Matthias ZimmerCDU/CSU - Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn man am Schluss einer Debatte zu Wort kommt – nicht ganz, es kommen ja noch zwei Redner –,
(Daniela Kolbe [SPD]: Danke! – Heiterkeit)
ist man doch sehr versucht, auf die Argumente der vorherigen Rednerinnen und Redner einzugehen, was ich an dieser Stelle auch einmal machen will.
Frau Kollegin Schmidt, wir hatten ein sehr konstruktives Gespräch über die Punkte, die Sie angesprochen haben. Ich bin eigentlich sehr zuversichtlich, dass wir da zu einer Einigung kommen werden, weil wir viele Dinge ganz ähnlich sehen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Zweiter Punkt. Ich höre dem Kollegen Strengmann-Kuhn immer sehr gerne zu und möchte eine Anmerkung zu dem machen, was er gesagt hat. Es geht um die Weiße Ware. Er hat recht: Es ist ein Problem, dass die Betroffenen Waschmaschinen und ähnliche Dinge nicht per Zuschuss bekommen, sondern dafür über ein Ansparmodell selbst ansparen müssen, was in der Regel vermutlich den wenigsten gelingen wird. Das hängt aber, lieber Kollege Strengmann-Kuhn, sehr ursächlich mit einer Gesetzesänderung zusammen, die Rot-Grün im Jahr 2005 zu verantworten hatte; denn das ist damals eingeführt worden.
(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist richtig! Wir lernen auch manchmal dazu!)
Da das Sein das Bewusstsein bestimmt
(Dagmar Schmidt [Wetzlar] [SPD]: Das gesellschaftliche Bewusstsein!)
– das gesellschaftliche Bewusstsein; vielen Dank –, wünsche ich mir, dass die Lernerfolge, die es in der Opposition gibt, auch bei einigen anderen Dingen noch etwas stärker ausgeprägt sein mögen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Auf einen Punkt sollte man noch einmal hinweisen, nämlich auf die Berechnung der Regelsätze. Wenn ich in die Anlage zum Gesetzentwurf schaue, habe ich schon den Eindruck, dass man sich sehr große Mühe gegeben hat, das alles methodisch sauber abzuleiten.
(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben sich stets bemüht!)
Mir ist auch völlig klar, dass es in der Wissenschaft sehr unterschiedliche Ansätze gibt, wie man das sauber berechnet. Ich glaube aber, eines sollte man nicht machen – das hat der Kollege ja auch nicht getan –: Wir sollten denjenigen, die diesen Gesetzentwurf vorbereitet und mit wissenschaftlicher Expertise eine Berechnung durchgeführt haben, nicht die Wissenschaftlichkeit abstreiten. Das wäre sicherlich nicht richtig.
Ebenso wenig sollten wir uns darüber aufregen, dass das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber einen Ermessensspielraum gegeben hat. Diesen Ermessensspielraum hat das Ministerium bei der Formulierung des Gesetzentwurfs genutzt. Es hat nicht den höchstmöglichen Regelbedarf zugrunde gelegt, sondern vernünftige Abschläge formuliert.
(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: „Vernünftig“? Darüber kann man sehr streiten!)
Ich glaube, insgesamt ist etwas herausgekommen, was angemessen und vertretbar ist.
Meine Damen und Herren, ich möchte auch noch eine Bemerkung zu Ihnen, Frau Kipping, machen, weil mich Ihre Ausführungen etwas verwundert haben. Sie sprachen von den 8,5 Millionen
(Katja Kipping [DIE LINKE]: Indirekt Betroffenen!)
indirekt Betroffenen, die über das SGB II Leistungen beziehen. Frau Kipping, wenn wir den Regelsatz deutlich erhöhen würden, so wie Sie das wollen – sagen wir einmal: auf 560 Euro –, hätten wir das große Problem, dass es dann nicht nur 8,5 Millionen, sondern weit über 10 Millionen Berechtigte geben würde, weil natürlich auch andere Anspruch auf diese Leistungen hätten und in die Gruppe der Bezieher fallen würden. Dann müssten wir uns von Ihnen anhören, dass durch unsere Politik die Armut in Deutschland steigt. Das finde ich eine ziemlich verrückte Nummer.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Katja Kipping [DIE LINKE]: Herr Zimmer, das ist echt unter Ihrem Niveau! Sie wissen, dass ich weiß, wie man die Armutsrisikogrenze berechnet!)
– Frau Kipping, ich weiß nicht, ob Sie auch einmal das Zuhören gelernt haben.
(Katja Kipping [DIE LINKE]: Ach, Herr Zimmer! Sie wissen, dass wir gerade keine Kurzinterventionen machen, und stellen die Sachen falsch dar!)
Wir haben es hier mit einer Rationalitätenfalle zu tun, die von Ihnen sehr populistisch genutzt wird. Das finde ich eigentlich sehr schade.
(Beifall der Abg. Kerstin Griese [SPD] – Abg. Katja Kipping [DIE LINKE] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
– Nein, heute möchte ich sie nicht zulassen.
Ich will noch einen Gedanken aufgreifen, den Jana Schimke formuliert hat. Es geht um die Frage, ob wir mit den Regelbedarfsätzen Eltern bzw. Familien diskriminieren. Ich glaube, das ist hier der Fall; wir müssen uns noch sehr genau darüber unterhalten. Mit diesem Gesetzentwurf ist die Regelbedarfsstufe 2 in der Regel für die Betroffenen vorgesehen, die einen gegenseitigen Einstandswillen bekundet haben, während für die „unabhängigen Erwachsenen“ die Regelbedarfsstufe 1 vorgesehen ist, in der mehr gezahlt wird. Ich glaube, das ist der falsche Weg. Das wäre, wenn man es überspitzt formulieren wollte, der endgültige Sieg der Kommune über das Elternhaus. Das halte ich für familienpolitisch falsch und für gesellschaftspolitisch hoch bedenklich.
Meine Damen und Herren, ich glaube, wir haben hier in Bezug auf die Berechnung der Regelsätze einen insgesamt ausgewogenen Gesetzentwurf vorgelegt. Im parlamentarischen Verfahren haben wir aber, wie die Kollegin Schmidt es formuliert hat, noch einiges zu tun. Ich bin zuversichtlich, dass wir das in der dafür vorgesehenen Zeit schaffen werden und zum 1. Januar 2017 die neuen Regelsätze in Kraft treten lassen können.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Daniela Kolbe hat als nächste Rednerin für die SPD-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7020402 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 197 |
Tagesordnungspunkt | Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen |