Klaus-Dieter GröhlerCDU/CSU - Justiz und Verbraucherschutz, Bundesverfassungsgericht
Danke schön. – Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Etat des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz ist mit einem Ansatz von 735 Millionen Euro in die Haushaltsberatungen eingebracht worden und hat diese Haushaltsberatungen mit einer Steigerung um 103 Millionen Euro auf jetzt 838 Millionen Euro verlassen.
Diese Steigerung ist beim kleinsten Etat aller Bundesministerien außergewöhnlich. Deshalb will ich an drei unterschiedlichen Beispielen skizzieren, wie es dazu gekommen ist. Denn wir Haushälter sind nun wahrlich nicht dafür bekannt, dass wir in den Haushaltsberatungen noch viele Millionen Euro draufsatteln würden. An dieser Stelle hat das aber seinen guten Grund.
Lassen Sie mich mit der größten Etatveränderung beginnen, auf die Tobias Lindner eben auch schon hingewiesen hat. Ich freue mich ja darüber, dass wir uns insgesamt in dieser Frage im Kern sogar einig sind. Es gibt ein Plus von 90 Millionen Euro als Zustiftung in das Vermögen der Stiftung Warentest im Haushaltsjahr 2017.
Diese sehr wichtige Unterstützung des Verbraucherschutzes geht auf eine Initiative unseres Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder zurück. Nachdem wir bereits mit dem Etat 2016 das Stiftungsvermögen um 10 Millionen Euro erhöht haben, ist der jetzige Schritt die konsequente Umsetzung unserer Absicht, die Stiftung Warentest zu stärken. Wir wollen sie aber nicht nur stärken, sondern sie auch dauerhaft von laufenden Zuschüssen aus dem Bundeshaushalt unabhängig machen. Wir wollen verhindern, dass die Stiftung Warentest auf Dauer jedes Jahr schauen muss: Was kommt denn nun bei den Haushaltsberatungen für uns heraus?
Denn wir von der Union sind davon überzeugt, dass die Stiftung in den über 50 Jahren ihres Bestehens gute Arbeit für die Verbraucherinnen und Verbraucher in unserem Land geleistet hat. Zu dieser guten Arbeit soll sie auch weiterhin in der Lage sein. Sie soll frei und unabhängig testen können und die Ergebnisse ihrer Untersuchungen veröffentlichen können. Sie soll auch zukünftig eine objektive Informationsquelle für Kundeninnen und Kunden sein.
Die Stiftung Warentest entstammt einer Regierungserklärung von Konrad Adenauer aus dem Jahr 1962 und hat seit ihrer Schaffung 1964 knapp 6 000 Tests durchgeführt. Dabei hat sie über 95 000 Produkte und mehr als 2 500 Dienstleistungen bewertet. Sie ist für das Konsumverhalten in Deutschland ein unverzichtbarer Wegweiser geworden und hilft auch, bei Händlern und Produzenten die Spreu vom Weizen zu trennen. Sie hat in den Fragen der Warendeklaration, des Bekämpfens der Mogelpackungen und der Entsorgung von Produkten bereits frühzeitig Maßstäbe gesetzt und genießt in der Öffentlichkeit ein hohes Maß an Vertrauen.
Damit das so bleiben kann, wollen wir die Stiftung Warentest mit dieser Zustiftung frei von den jeweiligen Haushaltsberatungen machen und sie auf eigene Beine stellen.
Die Stiftung Warentest hat bisher im Jahr etwa 40 Millionen Euro selbst erwirtschaftet. Rund 5 Millionen Euro hat sie jährlich vom Bund als ihrem Stifter erhalten. In Zukunft wird die Stiftung deutlich weniger auf diese jährlichen Zuweisungen des Bundes angewiesen sein; denn die Zinsen werden ja auch wieder ein Normalmaß erreichen, lieber Tobias Lindner. Davon gehen wir alle aus.
(Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wollen wir es hoffen! Nächstes Jahr werden es weniger sein!)
Irgendwann wird die Stiftung dann gar keinen Bundeszuschuss mehr benötigen, sondern kann komplett auf eigenen Beinen stehen und damit nach außen noch objektiver auftreten, als das bisher schon der Fall war.
Wir glauben, dass wir damit den Verbraucherschutz in Deutschland klar stärken – so wie mit dem ersten Grundstein, den wir schon vor über 50 Jahren gelegt haben.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Herr Minister Maas, an dieser Stelle darf ich aber auch die Erwartung zum Ausdruck bringen, dass die 10 Millionen Euro Zustiftung, die wir in den Haushalt 2016 eingestellt haben, nun auch tatsächlich in den nächsten Tagen vor dem Kassenschluss zur Auszahlung kommen. Sollte das nicht der Fall sein, müsste ich mich einmal bei Ihnen um einen Gesprächstermin bemühen, müsste also sozusagen einen solchen Termin buchen. Ich hoffe, dass ich da nichts zahlen muss,
(Heiterkeit bei der CDU/CSU)
sondern dass wir das dann so klären können.
Ich will dem Ministerium natürlich nicht das Recht absprechen, vor der Auszahlung eines derartigen Betrages zu prüfen, ob alle Voraussetzungen vorliegen – gerne auch im Benehmen mit dem Bundesrechnungshof. Aber eines will ich auch deutlich machen: Wenn der Haushaltsgesetzgeber und damit wir nach sorgfältiger Prüfung im letzten Herbst entschieden haben, dass wir dem Stiftungsvermögen 10 Millionen Euro zugeben wollen, dann liegt es nicht im Belieben eines Ministeriums, erstmalig im August dieses Jahres zu prüfen, ob das als sinnvoll erachtet wird. Gerne möchte ich an dieser Stelle den Gedankengang unseres Bundestagspräsidenten bemühen, dass das Parlament nicht Vollzugsorgan der Bundesregierung, sondern umgekehrt ihr Auftraggeber ist. Das gilt auch beim Haushaltsvollzug.
Diese Betrachtung unseres Verfassungsgefüges, meine Damen und Herren, bietet mir eine gute Überleitung zu einer weiteren Ausgabe, die wir im Zuge der Etatberatungen in den Haushalt eingefügt haben. Auch wenn der Betrag deutlich kleiner ausfällt als der, den ich eben genannt habe, halte ich die dahinterstehende Überlegung für sehr wichtig. Wir bringen einen neuen Bundesschülerwettbewerb auf den Weg, nämlich den Bundesschülerwettbewerb „Rechtsstaat“. Ich habe schon in der Debatte zur Einbringung des Etats darauf hingewiesen, dass ein derartiger Schülerwettbewerb sinnvoll sein könnte. Ich habe mich damals darauf berufen, dass nach einer Umfrage von Infratest aus dem Jahre 2016 nicht einmal 60 Prozent der Befragten der deutschen Justiz vertrauen. Dieser Wert betrübt und alarmiert zugleich: Wir müssen etwas dagegen tun, zum einen durch konsequentes Handeln der Justiz zur Durchsetzung von Sicherheit und Recht,
(Michaela Noll [CDU/CSU]: Das wäre mal nicht schlecht!)
zum anderen müssen wir aber auch für unseren Rechtsstaat werben, gerade bei der jüngeren Generation.
