22.11.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 201 / Tagesordnungspunkt I.4

Eckhardt RehbergCDU/CSU - Finanzen, Bundesrechnungshof

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Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Lötzsch, wenn Sie die Politik der Großen Koaliton als Ursache des Erfolges der AfD sehen, dann müssen Sie mir einmal erklären, warum die Linke am 4. September in Mecklenburg-Vorpommern bei der Landtagswahl die größten Verluste gehabt hat.

(Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Sie haben ein Minus von 17 Prozent bekommen!)

– Sie haben 5 Prozent verloren und in Mecklenburg-Vorpommern die größten Verluste erlitten. Deswegen würde ich mir erst einmal an die eigene Nase fassen, bevor ich Schuldzuweisungen an andere vornehme.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: 17 Prozent in MV!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die schwarze Null ist Generationengerechtigkeit. Das ist Basis für eine gute Politik. Wir sind 2010 mit 86 Milliarden Euro Schuldenneuaufnahme gestartet. 2014 hatten wir zum ersten Mal im Ist einen ausgeglichenen Haushalt. Und jetzt haben wir den dritten Haushalt in Folge, bei dem wir keine neuen Schulden aufnehmen.

Diese Politik hat dazu geführt, dass wir ohne neue Schulden mit 36 Milliarden Euro bzw. 11 Prozent die höchste Investitionsquote der letzten 15 Jahre haben. Sie hat dazu geführt, dass wir die Herausforderungen beim Thema „Flüchtlinge und Fluchtursachenbekämpfung“ ohne neue Schulden bewältigen können. Diese Politik hat auch dazu geführt, dass wir mit 52 Prozent seit Generationen bzw. Jahrzehnten die höchste Sozialquote im Bundeshaushalt haben. Deswegen ist die schwarze Null kein Selbstzweck an sich, sondern sie ist Basis für solide Politik sowie für Generationengerechtigkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir senden zwei Signale. Einmal haben wir in der Bereinigungssitzung vereinbart, dass der über 2,5 Milliarden Euro hinausgehende Betrag des Bundesbankgewinnes wieder zur Tilgung eingesetzt wird. Wir gehen Stück für Stück auf einen Schuldenstand von 60 Prozent zu. Aktuell sind wir bei 63,5 Prozent.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen keine Belehrung der EU-Kommission. Deutschland zeigt, dass man mit stabiler Haushaltspolitik die soziale Balance halten und auch investieren kann. Deswegen ist es grundsätzlich falsch, wenn die EU-Kommission meint, dass man über Schulden Investitionen bzw. Haushalte finanzieren könne. Wohin das geführt hat, haben wir in der Euro-Krise zu Beginn dieses Jahrzehnts deutlich gesehen. Deswegen ist der deutsche Weg der richtige und der, den die EU-Kommission vorschlägt, der falsche.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir haben doch gar nicht mehr das Problem, dass nicht genug Geld für Investitionen bereitsteht. Wir haben doch eher das Problem, dass wir in vielen Bereichen das Geld, das für Investitionen bereitsteht, gar nicht mehr umgesetzt bekommen, weil unser Planungs- und Baurecht viel zu kompliziert ist, weil unsere Standards zu hoch sind. Bei den Kommunen fehlen Planungskapazitäten. Von den 3,5 Milliarden Euro an Kommunalinvestitionen sind gerade einmal 50 Millionen Euro abgeflossen und gerade einmal 1,8 Milliarden Euro gebunden.

Wir mussten dieses Programm um zwei Jahre nach hinten schieben. Bei den Kitainvestitionen gab es eine Verlängerung um ein Jahr. Wir haben, obwohl im Verkehrshaushalt genug Geld vorhanden ist, Mühe, das Geld bei den Straßen, der Schiene und den Wasserstraßen umzusetzen. Mittlerweile sind wir so weit, dass jedes Straßenneubauprojekt, das baurechtlich genehmigt ist, ausfinanziert werden kann. Hierzu kann ich nur sagen: 36 Milliarden Euro und eine Investitionsquote von 11 Prozent sprechen eine deutliche Sprache. Der Bildungs- und Forschungsetat ist verdoppelt worden. Deswegen kann ich nur sagen: Die schwarze Null ist auch Basis für Zukunftsinvestitionen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Zur Zukunft gehört für mich – im Gegensatz zu Ihnen von den Linken – auch das Thema Sicherheit. Wir verstärken die Finanzmittel bzw. die Personalstellen im Bereich der inneren Sicherheit massiv. Es gibt bei der Bundespolizei in den nächsten Jahren einen Aufwuchs um über 7 000 Stellen. Ich erwarte ganz einfach, dass innere Sicherheit auch bei den Ländern – bei allen 16 Bundesländern – wieder Priorität bekommt. Es reicht nicht aus, dass der Bund die Bundespolizei um über 7 000 Stellen aufwachsen lässt. Nein, auch die Länder müssen ihre Defizite beheben. Die innere Sicherheit muss eine gesamtstaatliche Aufgabe sein.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht wegen der Wahl in Amerika, sondern schon weit vorher haben diese Koalition und diese Bundesregierung entschieden, den Verteidigungshaushalt massiv aufwachsen zu lassen. Auf uns werden weitere Anforderungen zukommen, und diesen werden wir gerecht. Wir werden in den nächsten Jahren 20 Milliarden Euro mehr für Verteidigung ausgeben, damit Deutschland seinen Aufgaben in Europa und in der Welt nachkommen kann.

