sondern auf das langfristige Ergebnis. Es wird in diesem Zusammenhang immer die nächste Generation zitiert. Boni orientieren sich aber nur an einer relativ kurzfristigen Entwicklung.

(Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU]: Das haben wir 2009 so festgelegt!)

Wieder ein Beispiel aus meiner Vergangenheit: Wenn das Jahresergebnis gut war, habe ich als Manager ein gutes Gehalt bekommen, und wenn es schlecht war, war es nicht so gut. Das ist in Ordnung. Aber es wurde nicht gefragt: Wie nachhaltig waren denn die Entscheidungen, die ich in diesem Jahr getroffen habe?

Wie sieht das denn heute zehn Jahre nach dem Ausscheiden aus? Ich bin sehr froh, dass ich wahrscheinlich immer noch meine Boni verdienen würde, weil es dem Unternehmen sehr gut geht. Das ist doch die entscheidende Frage. Man könnte beispielsweise Boni im Sinne einer Einbettung in eine betriebliche Rente für einen langen Zeitraum wirksam werden lassen und auch mit dem Erfolg des Unternehmens atmen lassen. Das wäre eine Sache, die wir uns vornehmen sollten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich aber noch einmal ganz deutlich darauf hinweisen: Die Frage „Ist die Verteilung von Gehältern, von Einkünften vernünftig und richtig?“ ist nicht durch Begrenzungen, sondern am besten dadurch zu beantworten, dass wir Chancengleichheit und Bildung fördern, dass wir aktiv dazu beitragen, dass es nicht nur oben Begrenzungen gibt, sondern dass auch unten die Möglichkeit besteht, gutes Geld zu verdienen.

Wir sind hier in Deutschland an einer entscheidenden Schwelle. Wir müssen uns nämlich fragen, ob der Weg in die Konsumgesellschaft, den zum Teil die Engländer und Amerikaner gegangen sind, richtig ist. Wir in Deutschland sind die Macher geblieben, die Facharbeiter, die gutes Geld verdienen. In dieser Richtung sollten wir weiter gehen. Das sage ich in Ihre Richtung: Die Kluft zwischen niedrigen und hohen Gehältern, die Sie beschreiben, darf nicht ausschließlich dadurch begrenzt werden, dass wir bei den Managergehältern hinsehen, sondern vor allen Dingen dadurch, dass wir bei den Facharbeiterlöhnen hinsehen.

Ich glaube, es ist unsere Aufgabe als Gesetzgeber, dafür zu sorgen – ich sage es noch einmal –, Chancengleichheit und Bildung zu fördern. Dann sind wir auf einem richtigen Weg und brauchen uns hoffentlich nicht mehr über eine nicht durchsetzbare gesetzliche Begrenzung von Managergehältern zu unterhalten.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Kollege Christian Petry spricht jetzt für die SPD.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7020336
Wahlperiode 18
Sitzung 197
Tagesordnungspunkt Managergehälter
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