Johannes KahrsSPD - Finanzen, Bundesrechnungshof
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe dem Kollegen Rehberg gelauscht. Wir hatten eigentlich vereinbart, dass wir uns mit Wahlkampf etwas zurückhalten; denn keiner braucht ein Jahr Wahlkampf.
(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was kostet denn nun ein Treffen mit Ihnen?)
Aber ich bin gerne bereit, die zwei, drei Spitzen, die ich abbekommen habe, zurückzugeben. Ich denke noch darüber nach, wie ich das vernünftig hinbekomme.
(Heiterkeit bei der SPD)
Ich werde meine normale, mir selbst auferlegte Zurückhaltung in den Griff bekommen.
(Thomas Oppermann [SPD]: Wenigstens einer!)
Im Kern sprechen wir Sozialdemokraten nicht von der schwarzen Null. Davon sitzen zu viele im Parlament; das ist meine erste Spitze.
(Zurufe von der CDU/CSU: Oh! – Volker Kauder [CDU/CSU]: Aber Herr Kahrs, Sie bleiben unter Ihrem Niveau! Das ist ja ganz schwach!)
– Ich bemühe mich, das Niveau hier zu halten.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Dann kürzen wir die Redezeit!)
Ansonsten reden wir davon, dass wir keine neuen Schulden machen.
In der Sache sind wir uns aber einig. Wir werden keine neuen Schulden machen, und wir haben auch keine neuen Schulden gemacht. Zum Vergleich muss man sich einmal die letzte Legislaturperiode anschauen. Herr Schäuble hat in vier Jahren noch 106 Milliarden Euro neue Schulden gemacht. Das heißt, es braucht die SPD, damit es keine neuen Schulden gibt;
(Lachen bei der CDU/CSU)
auch da sind wir uns sicherlich einig. Das heißt, Schwarz-Gelb kostet.
(Beifall bei der SPD – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das ist jetzt wirklich neu! – Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist der Lacher des Tages!)
– Sie wissen doch, wie sich Getretene verhalten.
Wir Sozialdemokraten sagen aber, dass schuldenfreie Haushalte kein Selbstzweck sind. Vielmehr ist es wichtig, dass man auch investiert in Bildung, Infrastruktur und zugunsten der Kommunen. Wir haben das hier getan. Wir haben ein zusätzliches Zukunftsinvestitionsprogramm mit einem Volumen von 10 Milliarden Euro beschlossen. Wir haben finanzschwache Kommunen mit 3,5 Milliarden Euro unterstützt, und wir werden sie mit weiteren 3,5 Milliarden Euro unterstützen. Das führt zum Beispiel dazu, dass selbst der Bundesverkehrsminister kein Geld mehr für die Infrastruktur ausgeben kann, weil es keine planfestgestellten Projekte mehr gibt, selbst in Bayern nicht. Ich bin mir sicher, dass er intensiv nach solchen Projekten gesucht hat. Das heißt, viel mehr Geld für die Infrastruktur können wir vonseiten des Bundes nicht ausgeben, weil es gar nicht abfließt. Wir bekommen inzwischen sogar Geld zurück, das für die Wasserstraße, die Straße und die Schiene vorgesehen war. Wir haben also ein Problem in der Umsetzung und nicht bei der Summe, die wir investieren. Auch das gehört zur Wahrheit.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Wir haben zu Beginn der Wahlperiode nicht damit rechnen können, dass so viele Flüchtlinge nach Deutschland kommen. Wir haben dies finanziert; wir haben das gemeinsam gemacht. Die Menschen in diesem Land haben zusammengestanden. Ohne die vielen Ehrenamtlichen wäre das gar nicht möglich gewesen. Wir haben als Bund die Kommunen und die Länder unterstützt; das halte ich für richtig. Wir haben mehr Personal zur Verfügung gestellt. Wir haben mehr Geld ausgegeben. Wir haben die Länder und die Kommunen mit Milliarden unterstützt. Wir haben zum Beispiel 1 200 Immobilien des Bundes kostenlos zur Verfügung gestellt. Ich glaube, das ist richtig, das ist vernünftig und das ist gut.
Wir haben gleichzeitig das von Sigmar Gabriel initiierte Solidarprojekt durchgesetzt. Wir werden bis 2020 über 20 Milliarden Euro in dieses Projekt investieren. Das bedeutet mehr für den sozialen Wohnungsbau, mehr für soziale Integration, mehr für Familien und Langzeitarbeitslose. Das heißt konkret: Für Integration in Arbeit und Ausbildung gibt es 2,2 Milliarden Euro mehr. Auch für die Sprachförderung gibt es mehr. Für Wohnungsbau und Stadtentwicklung werden 1,3 Milliarden Euro zusätzlich zur Verfügung gestellt. 2 Milliarden Euro sind für den sozialen Wohnungsbau beschlossen. Wir geben viel Geld für die Bundespolizei aus. Wir haben nicht nur 3 000 neue Stellen geschaffen, sondern in diesem Haushalt auch weitere 3 000 Stellen beschlossen. Wir haben Stellen für das Bundeskriminalamt, die Dienste und das THW geschaffen. Wir haben überall investiert. Das sind die Erfolge, die diese Koalition erzielt hat; das ist wichtig.
