Klaus BarthelSPD - Managergehälter
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube schon, dass es ein Problem ist, wie es Frau Kipping dargestellt hat, und teilweise auch ein Skandal ist, wie sich die Managergehälter und die anderen Einkommen auseinanderentwickelt haben.
(Beifall bei der LINKEN)
In der Tat: 2005 bis 2014 ist dieser Faktor, der eine Relation zwischen den durchschnittlichen Löhnen und den Managervergütungen ausdrückt, bei den DAX-30-Unternehmen von dem 42-Fachen auf das 57-Fache angestiegen. 2015 war die Tendenz weiter steigend. Leider ist es nach der Finanzkrise, nach all dem Desaster, so weitergegangen.
Ich will auch daran erinnern, dass in den Hochzeiten des demokratischen Sozialismus, 1987, also zu Zeiten von Helmut Kohl, dieser Faktor bei 14 lag.
(Beifall bei der LINKEN Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Hört! Hört!)
Das heißt, es gibt eine Vervierfachung des Abstands zwischen dem Einkommen des Managements und dem der Arbeitnehmer.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
In der Tat führt diese Spaltung zu moralischen und gesellschaftlichen Problemen. Ein großer Teil der Bevölkerung sagt, egal ob Allensbach oder die Friedrich-Ebert-Stiftung die Befragung macht, dass die soziale Ungleichheit zu groß ist. Es lähmt die Motivation zur Arbeit. Das beschäftigt uns auch bei der Rentendiskussion: Die einen sinken immer mehr in Richtung Grundsicherung ab, und andere gehen mit dem goldenen Handschlag, gehen mit Millionen aus einem Unternehmen heraus. Es ist auch ein ökonomisches Problem, weil die Ungleichheit das Wachstum bremst und weil durch diese Art der Vergütung in den Unternehmen Fehlanreize entstehen. Wir haben eine Investitionsblockade. Sie hat unter anderem etwas damit zu tun, dass Manger womöglich lieber entscheiden, sofort einen Gewinn einzustreichen als zu investieren. Wichtige Zukunftsentwicklungen sind verschlafen worden. Ich verweise nur auf die Energiewende, den Umbau der Mobilitätsindustrie usw.
Rechtfertigungen dafür fehlen. Auch der Leistungsbezug fehlt. Das ist dargestellt worden; das will ich nicht weiter vertiefen. Man kann es auch nicht damit rechtfertigen, dass wir im internationalen Vergleich noch ein bisschen hinten liegen und die Managergehälter in den USA und in Großbritannien das 365-Fache betragen. Dort arbeitet ein Manager nicht eine Woche, um so viel Geld zu verdienen wie ein Arbeitnehmer im ganzen Jahr, sondern einen Tag. Das kann es alles nicht sein.
Auch mit der Verantwortung ist es nicht so weit her. Das sehen wir, wenn wir uns jetzt einmal die Bilanz der Finanzkrise anschauen. Welcher Manager ist denn entsprechend seiner großen Verantwortung wirklich herangezogen worden für den Mist, den er gebaut hat? Es gibt kaum Verurteilungen, und keiner sitzt im Gefängnis. Alle sind gut abgesichert. Bei anderen Betrugs- und Eigentumsdelikten, die es bei uns gibt, sieht die Situation ganz anders aus. Egal ob bei VW oder den Banken oder einem Mittelständler, wenn die Probleme das Unternehmen erreichen, dann sind die Manager, die die Probleme zu verantworten haben, längst weg. – Das ist das eine.
Jetzt stellt sich die Frage – sie richtet sich an die Linksfraktion –: Was ist zu tun? Was kann man machen?
Erstens. Es stimmt nicht, dass unser Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütungen von 2009 völlig wirkungslos war.
(Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU]: Eben!)
Denn seit dieses Gesetz wirkt, seit 2011, ist dieser Faktor, den ich genannt habe, tatsächlich zurückgegangen, und zwar von einem Höhepunkt von 62 auf jetzt wieder 57. Das heißt, wir sollten uns als Gesetzgeber nicht kleiner machen, als wir sind, und nicht immer so tun, als wäre alles, was wir hier machen, für die Katz. – Das ist das Erste.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Zweitens. Wenn Sie in Ihrem Antrag von Skandalen sprechen – am Anfang schreiben Sie ja, dass es um Skandale, kriminelle Machenschaften und organisierten Betrug geht –, wenn Sie das zum Ausgangspunkt machen, dann muss ich sagen: Das ist ein Fall für die Staatsanwaltschaft, für die Gerichte und für den Justizvollzug und betrifft nicht die Frage von Managervergütungen. Das sollte man sauber trennen.
(Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU]: So ist es!)
Drittens. Es gibt erhebliche Unterschiede zwischen den Betrieben und Unternehmen, sogar zwischen den DAX-30-Unternehmen. Den höchsten Faktor gibt es jetzt mit 141 bei VW. Es gibt auch Konzerne im DAX, die den Faktor 17 haben. Daran sieht man, dass das nicht alles über einen Kamm zu scheren ist, sondern dass das von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich ist. Es ist eine Frage der Transparenz im Unternehmen und eine Frage der Mitbestimmung.
(Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU]: Genau!)
Es hängt auch nicht nur von der Entscheidung der Vollversammlung ab, sondern eben auch von der Mitbestimmung im Aufsichtsrat.
Viertens. Das richtet sich jetzt an den Kollegen Klaus Ernst, weil wir als Gewerkschafter immer schauen müssen, welche Gesetze wo wirksam werden. Wir greifen hier in die Vertragsfreiheit ein. Das ist äußerst problematisch. Die Frage ist dann immer: Wie sieht so etwas aus? Bemessungsgrundlage? Lohn? Lohn wo? Lohn in Bangladesch von irgendeinem Konzern – hier könnte es zum Beispiel das 20-Fache sein – oder Lohn einer engen Führung einer Aktiengesellschaft mit 100 GmbHs, wo sowieso nur Spitzeneinkommen gezahlt werden? Das heißt, hier haben wir ein praktisches Problem. Das ist dargestellt worden.
Es gibt eine Menge Umgehungsmöglichkeiten. Die Kreativität, irgendwelchen Managern irgendetwas außer Geld zukommen zu lassen, ist grenzenlos. Die Frage am Ende ist: Wer soll das alles kontrollieren? Diese ganz konkreten Fragen sollte man sich bitte stellen, wenn man hier solche Anträge stellt.
Statt Symbolpolitik schlagen wir insbesondere vor – Kollege Petry hat es genannt –, erstens die steuerlichen Möglichkeiten zu nutzen, also die Absetzbarkeit steuerlich zu begrenzen. Wir wollen keinen Milliardär in den Golfstaaten oder die Familie Quandt daran hindern, ihr Milliardenvermögen mit Spitzenmanagern zu teilen, aber sie sollen es nicht steuerlich absetzen können.
Das Zweite ist die Anhebung des Spitzensteuersatzes.
(Katja Kipping [DIE LINKE]: Da machen wir mit!)
Ich finde, darüber muss man auch reden. Wenn man 15 Millionen Euro im Jahr bekommt und die Hälfte davon an Steuern zahlen muss, dann hat man 7,5 Millionen und ist immer noch nicht arm. Da ist also Luft nach oben.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN)
Schließlich, weil wegen des letzten Tagesordnungspunktes auch die Sozialpolitikerinnen und Sozialpolitiker hier sind: bitte einkommensbezogene Heranziehung der Managervergütungen im Rahmen der Bürgerversicherung zur gesetzlichen Krankenversicherung
(Beifall bei der LINKEN)
und im Rahmen der Erwerbstätigenversicherung auch zur Rentenversicherung.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN)
Dann haben alle etwas davon, und dann können wir uns solche Anträge sparen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7020347 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 197 |
Tagesordnungspunkt | Managergehälter |