Johannes FechnerSPD - Justiz und Verbraucherschutz, Bundesverfassungsgericht
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer auf den Tribünen! Wenn wir heute über den Haushalt beraten, dann will ich zunächst einmal festhalten, dass wir in diesen drei Jahren rechtspolitisch enorm viel geleistet haben: Wir haben über 50 Gesetze auf den verschiedensten Rechtsgebieten verabschiedet, und an dieser Stelle deshalb ein herzliches Dankeschön an unseren Justizminister, der aktiv und engagiert diese vielen Gesetzesinitiativen auf den Weg gebracht hat. Insbesondere will ich Ihnen, Herr Maas, dafür danken, dass Sie klare Kante gegen Rechtspopulismus gezeigt haben und dass Sie sich immer konsequent für eine offene Gesellschaft, für einen starken demokratischen Rechtsstaat einsetzen.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Hendrik Hoppenstedt [CDU/CSU])
Genau diese Haltung brauchen wir in dieser Zeit. Vielen Dank, Herr Minister.
Es ist nicht zu leugnen, dass sich viele Bürgerinnen und Bürger verunsichert fühlen. Deshalb ist es auch Aufgabe der Rechtspolitik, für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger zu sorgen.
Wir haben in diesem Bereich eine Menge gemacht. Wir haben die Ausreise in terroristischer Absicht unter Strafe gestellt. Wir haben die Regelung zur Terrorfinanzierung verschärft. Wir haben das Sexualstrafrecht reformiert und das Anti-Doping-Gesetz geschaffen. Vor allem haben wir aber eines getan, auch jetzt in diesem Haushalt: Wir haben den Sicherheitsbehörden mehr Personal, und zwar deutlich mehr Personal, zur Verfügung gestellt. Wir haben für 2016 auf unsere Initiative 1 500 neue Stellen bei der Bundespolizei geschaffen und jetzt weitere 2 000 neue Stellen für die Bundespolizei vorgesehen. Der Generalbundesanwalt und das Bundeskriminalamt bekommen mehr Stellen. In Nordrhein-Westfalen werden 300 zusätzliche Richter und Staatsanwälte eingestellt. Im Berliner Koalitionsvertrag sind 1 600 neue Polizisten vorgesehen.
Meine Damen und Herren, so bekämpfen wir den Terror und die Kriminalität effektiv:
(Dr. Patrick Sensburg [CDU/CSU]: Guter Minister!)
erstens Gesetze dort verschärfen, wo es erforderlich ist, wo tatsächlich Lücken bestehen, zweitens mehr Personal bei Sicherheitsbehörden, damit die Gesetze auch umgesetzt und vollzogen werden können. Damit schaffen wir Sicherheit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Immer wieder wird der erweiterte Einsatz der Bundeswehr gefordert. Die Bundeswehr kann in Sondersituationen, etwa beim Elbehochwasser, durchaus wichtige Hilfe leisten. Aber was nicht geht, ist, dass wir Personalengpässe bei der Polizei dadurch beheben wollen, dass wir Bundeswehreinsätze im Innern weiter und umfangreicher zulassen. Ich finde, der Ruf nach Ausweitung des Einsatzes der Bundeswehr im Innern wirkt immer wie ein Misstrauensvotum gegenüber der Polizei –
(Michaela Noll [CDU/CSU]: Das stimmt nicht!)
so nach dem Motto: Die Polizei schafft es nicht, für innere Sicherheit zu sorgen; wir brauchen die Bundeswehr. – Das kann es nicht sein. Wir müssen den Einsatzbereich der Bundeswehr nicht ausweiten, sondern mehr Polizistinnen und Polizisten einstellen.
(Beifall bei der SPD)
Ein zunehmendes Problem in Deutschland ist die Gewalt gegen Polizisten. Wir können nicht zuschauen, wenn Polizisten, die sich in gefährlichen Situationen für die Allgemeinheit einsetzen, derart massiv und zunehmend attackiert werden, wie wir es leider erleben. Wir wollen deshalb Polizisten mit Bodycams ausrüsten. Wir haben jetzt im Haushalt 5 Millionen Euro für eine Kampagne gegen Gewalt gegen Polizisten vorgesehen.
(Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU]: Und Rettungskräfte und Sanitäter bitte!)
Wir sollten den strafrechtlichen Schutz der Polizistinnen und Polizisten verbessern. Wenn staatliche Organe – Polizisten, Gerichtsvollzieher oder auch Feuerwehrleute – angegriffen werden, dann muss das hart bestraft werden, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Leider ist die Zahl der Wohnungseinbrüche gestiegen. Das sind Eingriffe in die Intimsphäre, unter denen die Opfer noch jahrelang leiden. Ich finde, auch hier müssen wir tätig werden. Wir sollten einen Gesetzgebungsunfall der Vorgängerregierung korrigieren. Damals ist der Tatbestand des minder schweren Falls von Wohnungseinbruchsdiebstahl eingeführt worden. Wenn in eine Wohnung eingebrochen wird, ist der intimste Bereich verletzt. Ich finde, dann kann ein Einbrecher nicht das Privileg eines minder schweren Falls genießen, das eigentlich für ganz andere Konstellationen vorgesehen ist. Den minder schweren Fall des Wohnungseinbruchs sollten wir deshalb streichen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD)
Effizienter als jede Gesetzesverschärfung bei der Bekämpfung von Wohnungseinbruch ist, dass wir dafür sorgen, dass sich Bürgerinnen und Bürger ausreichend und vor allem mit qualitativ hochwertiger Technik gegen Einbrüche sichern können. Deswegen war es wichtig, dass die SPD-Forderung durchgegangen ist, die Förderung von Einbruchssicherungstechnik von 10 Prozent auf 20 Prozent zu verdoppeln. Wenn jemand beispielsweise 1 000 Euro in Sicherungstechnik, in gute Schlösser, investiert, bekommt er zukünftig 200 Euro vom Staat geschenkt. Das ist richtig und wichtig; denn für uns gilt: Sicherheit darf keine Sache des Geldbeutels sein.
(Beifall bei der SPD)
Wir alle haben mit einem gewissen Entsetzen den US-Wahlkampf beobachtet, der phasenweise zu einer Schlammschlacht ausartete, wobei insbesondere über die sozialen Netzwerke Lügen und Manipulationen verbreitet wurden. Auch bei uns in Deutschland gibt es schon heute in erschreckendem Umfang Hassmails. Was Facebook hiergegen tut, das ist mir viel zu wenig. Wenn Facebook nicht zeitnah dafür sorgt, dass Hassmails und strafbare Inhalte schnell gelöscht werden, dann sind wir hier als Gesetzgeber gefordert.
(Dr. Patrick Sensburg [CDU/CSU]: Richtig!)
Auch in der digitalen Welt darf es keinen rechtsfreien Raum geben. Mordaufrufe, Volksverhetzung oder Mobbing, das alles darf nicht folgenlos über das Netz verbreitet werden können. Da müssen wir notfalls tätig werden, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)
Rechtspolitisch war und ist uns der Schutz von Kindern besonders wichtig. Deswegen war es wichtig, dass wir gleich zu Beginn der Legislaturperiode die Strafvorschriften zum sexuellen Missbrauch von Kindern verschärft haben. Ich hoffe, dass wir in der Koalition möglichst rasch zu einer Einigung darüber kommen, dass Minderjährige nicht mehr heiraten können. Damit schützen wir die Mädchen vor Zwangsehen, und wir verhindern, dass minderjährige Mädchen mit älteren Männern verheiratet werden. Für uns, für die SPD-Fraktion, ist klar: Mädchen gehören in die Schule, nicht in die Ehe. Deshalb wollen wir noch in dieser Legislaturperiode ein Verbot der Minderjährigenehe.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Sie sehen: Wir haben in den letzten drei Jahren enorm viel erreicht. Herzlichen Dank dafür an alle, die dabei konstruktiv mitgearbeitet haben. Lassen Sie uns den Rest der Legislaturperiode noch nutzen, um weitere wichtige Gesetze umzusetzen. Wir brauchen ein besseres Mietrecht. Wir müssen es den Handwerkern ermöglichen, Erstattungen für Ein- und Ausbaukosten zu verlangen, und wir sollten für die Angehörigen von Unfallopfern endlich eine Grundlage für Schmerzensgeldansprüche schaffen.
(Beifall bei der SPD)
In diesem Sinne lassen Sie uns den Rest der Legislaturperiode angehen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank, Dr. Fechner. – Nächster Redner: Dr. Tobias Lindner für Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7034595 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 201 |
Tagesordnungspunkt | Justiz und Verbraucherschutz, Bundesverfassungsgericht |