10.11.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 199 / Tagesordnungspunkt 10

Lothar BindingSPD - Erhalt der Brennelementesteuer

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Damen und Herren! Christian Petry hat schon begründet, warum wir den Antrag für einen sehr guten Sachantrag halten. Die Brennelementesteuer sollte bis zum Ende der Laufzeit aller Atomkraftwerke erhoben werden. Das wäre ohnehin ein relativ geringer Beitrag im Vergleich zu den Ewigkeitskosten, mit denen wir zu rechnen haben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Peter Meiwald [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Für mich wäre es schon deshalb wichtig, die Erhebung der Steuer zu verlängern, weil sie einen Konstruktionsfehler hat. Denn die Befristung lädt doch geradezu dazu ein, sie zu umgehen und den Austausch der Brennstäbe zu verzögern. Offen gestanden würde ich das auch so machen. Wenn ich Konzernchef wäre, würde ich auch nicht sagen: Jetzt tauschen wir die Brennstäbe aus, damit wir schön viel Steuern bezahlen. – Im Gegenteil, ich würde sagen: Das halten wir noch ein bisschen zurück, und wenn dann die steuerfreie Zeit beginnt, dann tauschen wir sie aus. – Alles andere wäre doch verrückt. Man ist schließlich für sein Unternehmen verantwortlich.

Insofern wäre es wichtig gewesen, die Befristung gar nicht erst einzuführen. Das war ein Konstruktionsfehler. Es war in gewisser Weise ein Politikversagen gegenüber den Konzernen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dazu findet sich sehr viel mehr in den persönlichen Erklärungen nach § 31 der Geschäftsordnung, die viele Kolleginnen und Kollegen heute abgegeben haben.

Ich will aber auch etwas Kritisches zu dem Verfahren anmerken, weil Herr Zdebel vorhin ein bisschen vorwurfsvoll argumentiert hat. Denn so gut der Sachantrag ist, so schlecht ist das gewählte Verfahren. Normalerweise wird eine namentliche Abstimmung beantragt, damit die Bürgerinnen und Bürger später sehen können, welcher Kollege oder welche Kollegin für oder gegen etwas war. Das kann man zu Hause nachlesen.

Mit einer namentlichen Abstimmung werden normalerweise Transparenz und Offenheit hergestellt, weil dadurch deutlich wird, wie man sich in der Abstimmung verhält. Es gibt aber auch namentliche Abstimmungen, die beantragt werden, um die Menschen hinter die Fichte zu führen und etwas zu zeigen, was eben nicht der Wahrheit entspricht.

Warum das hier der Fall ist, kann ich relativ leicht erklären. Natürlich halten wir uns an den Koalitionsvertrag. Denken wir einmal zurück: Ich musste hier einer Maut zustimmen. Das fand ich ganz schrecklich. Die Kollegen von der CDU/CSU mussten einem Mindestlohn zustimmen. Das fanden sie ganz schrecklich. Wir haben das aber jeweils gemacht. Denn ohne Vertragstreue ist man nicht regierungsfähig, und wenn man nicht regierungsfähig ist, dann braucht man keine Koalition zu bilden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Insofern versucht man mit der Beantragung einer namentlichen Abstimmung, die Menschen hinters Licht zu führen, die unsere Abläufe nicht kennen. Und es ist gut, dass sie sie nicht alle kennen. Denn sie haben vielleicht einen eigenen Beruf und müssen sich um ihre Arbeit kümmern. Aber dieses Missverhältnis der Erkenntnis wird von der Linken schamlos ausgenutzt. Das halte ich für sehr fragwürdig.

(Beifall bei der SPD)

Stellen wir uns einmal vor, dass die SPD-Fraktion einen Koalitionsvertrag mit der Linken und vielleicht auch mit den Grünen schließt.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Unglaublich! – Heiterkeit bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

– Ich habe nur eine Hypothese aufgestellt. – Nehmen wir einfach an, dass dem so wäre.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Unwahrscheinlich!)

Dann würde jemand in diesem Haus – ich wage mir nicht vorzustellen, wer das sein könnte – den schön formulierten Antrag „Raus aus der NATO“ stellen. Aber in unserem Koalitionsvertrag würde stehen, dass wir in der NATO verbleiben. Schließlich würde die SPD-Fraktion keinen Koalitionsvertrag unterschreiben, wenn in ihm nicht steht, dass Deutschland Mitglied der NATO bleibt. Würde die Linke nun diesen Koalitionsvertrag brechen und dem Antrag einer anderen Fraktion auf Austritt aus der NATO zustimmen? Wärt ihr so unehrlich und vertragsuntreu?

(Zurufe von der CDU/CSU: Ja!)

Dann würde ich euch vorwerfen, dass ihr eure Grundsätze verratet.

(Beifall bei der SPD)

Das wäre bestimmt durch eine namentliche Abstimmung zu dokumentieren, um zu zeigen, dass ihr tatsächlich das Gegenteil macht.

Vielen Dank.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7030158
Wahlperiode 18
Sitzung 199
Tagesordnungspunkt Erhalt der Brennelementesteuer
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