Für vieles gibt es in Deutschland Schülerwettbewerbe: „Jugend forscht“, „Jugend komponiert“, „Jugend gründet“, Bundesumweltwettbewerb, einen bundesweiten Informatikwettbewerb und einen Mathematikwettbewerb. Aber für das Thema „Recht“ gab es bisher eine derartige Veranstaltung nicht. Das wollen wir ändern. Wir wollen junge Menschen in Deutschland motivieren, sich abseits des schulischen Alltags mit unserem Rechtssystem zu beschäftigen. Sie sollen der Frage nachgehen können, was ein faires Gerichtsverfahren auszeichnet, warum bei uns der Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“ gilt, warum bei uns Folter und Todesstrafe verboten sind und wie auch der Bürger seinen Staat verklagen kann. Der Rechtsstaat soll für Jugendliche bemerkbar, erlebbar und erfassbar gemacht werden. Im Jahre 2017 soll mit der Finanzierung die Konzeption eines solchen Wettbewerbs ermöglicht werden, und ich wünsche mir, dass er 2018 erstmalig ausgelobt wird. Ich halte einen derartigen Wettbewerb für einen sehr kleinen, aber elementaren Baustein, der wichtig ist, um zu zeigen, dass der Rechtsstaat nicht nur eine leere Worthülse ist, sondern dass jeder, der in diesem Land lebt, ein ganz eigenes Interesse haben muss, diesen Rechtsstaat tatsächlich weiterzuentwickeln und zu stärken; in diesen Zeiten mehr denn je.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Und mein drittes Beispiel soll eine Einrichtung anschieben, die den Rechtsstaat erlebbar machen soll. Wir haben 200 000 Euro in den Haushalt eingestellt, um zu klären, ob und zu welchen Bedingungen in Karlsruhe das „Forum RECHT“ etabliert werden kann. Mein Kollege Carsten Körber hat beim vorherigen Tagesordnungspunkt schon darauf hingewiesen. Das „Forum RECHT“ soll, ähnlich dem Haus der Geschichte in Bonn, eine Informations-, Dokumentations- und Kommunikationsplattform zum Thema „Rechtsstaat“ – deutscher und europäischer – werden. Dafür ist die Stadt Karlsruhe mit ihrem Sitz von Bundesverfassungsgericht und BGH sowie ihrer Nähe zu Straßburg geradezu prädestiniert. Ich bin an dieser Stelle unter anderem dem Präsidenten und dem Vizepräsidenten unseres Verfassungsgerichtes sehr dankbar, dass sie vor den Haushaltsberatungen nochmals den Anstoß für diese erste Förderung durch den Bund gegeben haben. Jetzt wird es darum gehen, dass der Bund, das Land Baden-Württemberg und die Stadt Karlsruhe gemeinsam eine Konzeption auf den Weg bringen und sich dann um die Verwirklichung dieses Forums kümmern.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Im Kern geht es hier aber um mehr als nur ein museumsähnliches Vorhaben. Es geht bei dieser Maßnahme genau wie bei dem neuen Bundesschülerwettbewerb um die Frage, wie wir die Werte, die uns ganz maßgeblich geholfen haben, dieses Land zu dem zu machen, was es heute ist, dauerhaft bei dem ganz überwiegenden Teil der Menschen in unserem Land verankern können: Werte wie Gleichheit und Würde der Menschen, Gewalt- und Justizmonopol des Staates, Meinungs- und Versammlungsfreiheit, Werte, die offensichtlich neuerdings – nicht nur in unserem Lande – wieder infrage gestellt werden, in einer Form, die wir vor vielen Jahren für undenkbar gehalten haben. Ich glaube, dass eine unserer wichtigsten Aufgaben in den kommenden Jahren darin bestehen wird, deutlich zu machen, dass nicht Demokratie allein, also die Umsetzung des Volkswillens bzw. des mehrheitlichen Volkswillens, der schützenswerte Kern unseres Staates ist, sondern sie erst im Zusammenwirken mit der Herrschaft des Rechts unser Leben lebenswert macht und vor Willkür schützt. In diesem Sinne lassen Sie uns gemeinsam den Rechtsstaat weiterentwickeln, nicht nur mithilfe des Haushaltsrechts.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vielen Dank, Klaus-Dieter Gröhler. – Jetzt hat der Minister Heiko Maas das Wort.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7034603 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 201 |
Tagesordnungspunkt | Justiz und Verbraucherschutz, Bundesverfassungsgericht |