Wir haben heute Morgen beschlossen, dass in den nächsten drei Jahren über 17 Milliarden Euro zur Bewältigung der Flüchtlingskosten an die Länder und Kommunen fließen. Was ich hier schon für ein Stück aus dem politischen Tollhaus halte, ist das, was der nordrhein-westfälische Finanzminister, Herr Walter-Borjans, in der letzten Woche in Nordrhein-Westfalen getan hat. Er hat die 434 Millionen Euro, den Anteil Nordrhein-Westfalens an der Integrationspauschale in Höhe von 2 Milliarden Euro, als verbesserte Steuereinnahmen deklariert. Ich kann dem Landesfinanzminister von Nordrhein-Westfalen, Herrn Walter-Borjans, nur ins Stammbuch schreiben: Dieses Geld ist dazu da, damit die Kommunen nicht auf ihren Kosten sitzen bleiben, und nicht zur Sanierung des Landeshaushaltes.

(Beifall bei der CDU/CSU – Volker Kauder [CDU/CSU], an den Abg. Thomas Oppermann [SPD] gewandt: Thomas, wir wollen doch die Kommunen entlasten! – Zuruf von der SPD: Sachsen auch!)

Deswegen ist es umso wichtiger, dass die Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern über die sogenannte B-Liste zum Bund-Länder-Finanzausgleich erfüllt werden. Ich denke hier an die Änderung der Artikel 104b und 114 des Grundgesetzes. Der Bund muss wieder mitbestimmen, was mit dem Geld des Bundes gemacht wird, und der Bundesrechnungshof muss nicht nur im Einvernehmen mit den Landesrechnungshöfen, sondern im Benehmen wieder prüfen dürfen.

Ich halte das für wesentliche Punkte, wenn ich alleine daran denke, dass wir heute Morgen beschlossen haben, in den nächsten drei Jahren über 17 Milliarden Euro als Entlastung in Richtung Länder und Kommunen „rüberzuschieben“.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: „Rüberzuschieben“!)

– Ja, man kann „rüberzuschieben“ sagen, lieber Volker Kauder.

Der Bundesrechnungshof hat festgestellt, dass jeder fünfte Euro aus dem Bundeshaushalt – 71 Milliarden Euro – im kommenden Jahr Finanzleistungen bzw. Finanzhilfen für Länder und Kommunen sind, und zwar für Dinge, für die der Bund eigentlich nicht zuständig ist. Das heißt, mit jedem fünften Euro entlasten wir die kommunalen und die Länderhaushalte. Das hat es in der Geschichte der Bundesrepublik in dieser Art und Weise noch nicht gegeben.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Die gute finanzielle Situation hat sicher etwas mit den niedrigen Zinsen zu tun. Sie hat aber auch etwas mit der guten wirtschaftlichen Entwicklung zu tun. Die Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Kommunen wachsen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir leben in einer unsicheren Zeit: die Wahl in den USA, der Brexit, die Möglichkeit eines Zinsanstiegs. Die Sozialquote in unserem Bundeshaushalt beträgt 52 Prozent, Frau Kollegin Lötzsch. Das heißt, mehr als jeder zweite Euro wird für Soziales ausgegeben. Deswegen sollten und müssen wir schon ein Stückchen darauf achten, dass wir uns in diesem Bereich nicht überheben.

Ich möchte gerne zusammenfassen: Dieser Haushalt – es ist der letzte Haushalt der Großen Koalition in dieser Legislaturperiode – ist erstens generationengerecht und zweitens zukunftsfest. Er gibt die richtigen Antworten zur Bekämpfung der Fluchtursachen. Der Haushalt ist sozial ausgewogen und länder- und kommunalfreundlich.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Grundstein dafür, dass wir keine Schulden machen, wurde in der letzten Legislaturperiode gelegt. In dieser Legislaturperiode haben wir hier das Fundament verfestigt und verbreitert. Deswegen kann ich als haushaltspolitischer Sprecher für die Union sagen: Die Haushalte der letzten Jahre tragen unsere Handschrift.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Du wirst im Alter immer besser!)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun der Kollege Kindler das Wort.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7034559
Wahlperiode 18
Sitzung 201
Tagesordnungspunkt Finanzen, Bundesrechnungshof
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