Ulla Schmidt - Erhalt der Brennelementesteuer
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass heute extra eine namentliche Abstimmung angesetzt worden ist, weil dadurch sehr viele Leute kommen werden, die meine erste Rede nach meiner Krankheit hören. Dafür bin ich sehr dankbar und bin darüber hocherfreut.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das gibt mir die Gelegenheit, mich gleichzeitig bei allen zu bedanken, die mir Genesungswünsche geschickt haben. Ihnen allen gilt dafür mein herzlicher Dank.
Aber lassen Sie mich jetzt zum Thema kommen. Lassen Sie mich zunächst mein Erstaunen darüber ausdrücken, dass hier mehrfach Vergleiche herangezogen wurden. Kernkraftwerke wurden mit Oldtimern verglichen, also mit Autos. Ich finde diesen Vergleich ein bisschen gewagt, muss ich sagen.
(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 30 Jahre alte Autos finden Sie selten auf der Straße!)
– Sie hatten das Auto angesprochen.
(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, die sind jünger als 30 Jahre!)
Ich muss Ihnen sagen: Natürlich kommen Sie in den Genuss von Steuerermäßigungen, wenn Sie mit einem H-Kennzeichen fahren. Gerade für einen Oldtimer gibt es eine entsprechende Ermäßigung bei der Steuer. Also ist dieser Vergleich, den Sie angestellt haben, vielleicht ein bisschen schief. Ich möchte ihn gern korrigieren.
(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn Sie damit darauf hinweisen, dass die Kernkraftwerke Oldtimer sind, ist mir das auch recht!)
Die Kosten, die durch die Entsorgung auf die Kernkraftwerksbetreiber zukommen – das wurde vorhin schon angedeutet –, werden in einem ganz anderen Zusammenhang geregelt werden. Ich erinnere daran, dass die Brennelementesteuer, die 2011 eingeführt wurde, nie die erwarteten hohen Steuereinnahmen brachte: Im Jahr 2011 waren es 922 Millionen Euro statt 2,3 Milliarden Euro, im Jahr 2012 1,6 Milliarden Euro statt 2,3 Milliarden Euro. Dazu kann ich nur sagen: Ihre Schätzung, dass in den nächsten Jahren mit Einnahmen von 5 Milliarden Euro zu rechnen sei, kann ich nur anzweifeln.
Die Mindereinnahmen lassen sich sicherlich dadurch begründen, dass ein Teil der Kernkraftwerke mittlerweile aufgrund der Katastrophe von Fukushima abgeschaltet wurde. Die Klagen der Unternehmen gegen diese Steuer wurden vom Europäischen Gerichtshof abgewiesen; das wurde schon angesprochen. Auch die entsprechenden Finanzgerichte in Deutschland haben mittlerweile erkannt, dass dem Bund damals die Steuergesetzgebung für diese Steuer zustand.
Zum Zeitpunkt der Einführung der Steuer war noch überhaupt keine Rede davon, dass es eine Laufzeitbegrenzung der Kernkraftwerke geben würde. Es war noch keine Rede davon, dass man dafür 2022 als Datum festsetzen würde. Vielmehr war zum damaligen Zeitpunkt der wesentliche Grund für die Einführung dieser Steuer, dass man einfach Haushaltslöcher stopfen wollte.
Natürlich fällt es einem immer schwer, Steuern nicht mehr weiter zu erheben. Aber ich glaube, eine ganz wesentliche Frage ist auch: Wie zuverlässig sind wir bei unserer Steuergesetzgebung? Das hat etwas mit Glaubwürdigkeit zu tun. Das hat etwas mit Planungssicherheit für die Unternehmen zu tun.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wenn wir in einem Gesetz festlegen, dass wir diese Steuern nur für einen gewissen Zeitraum erheben wollen, dann können wir nicht nachher sagen: Jetzt könnt ihr uns alle gernhaben; wir machen das Ganze doch anders.
Wir müssen auch im Bereich der Steuer- und Finanzpolitik glaubwürdig bleiben.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Deswegen muss die Erhebung dieser Steuer dem Gesetz entsprechend ausgeführt werden. Damit läuft sie gegen Ende dieses Jahres aus.
Die Fortsetzung der Erhebung der Steuer über das Jahr 2016 hinaus wäre auch eine indirekte Steuererhöhung, die wir im Koalitionsvertrag ausgeschlossen haben.
(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir wollen keine indirekten Steuererhöhungen, und wir wollen keine direkten Steuererhöhungen. Im Gegenteil: Wir müssen sehen, dass wir für den Wirtschaftsstandort Deutschland Steuerentlastungen herbeiführen. Nur auf diese Art und Weise wird unser Standort entsprechend gewürdigt.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Lassen Sie mich noch einmal auf das Thema Glaubwürdigkeit zurückkommen. Ich glaube, gerade in diesen Zeiten, die wir erleben – das zeigt ein Blick nach Amerika, aber auch zu unseren Nachbarn –, ist es von ganz essenzieller Bedeutung, dass wir mit dem, was wir als Gesetzgeber beschließen, glaubwürdig bleiben. Glaubwürdigkeit heißt: Wir müssen uns an die Gesetze halten, die wir selber in Kraft setzen. Deswegen sollte die Steuer Ende dieses Jahres aufgehoben werden. Wir haben keinen Grund, diese Steuer zu entfristen, und wir haben keinen Grund, die Unternehmen mit einer zusätzlichen Steuer zu belasten.
Wir wollen keine Steuererhöhungen. Deswegen lehnen wir den Antrag ab.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der Kollege Lothar Binding, SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7030153 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 199 |
Tagesordnungspunkt | Erhalt der Brennelementesteuer |