Christian PetrySPD - Erhalt der Brennelementesteuer
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist gerade schon gesagt worden: An dem Antrag ist wirklich viel Gutes dran. Er deckt sich auch mit dem, was wir Sozialdemokraten gefordert haben. Insofern ist von dem, was im Ausschuss gesagt wurde, nichts zurückzunehmen.
Atomkraft ist natürlich ein politisches Reizthema. Das hat sich über die Jahrzehnte auch in Bewegungen, die heute noch, was ich positiv sehe, existieren, niedergeschlagen. Der Ausstieg aus der Atomkraft ist durch dramatische Ereignisse beschleunigt worden. Es gab auf diesem Weg zwar ein paar Pirouetten; aber letztlich war dies ein Grund dafür, dass diese Steuer im Jahre 2010 eingeführt wurde.
Herr Kollege Schindler, an der nackten Haushaltsnot lag es leider nicht; das kann man im Protokoll nachlesen. Auf Seite 5 des Gesetzentwurfes heißt es:
Die Kosten für den Weiterbetrieb und die Stilllegung der Schachtanlage Asse II trägt ... ausschließlich der Bund. Die Erträge aus der Steuer sollen vor dem Hintergrund der notwendigen Haushaltskonsolidierung auch dazu beitragen, die hieraus entstehende Haushaltsbelastung des Bundes zu verringern.
Es hat also auch einen Betrieb gegeben; ja, selbstverständlich.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Norbert Schindler [CDU/CSU]: Das kostet 5 bis 7 Milliarden, und die sind schon gekommen!)
– Herr Kollege Schindler, ich komme darauf noch zurück. Was Sie vorhin ausgeführt haben, ist nämlich in Teilen nicht richtig gewesen.
Schon damals haben wir gesagt: Die Bemessungsgrundlage muss angehoben werden, und die Steuer muss unbefristet eingeführt werden. – Die Befristung ergibt sich aus dem Auslaufen des Betriebs der Atomkraftwerke von selbst; deswegen muss man sie nicht ausdrücklich nennen. Es ist natürlich so, dass dies dort seinen Niederschlag findet. Im Rahmen der parlamentarischen Beratungen wurde der Gesetzentwurf damals stark aufgeweicht, sodass die Sozialdemokraten schlussendlich nicht zustimmen konnten.
Die Atomkraftwerke, über die wir sprechen, sind im Übrigen keine neuen Atomkraftwerke, sondern es sind eigentlich alles Oldtimer. Im Autobereich bekommen Oldtimer eine besondere Plakette. Wir fahren auch hier auf Oldtimern; so ist das. Auch technisch gesehen gibt es immer wieder zumindest bestimmte Teile, die Schwierigkeiten bereiten. Selbstverständlich werden die Anlagen gewartet und auch modernisiert. Auch das sollte man im Hinterkopf behalten.
Ich bin davon überzeugt, dass die Auffassung, die Kosten hierfür auf die Energieversorger umzulegen, einen breiten Konsens in diesem Hause finden kann. Es darf natürlich nicht sein, dass der Bund schlussendlich alleine auf den Kosten der Endlagerung des Atommülls sitzen bleibt.
(Beifall bei der SPD)
Aus diesem Grund ist Ihre Argumentation für mich nicht ganz nachvollziehbar. Schließlich ist die Situation heute eine andere als im Jahr 2010. Es gibt neue Beschlüsse – auch über das Auslaufen und den Ausstieg. Daher gibt es durchaus positive Argumente dafür, die Kernbrennstoffsteuer Ende dieses Jahres nicht auslaufen, sondern auch 2017 und darüber hinaus weiterlaufen zu lassen. Es geht immerhin um 5 Milliarden Euro, die durch diese Maßnahme dem Bereich, für den die Atomlobby eintritt, zugewiesen werden sollen.
Eben wurde ja auch schon gesagt, dass es im Endeffekt wohl so sein wird, dass die Brennstäbe erst im Jahr 2017 ausgetauscht werden. Das würde den Zahlen, die wir in den Haushalt eingestellt haben, entgegenlaufen. Auch hier kann ich mir vorstellen, dass wir in weiteren parlamentarischen Beratungen versuchen, dem bis Ende des Jahres einen Riegel vorzuschieben. Möglicherweise gibt es durch Sicherungsregelungen die Möglichkeit, diese Umgehung zu verhindern, sodass auch in diesem Fall Steuern gezahlt werden müssen. Auch das müssen wir ernsthaft diskutieren.
(Beifall bei der SPD)
Ich möchte an dieser Stelle noch einen weiteren Punkt ansprechen, der eben auch schon genannt wurde: Die Kommission zur Überprüfung der Finanzierung des Atomausstiegs hat ja im April dieses Jahres ihre Empfehlungen vorgelegt. Über die Höhe des Betrages kann man sich jetzt streiten. Nach meinen Informationen übertragen die Energieunternehmen 23,3 Milliarden Euro auf den Bund. Ich hoffe, damit liege ich in etwa richtig; eben ist ein noch höherer Betrag genannt worden.
(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr schön!)
Es geht jedenfalls darum, dass die finanzielle Verantwortung für die Endlagerung auf den Staat übergehen soll. Man muss ernsthaft darüber diskutieren, ob dies in dieser Form, so apodiktisch und endgültig, tatsächlich geht. Es liegt jetzt aber nun einmal ein Vorschlag vor, über den man reden muss. Es geht hier letztlich um ein Problem in einem Industriezweig, das zu lösen ist.
Für mich persönlich ist hier im ersten Schritt noch kein zufriedenstellendes Ergebnis erreicht. Wir werden das im Parlament diskutieren und sehen, ob es am Ende bei diesem Ergebnis bleibt oder ob man auch hier noch über Korrekturen nachdenkt. Man könnte zum Beispiel in dem Sinne darüber nachdenken, die Energieunternehmen in diesem Bereich nicht einfach aus der Verantwortung für die Ewigkeitskosten auf einen Schlag zu entlassen, sondern weitere Regelungen zu finden, die eine dauerhafte Verantwortung zumindest nicht ausschließen. Das gibt es in anderer Form im Übrigen auch beim Bergbau. Die Ewigkeitskosten fallen dort nicht einfach weg, sondern werden auf Dauer von Stiftungen getragen.
Ich finde, in diesem Zusammenhang wäre es das völlig falsche Signal, die Brennelementesteuer ohne Weiteres auslaufen zu lassen. Ich glaube, ich habe gute Argumente dafür genannt.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Es ist letztlich auch gerichtlich festgestellt worden, dass die EU-Rechtskonformität dieser Steuer gegeben ist. Herr Kollege Schindler hat das schon gesagt. Es laufen allerdings weitere Verfahren, durch die noch gewisse Feststellungen zu treffen sind. Trotzdem ist es notwendig, jetzt darüber zu entscheiden, weil das Ende des Jahres nicht mehr weit entfernt ist. Ich habe in meiner Rede bereits gesagt, dass ich hier gemeinsam mit meiner Fraktion unterstützend für die Fortführung stehe und kämpfe.
(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Es sind aber nur noch sechs Wochen Zeit!)
Jetzt kommt aber das große Aber!
(Andrej Hunko [DIE LINKE]: Habe ich die ganze Zeit drauf gewartet!)
Letztendlich war es bisher – Herr Kollege Schindler hat das schon in einer sehr großen Eindeutigkeit mit Verweis auf den Koalitionsvertrag gesagt – nicht möglich, dies in den Gesprächen und Verhandlungen mit der CDU in der Form zu vereinbaren. Deshalb werden wir uns in diesem Fall vertragstreu verhalten und den vorliegenden Antrag gemeinsam mit unserem Koalitionspartner ablehnen.
Es gibt aber noch einen weiteren Antrag von Bündnis 90/Die Grünen, der im Prinzip etwas konkreter ist und insoweit auch einen Vorteil bietet, weil die Grünen genau sagen, was sie wollen.
Dort wird einmal ein Endzeitpunkt genannt. Ich habe ja schon gesagt, dass man ihn eigentlich nicht benennen muss; denn wenn die Laufzeiten aller Atomkraftwerke ausgelaufen sind, dann spielt auch die Brennelementesteuer keine Rolle mehr. Von daher müsste man das gar nicht befristen. Man könnte dort also auch von „unbefristet“ sprechen; denn wenn nichts mehr da ist, kann auch nichts erhoben werden.
Zum anderen wird im genannten Antrag auch gefordert, die Brennelementesteuer anzuheben.
Bei diesem Antrag, der in Kürze auf uns zukommen wird, werden wir in den parlamentarischen Beratungen versuchen, darauf hinzuwirken – ob das gelingt, weiß ich nicht; ich habe gewisse Zweifel –, noch ein Umdenken herbeizuführen. Klar ist, dass die SPD-Fraktion für diesen Fall bereitstünde, die Erhebungsdauer der Brennelementesteuer zu verlängern.
In diesem Sinne freue ich mich auf muntere Debatten in der Kürze der Zeit bis Ende des Jahres.
Glück auf!
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Danke schön. – Die Kollegin Sylvia Kotting-Uhl, Bündnis 90/Die Grünen, hat jetzt das Wort.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7030147 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 199 |
Tagesordnungspunkt | Erhalt der Brennelementesteuer |