Ute BertramCDU/CSU - Psychiatrische und psychosomatische Leistungen
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beschließen heute zu später Stunde den Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Versorgung und der Vergütung für psychiatrische und psychosomatische Leistungen, das wir auch unter dem Kürzel PsychVVG kennen. Wie so viele Gesetze hat auch dieses Gesetz einen reichlich sperrigen Titel. Jedenfalls ist er nicht so peppig wie PEPP.
Dieser Gesetzentwurf ist aber sehr ambitioniert und hat eine lange Entstehungsgeschichte. Während PEPP das alte Vergütungssystem mit seinen intransparenten Budgets zugunsten eines durchgängigen, leistungsorientierten und pauschalierenden Vergütungssystems auf der Grundlage von tagesbezogenen Entgelten ablösen sollte, kommt mit dem PsychVVG nun eine Regelung, die beide Systeme kombiniert. Man könnte, wie ich finde, auch sagen: Es kommt einer Quadratur des Kreises gleich.
Zur Geschichte dieses Gesetzentwurfs gehört auch das Eckpunktepapier aus dem sogenannten strukturierten Dialog, den die Bundesregierung und die Regierungskoalition mit den Berufsverbänden und den Partnern des Gesundheitswesens 2015 und Anfang dieses Jahres geführt haben. Es hat sich gelohnt.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Der Gesetzentwurf findet die weit überwiegende Zustimmung der Beteiligten und der Betroffenen. Das hat Seltenheitswert, gerade im Gesundheitswesen. Dieser Konsens mit denjenigen, die das Gesetz betrifft, ist politisch ein Wert an sich.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Ich möchte es deshalb nicht versäumen, den ganz persönlichen Einsatz von Bundesminister Hermann Gröhe hervorzuheben und ihm und seinem Haus sehr herzlich zu danken.
(Beifall bei der CDU/CSU)
An dem mit PEPP verfolgten Ziel, die Vergütung für psychiatrische und psychosomatische Krankenhäuser leistungsorientiert und mit der verbesserten Transparenz über das Leistungsgeschehen in diesen Einrichtungen auszugestalten, halten wir mit dem PsychVVG fest. Doch die bislang vorgesehene schematische Konvergenz zu landeseinheitlichen Preisen entfällt. Stattdessen stärken wir die Verhandlungskompetenz der Vertragsparteien vor Ort.
In Abkehr von PEPP wird das Entgeltsystem, das die Vertragsparteien auf Bundesebene ausgehandelt haben, nun als Budgetsystem ausgestaltet. Die bislang vorgesehene Anwendung als Preissystem wird aufgegeben. Wir erwarten von diesem Entgeltsystem, dass es leistungsorientierte Budgetvereinbarungen ermöglicht. Zusätzlich erwarten wir mehr Transparenz über das Leistungsgeschehen. Die Kalkulation des Entgeltsystems und seiner bundeseinheitlichen Entgelte erfolgt weiterhin auf der Grundlage empirischer Daten unter Verwendung der Kostendaten der Kalkulationshäuser. Deren bisherige Arbeit war somit nicht umsonst.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Mit Unterstützung dieses bundesweit und empirisch kalkulierten Entgeltsystems wird das Budget der einzelnen Einrichtung vereinbart. Hierbei werden regionale und strukturelle Besonderheiten in der Leistungserbringung berücksichtigt.
Einen besonders hervorzuhebenden Baustein für die Budgetfestsetzung bilden die Personalkosten, was bei der Psychotherapie als der „sprechenden Medizin“ allerdings auch naheliegt. Von 2017 bis Ende 2019 wird die Psychiatrie-Personalverordnung scharf gestellt und ab 2020 durch verbindliche Mindestvorgaben abgelöst, die der G-BA im Rahmen der Richtlinien zur Qualitätssicherung festlegt. In Verbindung damit ist zu sehen, dass die Einrichtungen gegenüber den Kassen und auch gegenüber dem Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus, dem InEK, die tatsächlich entstandenen Personalkosten und die besetzten Stellen nachzuweisen haben.
Im Koalitionsvertrag ist vereinbart worden, dass das Entgeltsystem auch die sektorenübergreifende Behandlung fördern muss. Mit dem PsychVVG wird nun die Möglichkeit eröffnet, dass psychiatrische Krankenhäuser mit regionaler Versorgungsverpflichtung und Allgemeinkrankenhäuser mit selbstständigen psychiatrischen Abteilungen unter bestimmten Voraussetzungen eine, wie es im Gesetzestext heißt, „stationsäquivalente psychiatrische Behandlung“ durchführen können. In Fachkreisen ist dies besser unter dem Begriff „Home Treatment“ bekannt. Eine sektorenübergreifende Behandlung im eigentlichen Sinne ist das Home Treatment nicht. Es ist ein Einstieg der vorsichtigen Art.
Im Rahmen der parlamentarischen Beratungen haben wir immerhin zwei Bremsklötze gelöst, indem wir die Erfordernisse einer akuten Krankheitsphase und eines kompensatorischen Bettenabbaus gestrichen haben.
Das PsychVVG hat sich im Laufe der Beratungen außerdem zu einem Omnibusgesetz entwickelt. Dazu wird es noch weitere Ausführungen meines Kollegen Reiner Meier geben. Ich empfehle, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen.
Nur ganz kurz zum Entschließungsantrag der Grünen: Ich glaube, wir haben einige der Forderungen, die in Ihrem Antrag enthalten sind, umgesetzt. Die Schiedsstelle für Soziotherapie und auch der Nachweis der Personalstandards seien angeführt. Insofern ist es aus meiner Sicht unberechtigt, diesem Gesetzentwurf jetzt Unzulänglichkeit zu bescheinigen. Daher lehnen wir Ihren Antrag ab.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Das Wort hat der Kollege Harald Weinberg für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7030348 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 199 |
Tagesordnungspunkt | Psychiatrische und psychosomatische Leistungen |