Marco WanderwitzCDU/CSU - Förderung des deutschen Films
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich mich der Begrüßung unseres ehemaligen Staatsministers für Kultur und Medien und jetzigen Präsidenten der Filmförderungsanstalt – in dieser Rolle ist nämlich Bernd Neumann heute hier bei uns – anschließen und ihn ebenfalls herzlich begrüßen, ebenso die anwesenden Vorstände der Filmförderungsanstalt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Kinofilme erzählen Geschichten, und diese Geschichten erzählen etwas über unser Land, unsere Gesellschaft, über uns. Sie tragen damit zur Identitätsbildung bei. Das ist heute so wichtig wie eh und je. Filme werden auch im Ausland gesehen. Dort formen sie das Bild von Deutschland in der Welt. Sie sind damit so etwas wie Kulturbotschafter. Deshalb ist es wichtig, dass wir gute Filme in und aus Deutschland haben: spannende, glaubwürdige und professionell erzählte Storys, die gut unterhalten, aber auch eine Aussage haben. Produktionen auf der Höhe der Zeit zu schaffen – das ist die Aufgabe der Filmschaffenden und der Filmbranche, nicht die der Politik. Politiker liefern höchstens – ab und an freiwillig, aber zumeist unfreiwillig – den einen oder anderen filmreifen Stoff ab.
Die Bedeutung fiktionaler bewegter Bilder ist überall in der Welt erkannt worden – für das Bild von Nationen ebenso wie als Wirtschaftsfaktor, Bruttoinlandsprodukttreiber, Arbeitsplatzmaschine. Daher wird der Wettlauf in Europa und der Welt insbesondere um die großen, hochwertigen Produktionen immer enger. Der Deutsche Filmförderfonds, DFFF, mit dem Deutschland 2007 das wahrscheinlich innovativste Produktionsförderungsinstrument der Welt geschaffen hatte, ist inzwischen vielfach kopiert und zum Teil auch finanziell überflügelt worden. Es ist unsere Aufgabe und Verantwortung, für die richtigen Rahmenbedingungen und für eine finanzielle Förderung zu sorgen, ohne die es bei den allermeisten Kinofilmen oft einfach nicht geht. Um diese Rahmenbedingungen zu schaffen, novellieren wir in gewissen Abständen turnusgemäß das Filmförderungsgesetz.
Das Filmförderungsgesetz, FFG, ist so etwas wie der Kompass für die Filmförderungsanstalt als Eigenorganisation der Filmbranche. Sie arbeitet mit den finanziellen Eigenmitteln der Filmwirtschaft, nicht mit Steuergeld. Sie ist der Ort für die Debatten der Akteure der Branche und manchmal auch Mediatorin bei Streitfällen. Peter Dinges und sein Team leisten in diesem Sinne seit vielen Jahren vorzügliche Arbeit, für die ich mich im Namen meiner Fraktion herzlich bedanken möchte.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Harald Petzold [Havelland] [DIE LINKE])
Der vielfach geteilte Befund zum Zustand des deutschen Films lautet: Die kommerzielle Erfolgskurve weist über die Jahre stetig nach oben, vor allem wenn Schweiger, Schweighöfer oder ein populärer Kinder- oder Komödienfilmstoff an den Start gehen und so zum Zuschauermillionär im Kino werden. Es entstehen zudem höchst respektable filmkünstlerische Werke, die aber leider meist nur einen kleinen Publikumsausschnitt treffen bzw. von Haus aus nur auf diesen gezielt haben. Was fehlt, ist die Mittelware, sind Filme, die mehrere Hunderttausend Besucher anziehen, die nicht Besuchermillionär werden, aber eben auch nicht nur einige Zehntausend Besucher ansprechen.
Allgemeiner Konsens ist auch, dass wir insgesamt zu viele Filme produzieren, die sich gegenseitig das Publikum streitig machen und von denen viele letztlich floppen, was wohl nicht zuletzt auch auf den einen oder anderen Fehlanreiz im bestehenden System der Filmförderung zurückzuführen ist.
Gleichwohl ist die deutsche Filmförderung alles andere als schlecht. Das brauchen wir uns – auch wenn manche das versuchen – nicht einreden zu lassen. Dafür spricht nicht zuletzt der stetig steigende Marktanteil. Was wir brauchen, sind ein paar weniger, dafür aber mehr bessere Filme. Wir brauchen zielgenauere, flexiblere Förderinstrumente.
Hier liegt, glaube ich, die Stärke dieser Novelle. Sie ist aus meiner Sicht an ziemlich vielen Stellen ziemlich innovativ. Das ist nicht nur eine kleine Novelle. Die Produzenten erhalten Erleichterungen bei der Erbringung ihrer Eigenanteile. Wir verstärken die aus meiner Sicht sehr wichtige Drehbuchförderung deutlich und sorgen durch die Einführung der Förderung der Drehbuchfortentwicklung dafür, dass – so ist zumindest der Plan – nur die guten Bücher weiter gefördert werden, diese dann aber mit mehr Geld und Betreuung.
Wir betreiben mehr Spitzenförderung, indem wir die Mindestfördersumme auf 200 000 Euro erhöhen. Das heißt, dass weniger Filme Geld erhalten, die geförderten Filme dann aber mehr Geld erhalten. Wir professionalisieren – auch das ist sehr wichtig – die Zusammensetzung der Förderkommission, um die Wahrscheinlichkeit für zündende Auswahlentscheidungen zu erhöhen. Wir haben neue Wege aufgezeigt, die Sperrfristen im Einzelfall weiter zu lockern. Dies tun wir gemeinsam mit und im Interesse der Kinos; denn wir wollen neue Geschäftsmodelle befördern, bei denen die Kinos beispielsweise an der Video-on-Demand-Auswertung beteiligt sind.
Ferner wollen wir modellhaft an Dokumentarfilmen neue Auswertungsformen erproben. Vielleicht schafft ein gleichzeitiger Filmstart in Kino und Internet gegenseitige Beflügelungseffekte, an die wir heute noch gar nicht denken. Ich bin überzeugt, von einem Experimentierfeld für den Umgang mit der Digitalisierung können die Kinos und der deutsche Film insgesamt profitieren.
Last, but not least schaffen wir mit der Freischussregelung den Zwang ab, Filme in die Kinos zu bringen, die sich letztlich in einer Produktionsphase, die eher am Ende liegt, doch als nicht kinotauglich erweisen.
Diese Ansätze stehen für uns als Unionsfraktion im Mittelpunkt der Überlegungen, wie man den deutschen Film voranbringen kann. Themen wie Austarierung der Gremien im Detail, sozialverträgliche Beschäftigung und dergleichen sind selbstverständlich auch wichtige Fragen. Aber zentral für die Ausgestaltung der Filmförderung sind aus unserer Sicht: erstens Stabilität beim Abgabeaufkommen der FFA – sie muss auch künftig 50 Millionen plus X in ihrem Etat haben –, zweitens Effizienz und Zielgenauigkeit der Förderinstrumente und drittens europarechtliche Kompatibilität. Wir mussten eine Reihe von Anpassungen an die EU-Kinomitteilung vornehmen.
Von den weiteren Änderungen, die wir im parlamentarischen Verfahren am sehr gelungenen Entwurf der Staatsministerin vorgenommen haben, möchte ich drei hervorheben:
Erstens. Wir kommen einem Wunsch der Verleiher und einer Reihe von Kinobetreibern nach und ermöglichen eine sogenannte sendebezogene Berechnung der Filmabgabe. Das ist Entbürokratisierung. Gleichzeitig bleibt die Beteiligung an diesem Abrechnungsmodell aber freiwillig. Kein Kino wird gezwungen, daran teilzunehmen.
Zweitens. Wir machen ernst mit der Gleichstellung im Filmbereich. Das von unserer Staatsministerin ausgegebene Ziel, den Verwaltungsrat mittelfristig zu mindestens 30 Prozent mit Frauen zu besetzen, erreichen wir sofort, und zwar durch eine Umstellung in § 6 Filmförderungsgesetz und letztlich auch durch die Selbstverpflichtung des Deutschen Bundestages. Ich glaube, das ist ein richtiger und wichtiger Weg.
Was hingegen mit uns nicht geht, das ist eine wie auch immer ausgestaltete Frauenförderquote innerhalb des Systems der FFA. Das wäre aus unserer Sicht mit der Maxime einer Kulturförderung ausschließlich nach inhaltlichen Gesichtspunkten und letztlich mit der Freiheit der Kunst nicht vereinbar. Frauen und Männer sitzen in den Gremien und Jurys und sind dort gemeinsam in der Verantwortung für Förderentscheidungen. Hier endet aber dann aus unserer Sicht die Vorgabe, wie diese auszusehen haben.
Parallel zu den Verhandlungen über das FFG haben wir gemeinsam mit unserem Koalitionspartner und mit Vertretern der Länder intensiv über das Thema Digitalisierung unseres Filmerbes verhandelt. Im FFG passen wir nun den gesetzlichen Rahmen für den Erhalt und die Zugänglichmachung des filmischen Erbes weiter an den Stand der technischen Entwicklung an.
All diese Bemühungen stehen und fallen letztlich aber immer mit dem Thema Geld. Die Filmwirtschaft und der Bund stehen bereit, ihr Drittel zu den nötigen 10 Millionen Euro im Jahr für zehn Jahre beizusteuern. Damit könnte die Digitalisierung unseres Filmerbes sofort in großem Stile aufwachsen. Es hakt aber leider immer noch an einer Reihe von Ländern, die sich zu ihrem Anteil an der Verantwortung noch nicht bekennen. Die Kulturhoheit in unserem Land liegt aber aus gutem Grund vor allen Dingen bei den Ländern. Ihr verdanken wir einen Großteil unseres kulturellen Reichtums. Zum kulturellen Erbe gehört eben das filmische Erbe; sicher nicht jede Super-8-Aufnahme und jedes Werbefilmchen, aber das Gros der Spiel-, Dokumentar- und Kinderfilme, die im Kino gelaufen sind, darf ich jedenfalls zu unserem kulturellen Erbe zählen. Deswegen können und wollen wir die Länder hier auch nicht aus ihrer Verantwortung entlassen. Eine alleinige Übernahme der Kosten durch den Bund oder durch die Filmförderungsanstalt und damit durch die Kinowirtschaft ist ausgeschlossen. Das möchte ich an dieser Stelle in aller Deutlichkeit festhalten.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Eigentlich hätten wir eine Veränderung im Verwaltungsrat der Filmförderungsanstalt vornehmen und die AG Verleih neu in diesen aufnehmen müssen. Insbesondere die in diesem Verband vertretenen Verleiher sind es, die diejenigen deutschen Filme vorantreiben, von denen wir uns noch mehr wünschen. Ich nenne stellvertretend die Filme von Tom Tykwer. Die Größe des Verwaltungsrates und die Aufnahme- und Aufstockungswünsche vieler weiterer Verbände haben es letztlich verhindert, dass wir diesen Punkt in der vorliegenden Novelle angefasst haben. Wir setzen uns aber mit Nachdruck dafür ein, dass die AG Verleih in den Unterkommissionen angemessen repräsentiert wird. Die nächste Novelle wird an dieser Stelle dann grundsätzlich zu Veränderungen im Verwaltungsrat führen müssen.
Ich freue mich über den sehr konstruktiven Gesetzgebungsprozess. Insbesondere möchte ich meinem Berichterstatterpendant bei den Sozialdemokraten Burkhard Blienert herzlich für die kollegiale Zusammenarbeit danken. Ich glaube, es ist uns gelungen, eine gute Novelle zum Filmförderungsgesetz auf die Beine zu stellen. Auf dass wir, so hoffe ich, auch 2017 auf ein gutes Kinojahr blicken können, für die deutschen Kinos und für den deutschen Film in den Kinos!
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Das Wort erhält nun der Kollege Harald Petzold für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7029767 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 199 |
Tagesordnungspunkt | Förderung des deutschen Films |