Alexander HoffmannCDU/CSU - Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts
Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin, auch von mir einen herzlichen Glückwunsch zu Ihrer ersten Rede, zu einer Rede zu einem schwierigen Thema, zu einem Thema, das mit Emotionen behaftet ist.
Wir haben dieses Thema schon mehrmals besprochen. Kollege Petzold, ich will mich bei Ihnen ausdrücklich dafür bedanken, dass es heute gelungen ist, dass wir dieses Thema sehr sachlich ansprechen. Ich will schon in Erinnerung rufen, wie dieses Thema in der Vergangenheit diskutiert worden ist: oftmals mit sehr vielen Emotionen.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht ja auch um die Ehe! Da muss ja Emotion dabei sein!)
Am Ende ging es oftmals um Toleranz, um das Grundgesetz. An mancher Stelle zeichneten sich diese Diskussionen gerade durch sehr wenig Toleranz gegenüber der Meinung des anderen aus. Es wurden von Ihnen, Frau Künast, und auch von Herrn Beck immer wieder zwei Lager gebildet: Das eine, das sind die, die für die Ehe für alle stehen, und die anderen sind einfach nur die Homophoben.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe Sie in diesem Zusammenhang nie als homophob bezeichnet! Zeigen Sie mir die Rede, wo ich das gesagt habe! – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann habe ich das gesagt?)
– Weil Sie gerade hereinrufen, Kollege Beck: Ich wollte es gar nicht vertiefen; aber Sie haben im Zusammenhang mit dieser Debatte schon den Begriff der Volksverhetzung verwendet. Der Kollege Kahrs benutzte einmal den Begriff „Vollpfosten“. Nur deswegen habe ich mich bemüßigt gefühlt, das anzusprechen. Lassen Sie es doch einfach einmal so stehen.
Die Debatte leidet vor allem immer wieder darunter – das ist der zweite Punkt, den ich heute ansprechen möchte –, dass der Eindruck erweckt wird, Deutschland sei in Sachen Gleichstellung Schlusslicht.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, in Russland ist es schlechter! Im Iran auch!)
Kollege Beck, Sie haben jetzt Mexiko genannt. Sie haben Brasilien genannt. Sie haben die USA genannt. Es wird der Eindruck erweckt, Deutschland sei ein Hinterwälderland in Sachen Gleichstellung.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, sind wir auch! Im westeuropäischen Vergleich ist es so!)
– Jetzt haben Sie gerade den Zuruf gemacht: „Ja, sind wir auch.“ – Bei genauer Betrachtung wird klar, dass Sie sich letztendlich eigentlich nur um eine oberflächliche Betrachtung kümmern. Es geht Ihnen schlussendlich nur um ein Etikett.
Zu den Ländern, die Sie genannt haben – USA, Mexiko, Brasilien –, muss ich Ihnen Folgendes mitteilen: In den USA hat der Supreme Court 2015 die Ehe für alle eingeführt. Das ist das Etikett. Was dahintersteht, ist die Realität, dass heute noch mehr als die Hälfte aller Bundesstaaten keine arbeitsrechtlichen Vorschriften zum Schutz Homosexueller vor Diskriminierung hat. In Mexiko gibt es die Ehe für alle seit 2006. Nach Umfragen lehnen dort 63 Prozent der Bevölkerung homosexuelle Partnerschaften ab. In Brasilien ist die Entwicklung ganz schlimm. Auch dort stimmt nur das Etikett. Dort gibt es die Ehe für alle seit 2013. Im Jahr 2003 gab es dort 126 Morde an homosexuellen Menschen und im Jahr 2013 schreckliche 260 Morde. In den letzten fünf Jahren ist dort die Rate um 113 Prozent gestiegen. Deswegen traue ich mich, mich hierhinzustellen und zu sagen: Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns uns doch nicht nur um die Oberfläche kümmern, nicht nur um das Etikett; denn entscheidend ist das, was drin ist.
Ich sage Ihnen ganz ehrlich, Kollege Beck: Immer wenn Sie das sagen, was Sie gerade gesagt haben, ärgere ich mich, weil dabei vollkommen unter den Tisch gekehrt wird, was politische Parteien in Deutschland, was Bundesregierungen und was auch die deutsche Gesellschaft für die Gleichstellung in diesem Land schon getan haben.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir haben am 28. September 2015 eine Anhörung gehabt – es ist schon angeklungen –, bei der sehr gut herausgearbeitet worden ist, dass es zur Vermeidung einer Diskriminierung eben nicht erforderlich ist, hier den Ehebegriff zu verwenden. Das sollten Sie, lieber Kollege Brunner, auch nicht mit dem Beschluss des Parteitags der CSU verwechseln. Da ging es vor allem darum, mit dem Begriff „verheiratet“ die personenstandsrechtliche Diskriminierung zu beseitigen. Das festzustellen, ist mir wichtig. Sie sehen: Auch bei der CSU gibt es einen sehr sachlichen und gewissenhaften Umgang mit diesem Thema. Da ist einfach meine Bitte, das nicht unter den Tisch fallen zu lassen.
Auch Sie haben immer von „Gleichstellung“ gesprochen. Da ging es ja nie um die Einführung desselben Begriffs, vielmehr haben Sie mit dem Begriff der Gleichstellung immer schon zu verstehen gegeben: Es sind zwei unterschiedliche Paar Schuhe, die letztendlich gleichbehandelt werden sollten.
Kollege Beck, ich muss Ihnen widersprechen: Das gesellschaftliche Verständnis der Ehe hat sich doch nicht gewandelt. Die Ehe ist heute noch mit Abstand die Form für das persönliche Zusammenleben von Menschen, die am meisten gewählt wird.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zwei Drittel sind für die Öffnung der Ehe!)
70 Prozent aller Kinder werden in Ehen groß.
Zu diesem Thema hat kürzlich ein sehr kluger Mann etwas geschrieben. Kollege Beck, hören Sie zu! Es ging um die moderne Lebensgestaltung. Diese Person schreibt – ich werde den Namen gleich nennen –:
Es geht darum, dass jeder nach seiner Fasson leben kann, und nicht darum, traditionelle Lebensformen abzuwerten oder die Individualisierung ins Extrem zu treiben. Individualismus darf nicht zum Egoismus werden, sonst wird gesellschaftlicher Zusammenhalt unmöglich. So ist und bleibt die klassische Ehe die bevorzugte Lebensform der meisten Menschen – und das ist auch gut so.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat das gesagt, das Zitat?)
Herr Kollege Hoffmann, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage, was Ihre Redezeit verlängern könnte?
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dafür hat er das ja auch zitiert! – Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Erst den Namen!)
Mit großem Vergnügen, Herr Präsident. Unbedingt.
Würden Sie zur Kenntnis nehmen, dass der Autor dieser Zeilen der Initiator des vorliegenden Bundesratsgesetzentwurfs ist?
Ja, natürlich, sehr gerne. Genau deswegen habe ich diese Zeilen vorgelesen. Ich bin damit noch gar nicht am Ende. – Es ist der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)
Aber ich sage Ihnen, dass genau dieses Zitat von ihm letztendlich die Botschaft transportiert, die auch uns als Union beschäftigt.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann können Sie ja wohl im Bundesrat sehr wohl zustimmen!)
Deswegen ist es zu kurz gesprungen, wenn Sie das in zwei Lager einteilen.
Ich möchte zum Schluss kommen. Das ist der fünfte Punkt, den ich ansprechen möchte. In meinen Augen – diese Meinung werden Sie mir nicht nehmen – sollten wir jetzt nicht darüber diskutieren, dass wir unterschiedliche Dinge am Schluss gleich bezeichnen. Es gibt einen Unterschied zwischen der Ehe und der gleichgeschlechtlichen Partnerschaft.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Worin besteht der?)
Das ist nicht die Verbindlichkeit, das ist nicht die Fähigkeit, zum Beispiel einem Kind eine Heimat, ein gutes Zuhause zu geben, sondern der Unterschied ist, dass aus einer Ehe Kinder hervorgehen können.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7030326 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 199 |
Tagesordnungspunkt | Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts |