Karl-Heinz BrunnerSPD - Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts
Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank an die Zuhörerinnen und Zuhörer, die heute zu dieser späten Stunde zu diesem Tagesordnungspunkt noch anwesend sind,
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bitte!)
der mir wichtig ist und den hier Anwesenden sicherlich ebenso. Als ich mich auf die heutige Rede vorbereitete, fragte ich mich: Was soll ich sagen? Wir haben ja die Gesetzentwürfe von Bündnis 90/Die Grünen und den Linken im Ausschuss immer wieder abgesetzt. Wir haben sie vertagt, obwohl das Thema für uns, für die SPD und für mich im Besonderen eine Herzensangelegenheit ist.
(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Das hat man gemerkt!)
Ich erinnere mich noch sehr genau – die Kolleginnen und Kollegen, die dabei waren, auch –, wie Abgeordnete und Vertreterinnen und Vertreter des LSVD am 25. September vergangenen Jahres vor dem Bundesrat standen, um den Beschluss zur Ehe für alle zu unterstützen. Ich war mir damals nicht sicher, jedoch hoffte ich, dass der Entwurf, den ich im vollen Umfang für gut erachte, schnell in die parlamentarischen Beratungen einfließt und im Ergebnis umgesetzt wird. Doch seither diskutieren wir nur. Wir sind zwar bei der Rehabilitation der nach § 175 StGB verurteilten Männer, einem Schandparagrafen dieses Landes, nunmehr auf einem guten Weg, doch bei der Ehe für alle sind wir noch keinen Schritt weitergekommen.
Es hilft auch nicht, immer wieder mit neuen Anträgen oder Gesetzentwürfen der Oppositionsparteien konfrontiert zu werden.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn das für ein Demokratieverständnis? Wir werden doch wohl Anträge stellen können!)
Denn der Bundesratsentwurf ist gut. Es ist ein guter Entwurf – eigentlich ein guter Wurf –, weil er die Realität in Deutschland widerspiegelt. Er rückt den Menschen ins Zentrum, keine Gruppe, keine Minderheit, keine Mehrheit, sondern Menschen. Der Entwurf erneuert Grundprinzipien unserer Solidargemeinschaft, nämlich füreinander einzustehen, einander zu respektieren, einfach da zu sein. Das ist toll und muss für uns alle gelten.
Doch leider gibt es immer noch Strömungen in unserer Gesellschaft, die diese Grundprinzipien nur für eine Gruppe reklamieren wollen: nur für die Heteros. Dadurch kommt es dann zu so etwas wie dem, was am 4. November auf dem CSU-Parteitag passiert ist. Das Grundsatzprogramm der CSU ist ein Scherz, oder? Wäre es nicht November, hätte ich es als Aprilscherz durchgehen lassen. Die Ehe von Mann und Frau wollen Sie vor Relativierungsversuchen schützen. Niemand relativiert hier etwas. Aber eine eingetragene Lebenspartnerschaft wird durch Ihren Vorschlag dauerhaft diskriminiert. Dann die Härte in dem Programm: Es ist von Ideologie, Gender-Ideologie die Rede. Wo ist sie denn im Umgang mit der deutschen Sprache gelandet? Das Wort „Ideologie“ benutzen meines Wissens nur diejenigen, die selbst Ideologen sind. Ich traue Ihnen ja vieles zu, aber das dachte ich eigentlich nicht von Ihnen.
(Beifall bei der SPD)
Sie verteidigen Geschlechterrollen, nicht moralische Prinzipien. Sie verteidigen nicht das, was zusammenhält, also Liebe und Fürsorge. Sie lassen sich nicht an die Beziehung von Mann und Frau binden. Sie sind ein hohes Gut in unserer Gesellschaft, nämlich das Gut, dass Menschen füreinander sorgen. Kapieren Sie doch endlich, dass Sie die Ehe für alle nicht aufhalten können, dass Sie zu einem Lager der Scheinheiligen gehören, wenn Sie die Ehe weiterhin nur für Mann und Frau vorsehen.
Ich möchte, dass das natürliche Recht des Menschen auf gleiche Würde und gleiche Behandlung endlich gleichrangig für alle in Deutschland gilt.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich möchte ein Gesetz, das Rechte nicht nach Gruppen unterscheidet, das nicht separiert. Ich möchte ein Gesetz, das die Gesellschaft draußen schon lange formuliert hat. Wir müssten es eigentlich nur noch abtippen und veröffentlichen: Gleiches Recht, gleiche Pflichten, Ehe für alle. Ich finde, dass der Bundesrat mit seinem Entwurf genau ins Schwarze getroffen hat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, wir sollten uns endlich zusammenraufen, das Thema abräumen und nicht über Wochen, Monate und Jahre zetern. Lassen Sie uns dieses Kapitel mit Würde beenden, und zwar mit der Ehe für alle!
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit und einen schönen Abend.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Der Kollege Harald Petzold spricht jetzt für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN – Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Sag mal was zur Herzensangelegenheit der SPD!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7030317 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 199 |
Tagesordnungspunkt | Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts |