Johannes SelleCDU/CSU - Förderung des deutschen Films
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben in dieser Woche, in diesen Monaten sehr viele und wichtige Themen zu diskutieren. Aber ich bin außerordentlich dankbar, dass wir heute zur besten Sitzungszeit einmal über den deutschen Film sprechen; denn vom deutschen Film sind wahrscheinlich alle Bevölkerungsteile betroffen. Deshalb ist es wichtig und richtig, dass wir darüber auch einmal zu dieser Zeit diskutieren.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Der deutsche Film hat auch im letzten Jahr wieder Rekorde eingefahren. Das gesamte Jahr war ein Rekordjahr: Über 136 Millionen Kinobesucher haben für einen Umsatz von 1,2 Milliarden Euro gesorgt. Der deutsche Film hat einen Anteil von 30 Prozent erobert, und das ist aus unserer Sicht eine erfolgreiche Entwicklung. Mehr als 92 Prozent der deutschen Filme wurden von den Kinobesuchern mit „hervorragend“ und „gut“ bewertet. Über diese Erfolge dürfen wir uns freuen. Ich darf daraus folgern, dass die filmpolitischen Rahmenbedingungen bisher gut gesetzt waren. Daran wollen wir mit dem neuen Gesetz anknüpfen.
In diese Novellierung haben wir den technischen Wandel einzubeziehen, der selbstverständlich Einfluss auf das Zuschauerverhalten hat und der auch die Branche vor neue Herausforderungen stellt. Uns ist es ein Anliegen, die Qualität zu fördern, etwa durch Förderung hochwertiger deutscher Filme im Bereich des Kurzfilms, des Kinderfilms – er liegt mir besonders am Herzen –, des Dokumentarfilms und natürlich auch des Spielfilms. Das vorliegende Filmförderungsgesetz ist aus meiner Sicht geeignet, das zu unterstützen. Wie die Vorredner schon betont haben, werden dabei alle Entwicklungsstufen in den Blick genommen, vom Drehbuch über die Projektförderung bis hin zur Vermarktung, der Kinoförderung.
Das Kino ist gesellschaftlicher Erlebnisort für eine große Zahl von Besuchern und macht deshalb ein besonderes Gemeinschaftserlebnis möglich. Es hat seinen Platz im kulturellen Leben behauptet, und wir wollen es auch in Zukunft stärken und schützen. Die Filmförderung ist auf die Schaffung von erfolgreichen Kinofilmen ausgerichtet. Daher bleibt auch im neuen FFG das Kino die erste und wichtigste Auswertungsstufe.
Sperrfristen schützen die Auswertung im Kino. Deshalb gehen wir damit ganz besonders behutsam um. Allerdings wollen wir auch der Entwicklung besonders bei crossmedialen Ansätzen Rechnung tragen, die die gleichzeitige Auswertung in den verschiedenen Stufen erforderlich machen. Da darf ein bisschen experimentiert werden, auch im Hinblick auf das Ausprobieren neuer Geschäftsmodelle. Wenn die Kinowirtschaft an der Herstellung oder an nachgelagerten Verwertungsstufen maßgeblich beteiligt ist, kann auf Antrag eine Sperrfristverkürzung genehmigt werden. Damit stehen wir innovativen Entwicklungen nicht im Wege, die in der schnelllebigen digitalen Welt ohnehin nicht vorherzusehen sind.
Wenn sich herausstellt, dass ein Filmwerk wahrscheinlich kein Kinoerfolg werden wird, dann soll darauf in Zukunft flexibel reagiert werden können. Sind sich Hersteller und Lizenznehmer einig, dass eine Kinoauswertung keinen Sinn macht, kann auf die Anwendung der Sperrfristregelung verzichtet werden. Das bleibt aber eine Ausnahme und kann nicht einfach wiederholt werden.
Von den Kinos wissen wir, wie wichtig ihnen die Dokumentarfilme geworden sind. Es ist begrüßenswert, dass sich dieses Segment zunehmenden Zuspruchs erfreut. Sie stellen einen bedeutenden Anteil am Umsatz der Kinowirtschaft dar. Auf der anderen Seite ist die Zahl der Dokumentationen, die den Ansprüchen der Zuschauer nicht entsprechen, stark gestiegen.
Wir wollen durch die Mindestförderhöhe von 100 000 Euro erreichen, dass die Qualität des Dokumentarfilms nicht an der mangelnden Finanzierung scheitert.
