11.11.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 200 / Tagesordnungspunkt 37

Cemile GiousoufCDU/CSU - 6. Bericht Bildung in Deutschland 2016

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da jetzt viel gesagt worden ist, was, ich will nicht sagen: am Thema vorbeigeht, aber was ein wenig den Blick vom Bildungsbericht abgelenkt hat, möchte ich gern auf den Kern der heutigen Debatte zurückkommen

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zunächst mal den Bericht lesen!)

und die Reden meiner Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, in denen sie viele Dinge kritisiert haben, die in die Zuständigkeit der Länder fallen, so deuten, dass der Bund eben seine Hausaufgaben gemacht hat.

(Beifall bei der CDU/CSU – Albert Rupprecht [CDU/CSU]: Übererfüllt! – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was sagt Herr Jung dazu?)

Uns liegt ein guter Bericht vor. Deshalb erlauben Sie mir, kurz die guten Ergebnisse und Fakten zusammenzufassen. Die Ausgaben für Bildung, Forschung und Wissenschaft sind im Jahr 2013 auf 257,4 Milliarden Euro und nach vorläufigen Berechnungen auf 265,5 Milliarden Euro im Jahr 2014 gestiegen. Das sind jeweils 9,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes.

Das Ergebnis: Der Bildungsstand der Bevölkerung hat sich in den letzten Jahren deutlich verbessert. Bei den Abschlussquoten an Schulen bleibt der Trend zu höheren Schulabschlüssen ungebrochen.

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stimmt gar nicht!)

Im Jahr 2014 erhielten 41 Prozent der Schülerinnen und Schüler an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen die allgemeine Hochschulreife. 2006 waren es noch 29,6 Prozent der gleichaltrigen Bevölkerung. Der Anteil der Schülerinnen bzw. Schüler ohne Hauptschulabschluss hat sich von 8 Prozent in 2006 auf 5,8 Prozent in 2014 reduziert. Wir sind linker Schwarzmalerei zum Trotz auf einem sehr guten Weg,

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wollten die Zahl halbieren! – Dr. Rosemarie Hein [DIE LINKE]: Das ist auch Ländersache!)

nicht zuletzt dank der guten Arbeit unserer Ministerin und ihres Hauses.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Bildungsbeteiligung und der Bildungserfolg von Menschen mit Migrationshintergrund haben sich verbessert. Mehr unter Dreijährige mit Einwanderungsgeschichte besuchen Betreuungsangebote.

(Dr. Rosemarie Hein [DIE LINKE]: Ländersache!)

Das ist eine Verdoppelung seit 2009 auf 22 Prozent. Das resultiert aus der Tatsache, dass wir Dinge, die Ländersache sind, mit unterstützen.

(Dr. Rosemarie Hein [DIE LINKE]: Sie nennen nur die positiven Ergebnisse, die Ihnen gefallen! – Zuruf des Abg. Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Es stellt sich nur die Frage, warum Sie die positiven Ergebnisse der Bundesebene nicht anerkennen. Die Bildungsbeteiligung von Kindern mit Migrationshintergrund im Kindergartenalter liegt 2015 sogar bei 90 Prozent. Darüber hinaus haben sich sowohl im Grundschul- als auch im Sekundarbereich die Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler mit Zuwanderungsgeschichte verbessert.

Die Rede unserer Ministerin hat gerade sehr deutlich gemacht, dass sich das integrationspolitische Schlüsselministerium dieser Aufgabe nicht nur im aktuellen Kontext stellt; bereits seit vielen Jahren setzt die unionsgeführte Bundesregierung bei der Integration auf den Bildungsbereich. Für uns ist kulturelle Vielfalt eine Bereicherung. Das müssen wir uns von den Linken bestimmt nicht erklären lassen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Rosemarie Hein [DIE LINKE]: Ich denke schon!)

Dennoch dürfen wir uns nicht auf unseren Erfolgen ausruhen. Da sind wir uns auch alle einig; denn dieser Bericht zeigt eben auch, dass immer noch ein Zusammenhang von sozioökonomischem Status und schulischer Bildung besteht.

(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Ach was!)

Ich glaube, es ist ein Unterschied – da bin ich nicht Ihrer Meinung, Herr Kollege Heil –, ob Kinder aus einem Akademikerhaushalt stammen oder ob sie ausländische Wurzeln haben. Letztere sind benachteiligt. Die Zahlen des Berichts zeigen, dass ausländische Kinder mehr als doppelt so häufig die Schule ohne Hauptschulabschluss verlassen. Sie erreichen dreimal seltener die Hochschulreife.

(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Aber es geht um konkrete Lebenslagen!)

