10.11.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 199 / Tagesordnungspunkt 11

Niels AnnenSPD - Bundeswehreinsatz gegen Terrororganisation IS

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Liebe Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich diese Aussprache mit einer Vorbemerkung beginnen. Das Mandat, über das wir heute entscheiden, ist kein Einsatz für die Türkei und erst recht nicht für die türkische Regierung oder ihren Präsidenten, Herrn Erdogan.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE]: Das glaubt ihr doch selber nicht!)

Dieses Mandat dient der Bekämpfung des internationalen Terrorismus, nämlich der Terrormiliz IS. Es dient damit auch unserer eigenen Sicherheit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Ich glaube, dass diese Vorbemerkung angesichts der manchmal ja auch etwas hitzigen Debatte in Deutschland notwendig ist. Ich will deswegen auch daran erinnern, dass wir in diesem Hause vor wenigen Stunden die in der Tat notwendige Debatte über die innenpolitische Situation in der Türkei geführt haben. Ich glaube, dass es die richtige Entscheidung ist, beides getrennt zu diskutieren.

Zur Sache: Wir alle kennen die Bilder und Nachrichten von der aktuellen Situation vor allem im Irak und von der großen Offensive zur Befreiung der Stadt Mosul, die im Moment noch von der Terrormiliz IS gehalten wird. Diese Offensive, aber auch die militärische Entwicklung in den letzten Wochen und Monaten zeigen – das ist vor dem Hintergrund der ganzen Debatte, die uns bedrückt, und in Anbetracht der Bilder, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen, eine gute Nachricht –: Die Terrormiliz IS ist in der Defensive. Aber der Kampf ist noch lange nicht vorbei. Ich glaube, wir alle müssen uns darauf einstellen, dass es eine lange Auseinandersetzung wird, in der es naturgegeben auch Rückschläge geben kann.

Dennoch: Die internationale Koalition, die sich versammelt hat und die heute aus 67 Staaten besteht, hat den richtigen Weg eingeschlagen. Ich hoffe, dass der Bundestag deutlich machen wird, dass sich unser Land, die Bundesrepublik Deutschland, mit den Soldatinnen und Soldaten, die wir entsendet haben, und mit den Fähigkeiten, die wir bereitstellen wollen – die Luftaufklärung, die Luftbetankung, zukünftig ergänzt um das Mandat AWACS –, als Teil dieser Koalition empfindet, dass wir Verantwortung übernehmen und dass wir uns – gerade angesichts der Wahl in den Vereinigten Staaten und der Verunsicherung, die dieses Wahlergebnis ausgelöst hat – als verlässlicher Partner präsentieren wollen. Das ist wichtiger denn je.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir müssen in der Tat über Mosul reden. Es gibt in diesem Krieg bedauerlicherweise viele Auseinandersetzungen, es gibt viele Fronten. Aber Mosul ist eine entscheidende Etappe. Warum? Weil wir, die internationale Staatengemeinschaft, in Mosul aufgrund der Verantwortung, die wir tragen, nicht zulassen würden, dass die irakischen Kräfte dieselben Fehler wiederholen, die sie zum Beispiel in Falludscha gemacht haben. Unser Ziel muss sein, in dem manchmal schwierigen Dialog mit der irakischen Regierung und den Verbündeten dafür zu sorgen, dass es nicht zu einer weiteren Zuspitzung der konfessionellen Konflikte im Irak kommt und dass der Ethnisierung des Konflikts, wenn dies schon nicht ganz gestoppt werden kann, zumindest entgegengewirkt wird.

Die Befreiung Mosuls ist ein wichtiges Ziel. Aber sie darf nicht dazu führen, dass sich die Auseinandersetzung zwischen Sunniten und Schiiten weiter zuspitzt. Deswegen geht es im Moment nicht nur um das Schicksal einer Millionenstadt; es geht möglicherweise um die Zukunft des Irak als souveränen Staat. Deswegen ist es ganz wichtig, dass wir klarmachen: Die Unterstützung dieses Hauses für die Kräfte in der Region, gerade im Irak, die sich dafür einsetzen, dass dieses Land in Zukunft Heimat bietet für alle ethnischen Gruppen, für alle Minderheiten, für alle religiösen Gruppen – das muss die Grundlage unseres Handelns sein.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, möchte ich mich bei Außenminister Steinmeier für seine Initiative bedanken, die er mit der Unterstützung dieses Hauses auf den Weg gebracht hat. Ich kenne kein anderes europäisches Land, das sich in den letzten Wochen und Monaten so dafür eingesetzt hat, dass die Abfederung der schon heute sichtbaren Konsequenzen dieser Offensive – steigende Flüchtlingszahlen und menschliche Dramen, die sich dort abspielen – gelingt. Wir leisten dort einen humanitären Beitrag. Schon bei der Vorbereitung dieser Operation haben wir mitgeholfen, dass Flüchtlingseinrichtungen aufgebaut wurden und dass Mittel dafür bereitstehen, dass die befreiten Gebiete Wasser haben, dass es eine Gesundheitsversorgung gibt und dass die Infrastruktur wiederaufgebaut wird.

Ich weiß natürlich: Die Voraussetzung dafür ist, dass zum Beispiel die mit der irakischen Armee verbündeten schiitischen Milizen, die sich in den letzten Jahren auch schwerer Verbrechen schuldig gemacht haben, eben nicht sunnitisches Gebiet dominieren und besetzen. Aber in dem Augenblick, in dem das gelingt, müssen wir als internationale Gemeinschaft da sein und einspringen. Deswegen ist diese Initiative wirklich ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Ich glaube, er zeigt auch, dass das, was wir hier vor uns haben, weit mehr ist als eine rein militärische Operation. Es ist ein Beitrag zur Stabilisierung einer Region, deren Kernkonflikt wir hier in Europa nicht lösen können. Es ist ein Konflikt, zu dessen Lösung wir aber beitragen können. Und wir tragen zu einer Verbesserung der humanitären Situation und zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus bei, aber – ich will das am Ende noch einmal sagen, weil wir die Anschläge in Europa erlebt haben – wir tragen auch zu unserer eigenen Sicherheit bei.

Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, können Sie, glaube ich, mit gutem Gewissen zustimmen. Ich bitte jedenfalls um die Mandatierung.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Für die Fraktion Die Linke spricht jetzt der Kollege Dr. Alexander Neu.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7030167
Wahlperiode 18
Sitzung 199
Tagesordnungspunkt Bundeswehreinsatz gegen Terrororganisation IS
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