Wenn man sich die Zahlen anschaut, dann ist man beeindruckt, insbesondere wenn man weiß, dass das alles ohne neue Schulden funktioniert hat.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Gleichzeitig stellen wir von der Koalition in diesem Haushalt 1,1 Milliarden Euro zusätzlich für das Auswärtige Amt und die Entwicklungshilfe zur Verfügung. Ich glaube, das ist auch eine gute Maßnahme, um Fluchtursachen zu bekämpfen. Das heißt, beides muss möglich sein.
Ich habe mich zudem mit dem Kollegen Rehberg für Schuldentilgung eingesetzt. Im Haushalt sind Bundesbankgewinne in Höhe von 2,5 Milliarden Euro vorgesehen. Fällt der Gewinn höher aus, sollte der Betrag in die Flüchtlingskostenrücklage fließen. Wir haben durchgesetzt, dass er in die Schuldentilgung fließt. Ich glaube, das war auch früher so; das ist ein wichtiges Signal, und das soll auch so bleiben.
In den nächsten Tagen werden die Kollegen vortragen, was wir in den Einzeletats inhaltlich alles umgesetzt haben. Ich glaube, dass das sehr viel ist und dass wir stolz darauf sein können, das alles umgesetzt zu haben. Ich möchte mir aber noch eine Anmerkung zu den Bund-Länder-Finanzbeziehungen erlauben. Darüber ist viel diskutiert worden, und die Länder haben sich mit dem Bund geeinigt. Als Bund waren wir sicher nicht die ersten Sieger, aber das ist so, wenn sich 16 Länder einig sind.
Wir haben uns aber auch darauf geeinigt – der Kollege Kindler hat es angesprochen –, dass wir eine Bundesfernstraßengesellschaft gründen. Wir als SPD sind der Auffassung: Wenn man das denn macht, dann muss klar sein, dass das hundertprozentige Eigentum des Staates an den Straßen und an der Gesellschaft im Grundgesetz festgeschrieben wird;
(Beifall bei der SPD)
denn die Bundesautobahnen sind alle schon vom Steuerzahler bezahlt worden. Man muss sie dann auch nicht privatisieren; dazu gibt es keine Notwendigkeit.
Herr Kindler, man muss nicht immer nur böswillig sein, es reicht, ab und zu einmal zu lesen. Die gemeinsame Erklärung der SPD-Fraktionsvorsitzenden der Länder und des Bundes besagt ganz klar: „Keine Privatisierung von Bundesfernstraßen – Eigentum und Betrieb der Bundesfernstraßen muss in Staatshand bleiben!“
Wenn man diese Erklärung liest, stellt man fest, dass im Grundgesetz nicht nur festgeschrieben werden soll, dass das Eigentum an den Straßen beim Bund verbleibt, sondern auch, dass das Eigentum an der Betreibergesellschaft beim Bund bleiben muss. Wenn man diese Erklärung liest, stellt man auch fest, dass wir uns vorstellen können, eine Anstalt des öffentlichen Rechts oder eine Behörde zu gründen. Wir wollen – das kann man einfach einmal zitieren –:
Die Infrastrukturgesellschaft Verkehr muss deswegen vollständig im Eigentum des Bundes bleiben. Sie soll für die Planung, den Bau, Betrieb und Erhalt der Bundesfernstraßen verantwortlich sein und ist damit Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Die Infrastrukturgesellschaft Verkehr soll die künftigen Vergabeverfahren vor allem im Hinblick auf Losgrößen so gestalten, dass die Chancen der mittelständisch geprägten Bauwirtschaft im Wettbewerb gewahrt bleiben. Wir bestehen darauf, dass die Interessen der Arbeitnehmerschaft vollumfänglich berücksichtigt werden.
(Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Wie langweilig!)
Kein Beschäftigter darf hinsichtlich seines Status, seines Arbeitsplatzes und seines Arbeitsortes schlechter gestellt werden. Wir erwarten, dass die Personalvertretungen mit eingebunden werden.
Wenn man das alles liest, Herr Kindler, dann kann man eigentlich nicht zu dem Schluss kommen, den Sie hier vorgetragen haben.
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie teuer ist jetzt Herr Kahrs?)
Zusammenfassend sei dargestellt: Ich glaube, dass wir uns hier alle einigen werden, dass wir keine Privatisierung der Bundesautobahnen wollen.
(Beifall bei der SPD)
Ich glaube, das ist nicht im Interesse der deutschen Bevölkerung. Die Autobahnen sind alle schon einmal bezahlt worden. Deswegen ist die Gründung der Infrastrukturgesellschaft richtig und gut. Wenn man das in dieser Legislaturperiode noch macht, dann muss man das auch in dieser Legislaturperiode im Grundgesetz festschreiben.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD)
Das Wort erhält nun der Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7034564 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 201 |
Tagesordnungspunkt | Finanzen, Bundesrechnungshof |