10.11.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 199 / Tagesordnungspunkt 10

Norbert SchindlerCDU/CSU - Erhalt der Brennelementesteuer

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Verehrte Gäste auf den Tribünen! Verlängerung der Erhebungsdauer der Kernbrennstoffsteuer – das ist ein schönes politisches Thema, das in der Öffentlichkeit natürlich positiv besetzt ist. Doch worum geht es? 2010, in Zeiten nackter Haushaltsnot, kam man auf die Idee, die Atomkraftwerke zur Finanzierung der späteren Entsorgungskosten heranzuziehen.

(Christian Petry [SPD]: Nicht nur aus nackter Haushaltsnot!)

Als Zielvorgabe wurde beschlossen, der jährliche Steuer­ertrag solle 2,5 Milliarden Euro betragen. In den letzten Jahren war der Steuerertrag aber deutlich geringer. Auf den Grund dafür komme ich noch zu sprechen.

Drei, vier Stromkonzerne sind jedenfalls von der Besteuerung der Brennstoffe Plutonium 241 und 239 sowie Uran 233 und 235 betroffen. Das sind die Tabletten, die in den Kernreaktor eingeführt werden. Als Steuer – da gab es ja verschiedene Vorschläge – wurde zum Schluss pro Gramm Kernbrennstoff eine Steuer von 145 Euro festgesetzt. Damit sollten die Kernkraftwerke auch finanziell zur Verantwortung gezogen werden.

(Ingrid Arndt-Brauer [SPD]: Das war günstig!)

In der damaligen Debatte ging es aber nicht um das Verursacherprinzip oder die Langzeitwirkung, sondern es ging bei der Gesetzesvorlage des Haushaltsausschusses allein darum, für den Staat bis Ende 2016 höhere Einnahmen zu generieren. Heute stehen wir in der Verantwortung, zu entscheiden, ob wir die Erhebungsdauer verlängern. Ja, es wird ja über eine Verlängerung aufgrund der Verpflichtungen im finanziellen Bereich intensiv nachgedacht. Auch darauf komme ich später noch einmal zu sprechen.

In der heutigen Debatte geht es auch um Begehrlichkeiten unseres Koalitionspartners. Frau Ministerin Hendricks hat ja darauf hingewiesen, dass man, nachdem Gerichte diese Steuer gebilligt haben, diese Steuer weiterhin erheben will.

(Ingrid Arndt-Brauer [SPD]: Das wäre eine gute Idee! – Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Das wäre gut!)

Es gibt aber auch eine Koalitionsvereinbarung, liebe Freunde von der anderen Feldpostnummer.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der LINKEN)

Man kann also darüber streiten, ob man eine Steuererhöhung quasi in Form einer Verlängerung der Erhebungsdauer vornimmt oder nicht. Wir als CDU/CSU sagen dazu: Im Koalitionsvertrag wurde die Erfüllung dieses Wunsches eindeutig ausgeschlossen.

(Ingrid Arndt-Brauer [SPD]: Nächstes Mal gewinnen wir die Wahl!)

Dass man diese Aspekte auch im Zusammenhang mit dem Sondervermögen und der Abschöpfung aus der Brennelementesteuer betrachtet, kann ich schon verstehen. In dem anderen Gesetzeswerk, das vorher beschlossen wurde – Gesetz zur Errichtung eines Sondervermögens „Energie- und Klimafonds“ –, war aber nur eine einmalige Zahlung vorgesehen. Deswegen stimmen die Zahlen, die 2010 berechnet wurden, nicht in Gänze mit den tatsächlichen Einnahmen überein. Wir haben ja Gesamteinnahmen nur in Höhe von ungefähr 5 bis 6 Milliarden Euro. Jetzt geht es darum, ob wir die Kernkraftwerke, deren Laufzeit ja im Jahr 2012 gesetzlich verkürzt wurde – alle kennen die Debatte, deren Ausgangspunkt Fukushima war –, weiter belasten und den Beschluss aus dem Jahr 2010 neu überdenken. In diesem Zusammenhang muss man natürlich darauf hinweisen, dass alles, was wir als Kostenbelastung der besonderen Art beschließen, letztendlich auf die Verbraucher umgelegt wird. Das wird durchgereicht. Machen wir uns da nichts vor.

Eine Verlängerung der Erhebungsdauer der Brennelementesteuer muss auch vor dem Hintergrund betrachtet werden, dass wir in diesen Tagen mit Blick auf die zukünftige Verantwortlichkeit für die Entsorgung der Altlasten eine Gesetzesnovelle in den Bundestag einbringen. Dabei ist eine Zielvorgabe zwischen 24 und 28 bzw. 29 Milliarden Euro als Gesamtbetrag für acht oder elf Kernkraftwerke vorgesehen. Darüber werden wir in den nächsten Wochen mit Sicherheit beraten. Seitens der Bundesregierung wurde ja 2015 eine Kommission eingesetzt. Über deren Ergebnisse werden wir dann beraten.

Es geht darum, wie wir die Betreiber von Atomkraftwerken in Zukunft im Zuge des Ausstiegs hinsichtlich der Nachfolgekosten zur Verantwortung ziehen. Aus Sicht der Union sollte es da keine doppelte finanzielle Belastung geben. Wir wollen die Energielieferanten im Kernkraftbereich im Rahmen eines Sonderprogramms nochmals gesondert mit 25 bis 30 Milliarden Euro belasten. Sie wollen jetzt gleichzeitig eine Steuer fortführen. Das wäre eine Doppelbelastung. Unter dem Strich – ich sage es noch einmal – würde letzten Endes der deutsche Stromverbraucher dafür zahlen. In der Debatte über die Einzahlungen in den genannten Fonds, der dann errichtet werden soll, werden wir uns in den nächsten Wochen mit Sicherheit intensiver darüber unterhalten.

Deswegen: Der Antrag der Linken

(Hubertus Zdebel [DIE LINKE]: Guter Antrag, Norbert!)

ist schön populistisch formuliert, aber geht an der Realität vorbei und beachtet nicht, was wir 2010 beschlossen haben und was wir übrigens auch im Koalitionsvertrag festgelegt haben. Daran sollten wir uns halten. Mehr brauche ich dazu nicht zu sagen.

Nur noch eine kleine amüsante Anmerkung: Als wir dies damals mit der FDP als Koalitionspartner beschlossen haben, gab es heftige Auseinandersetzungen im Bundestag. Sie können das im Protokoll nachlesen. Alle SPD-geführten Landesregierungen hatten sich vehement gegen die Einführung dieser Steuer ausgesprochen. Es ist interessant, dass jetzt auch Teile der SPD eine Fortführung dieser Steuer wollen.

(Ingrid Arndt-Brauer [SPD]: Wir lernen eben dazu! – Weiterer Zuruf von der SPD: Wollten wir schon immer, mein Lieber!)

Wie gesagt, ein Nachfolgeprogramm für die Ausgestaltung der Finanzierung durch diejenigen, die die Verantwortung tragen, wird derzeit erarbeitet. Dabei sollte man das Kernproblem angehen und keine doppelte Besteuerung vornehmen. Deswegen wird die Union dies ablehnen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Der Kollege Hubertus Zdebel, Fraktion Die Linke, hat jetzt das Wort.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7030034
Wahlperiode 18
Sitzung 199
Tagesordnungspunkt Erhalt der Brennelementesteuer
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