Bei den Drei- bis Fünfjährigen haben insbesondere Kinder aus Elternhäusern mit niedrigem Schulabschluss sowie mit nichtdeutscher Muttersprache Sprachförderbedarf. Der Anteil liegt bei jeweils 39 Prozent. Auch in der Berufsausbildung ist die Abbruchquote 50 Prozent höher als die der Deutschen. Bei der dualen Ausbildung liegt der Anteil der Lehrlinge mit Migrationshintergrund mittlerweile bei 24 Prozent. Hier gibt es laut dem Bericht aber starke regionale Unterschiede. Ministerin Wanka ist darauf eingegangen.

Durch die starke Zuwanderung im vergangenen Jahr steht das deutsche Bildungssystem nach Ansicht der Forscher vor zusätzlichen Herausforderungen. Für die Integration der im Jahr 2015 Zugewanderten fallen der Studie zufolge jährlich zusätzliche Kosten von 2,2 bis 3 Milliarden Euro an. Aber diese Ausgaben werden sich lohnen. Auch wenn dies nicht kurzfristig der Fall sein sollte, so zeigt sich doch immer wieder in der Bildungspolitik: Wir müssen langfristig investieren. Wir werden sehen – auch das sagen die Forscher; auch wenn es bei ihnen unterschiedliche Einschätzungen gibt –, dass sich eine nachhaltige Bildungspolitik natürlich auch bei denjenigen, die neu zu uns kommen und Asyl suchen, mittel- und langfristig auszahlen wird.

Wir müssen die Weichen stellen. Hier müssen wir ansetzen und weiter daran arbeiten.

Auf dem Weg dorthin – das möchte ich noch einmal betonen – haben wir viel geschafft. Als Berichterstatterin für die Begabtenförderung bin ich hier in besonderer Weise involviert. Die Begabtenförderwerke und Stiftungen machen es sich mehr und mehr zur Aufgabe, auch jungen Erwachsenen aus weniger gut betuchten Familien die Möglichkeit eines Stipendiums zu geben. Jeder hat in Deutschland die Möglichkeit, ungeachtet seines sozialökonomischen Status eine qualitativ hochwertige Ausbildung zu erhalten.

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hier widersprechen Sie sich aber!)

Nehmen wir exemplarisch das BMBF-Förderprogramm „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung“. Wir werden bald im Hohen Hause einen Antrag zur kulturellen Bildung für Geflüchtete diskutieren. Derzeit profitieren von dem Programm 300 000 bildungsbenachteiligte Kinder und Jugendliche. Eine Zwischenbegutachtung des Programms ergab, dass 92 Prozent der Bündnisse Kinder und Jugendliche erreichen, die ansonsten nicht an Angeboten der kulturellen Bildung teilgenommen hätten.

Das BMBF hat nunmehr auch zusätzliche Angebote für junge Flüchtlinge im Programm. So können junge Menschen beispielsweise auch in meinem Wahlkreis im Emil Schumacher Museum in Hagen die Kraft der Kunst und Bilder kennenlernen. Kinder und Jugendliche werden in Workshops aktiv an kulturelle Bildung herangeführt.

(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Besser als das Betreuungsgeld!)

Von 2013 bis 2017 stellt der Bund insgesamt bis zu 230 Millionen Euro für das Programm bereit. On top werden im Rahmen von „Kultur macht stark Plus“ Maßnahmen der kulturellen Bildung für geflüchtete junge Erwachsene bis einschließlich 26 Jahre angeboten.

Zum Ende meiner Rede möchte ich noch einmal auf das Instrument des Anerkennungsgesetzes hinweisen. Auch da bin ich gemeinsam mit meinem Kollegen Diaby dabei, die Bedingungen und Möglichkeiten des Anerkennungsgesetzes weiter auszuschöpfen. Die Anerkennung von Abschlüssen ist ein wichtiges Instrument, um Menschen das Ankommen in unserem Land zu erleichtern.

Wir haben – das möchte ich abschließend sagen – bisher deutlich gemacht, dass Deutschland jedem diese Chancen geben will. Wir werden trotz aller polarisierenden, populistischen und auch politischen Entwicklungen weiter daran arbeiten. Wir können eine Gesellschaft schaffen, in der es eben nicht zählt, ob man aus einem Akademikerhaushalt kommt oder nicht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Hubertus Heil [Peine] [SPD])

Der Kollege Dr. Karamba Diaby spricht jetzt für die SPD.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Michaela Noll [CDU/CSU])


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7030438
Wahlperiode 18
Sitzung 200
Tagesordnungspunkt 6. Bericht Bildung in Deutschland 2016
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