Auch bei den Dokumentarfilmen werden bei den Sperrfristen die Möglichkeiten geschaffen, mit der Veränderung der Verwertungsreihenfolge in besonderen Fällen den Erfolg zu erhöhen – natürlich wieder nur mit Antrag und Genehmigung durch die FFA. Das bedeutet, dass ein Dokumentarfilm zeitgleich im Kino oder mit geringem Abstand auf Bildträgern und auf entgeltlichen Abrufdiensten zu sehen sein kann.
Das Gesetz will sich den neuen technischen Möglichkeiten und dem veränderten Zuschauerverhalten nicht verschließen. Wir wollen aber nicht ohne Weiteres die bewährten Regelungen aufweichen. Deshalb ist in dem Gesetz auch eine Evaluierung vorgesehen.
Besonders Kinos im ländlichen Raum haben es schwer. Wir wollen auch die Attraktivität des ländlichen Raumes stärken. Deshalb verpflichten wir Verleiher, Kinos im ländlichen Raum angemessen mit Kopien zu versorgen.
Die Kinos werden entlastet. Deren Grundkosten für den Betrieb einer Kinoleinwand sind deutlich gestiegen. Wir haben die Umsatzschwellen für die Höhe der Abgabe angepasst.
Auch bei den Kinoreferenzpunkten erkennen wir die erfolgreiche Arbeit für den deutschen Film stärker an. So wird es zwei Referenzpunkte pro Besucher geben, wenn der Zuschauermarktanteil des entsprechenden Kinos bereits das 1,75-Fache erreicht hat.
Wir fördern nicht nur den Film, sondern auch die Kinos, weil wir die wertvolle Symbiose von Film und Abspielstätte als gemeinschaftlichen Erlebnisbereich erhalten wollen.
Den Erfolg des deutschen Films verdanken wir im Wesentlichen den Produzenten. Auf ihnen liegen die Hauptlast und das Risiko, das mit jeder Produktion verbunden ist. Deshalb war es bei jeder Novellierung ein Anliegen, die Produzenten zu stärken. Das haben wir in dem vorliegenden FFG wieder praktiziert. Wir haben die Darstellung des Eigenkapitalanteils durch die sehr flexible Anerkennung von Lizenzverkäufen erleichtert.
Darüber hinaus erlangen erfolgreiche Produzenten in der Referenzförderung einen 25-Prozentpunkte-Bonus, wenn der Nettoumsatz die anerkannten Herstellungskosten übersteigt.
Sehr intensiv – die Kollegen haben dies schon angesprochen – haben wir auch den Erlöskorridor für die Produzenten diskutiert.
(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, aber nicht aufgenommen!)
Die Beteiligung der Produzenten an den Erlösen vom ersten Euro an konnte sich in der Abwägung der Interessen aller, die an der Filmauswertung beteiligt sind, noch nicht durchsetzen. Aber diese Thematik wird bei der nächsten Novellierung auf jeden Fall wieder aufgegriffen.
(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da nehme ich Sie beim Wort!)
Wie schon angedeutet, ist es uns ein besonderes Anliegen, den Kinderfilm zu stärken. Das ist für uns ein wichtiger Aspekt. Wir wollen, dass nicht nur die Erwachsenen aus einer Bandbreite von Themen wählen können. In der FFA-Hitliste der 100 erfolgreichsten Filme der letzten 15 Jahre befinden sich 27 Kinderfilme. Das freut mich besonders, weil ich aus dem Kindermedienland Thüringen komme.
Die 10- bis 19-Jährigen waren am häufigsten im Kino und mit 34 Prozent der Zuschauer überdurchschnittlich vertreten.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir wollen die medienpädagogische Begleitung im Kinderfilmprogramm verbessern und haben im parlamentarischen Verfahren den Zuschuss von 2 000 auf 5 000 Euro erhöht, damit eben nicht nur Kinderschminken möglich ist.
Zusätzlich haben wir uns dafür eingesetzt, dass in der Kommission für Produktion und Drehbuchförderung eine Erfahrung mit Kinderfilmproduktionen vorhanden ist. Mindestens ein Mitglied muss schon Kinderfilme produziert haben.
Wir haben ein neues Filmförderungsgesetz vorliegen, das den deutschen Film ganzheitlich fördert. Ich darf den hervorragenden Entwurf der Bundesregierung hier loben, dafür danken. Ich darf mich auch für die gute Zusammenarbeit mit der Branche und die Zusammenarbeit unter den Kollegen bedanken. Ich glaube, dass man diesem Gesetz mit gutem Gewissen zustimmen kann.
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Cite as | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Retrieved from | http://dbtg.tv/fvid/7029780 |
Electoral Period | 18 |
Session | 199 |
Agenda Item | Förderung des deutschen Films |