22.11.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 201 / Tagesordnungspunkt I.6

Reinhard BrandlCDU/CSU - Innen, Datenschutz und Informationsfreiheit

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Den ersten Innenhaushalt, den wir in dieser Legislaturperiode hier beraten haben – das war 2014 –, hatte ein Volumen von 5,9 Milliarden Euro. Wir beraten heute den letzten Haushalt für diese Legislaturperiode. Er hat ein Volumen von 8,9 Milliarden Euro. Das ist eine Steigerung um über 50 Prozent in vier Jahren.

(Frank Tempel [DIE LINKE]: Ist das etwas Gutes oder etwas Schlechtes?)

Diese Steigerung war aufgrund der veränderten Sicherheits- und Migrationslage notwendig. Diese Steigerung war aber nur möglich, weil diese Koalition entschlossen war, auf die Herausforderungen zu reagieren und massiv in den Ausbau der inneren Sicherheit und in Integrationsmaßnahmen zu investieren. Aber diese Steigerung war auch nur möglich, weil an zwei entscheidenden Stellen zwei Männer der Union sitzen, denen die innere Sicherheit ein Herzensanliegen ist: erstens im Innenministerium Thomas de Maizière und zweitens im Finanzministerium Wolfgang Schäuble.

(Beifall bei der CDU/CSU – Burkhard Lischka [SPD]: Bei uns gibt es auch noch welche! – Gegenruf des Abg. Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr existiert gar nicht!)

Insbesondere die Bundespolizei wird sich noch Jahrzehnte an die de-Maizière/Schäuble-Pakete zurückerinnern. Sie wird sich an die fünf Jahre zurückerinnern, in denen sie um 20 Prozent aufgewachsen ist.

(Burkhard Lischka [SPD]: Ja, auf SPD-Druck! – Gegenruf des Abg. Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er hat euch schon aufgegeben!)

Die Schaffung eines Teils dieser insgesamt 7 500 Stellen, nämlich von genau 1 970 Stellen, beschließen wir heute mit diesem Haushalt. Auf diesen Stellen werden in den kommenden Monaten junge Polizistinnen und Polizisten eingestellt. Sie werden drei Jahre ausgebildet und sind dann 35 Jahre, 40 Jahre oder vielleicht sogar noch länger im Dienst. An diesem Punkt sieht man, um was es uns geht. Es geht uns nämlich nicht um einen kurzfristigen Effekt mit Blick auf nächstes Jahr, sondern wir als CDU/CSU sind davon überzeugt, dass wir in dieser unsicherer werdenden Welt langfristig mehr in die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger investieren müssen. Das tun wir heute mit den Beschlüssen zu diesem Haushalt.

Dass es einen Unterschied macht, wer in Deutschland regiert, sieht man vor allem an dem, was wir nicht beschlossen haben, was aber auch zur Abstimmung vorlag. Ich habe deswegen zwei Anträge der Opposition zum Bundesamt für Verfassungsschutz dabei. Der Antrag der AG Haushalt der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 20. September 2016 sieht vor: minus 64 Millionen Euro; das bedeutet die Rücknahme des Mittelaufwuchses. Der Antrag der AG Haushalt der Fraktion Die Linke, ebenfalls vom 20. September 2016, sieht vor: minus 119 Millionen Euro.

(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Beides gute Anträge!)

Damit soll der Rückbau des Bundesamtes eingeleitet werden.

Meine Damen und Herren, weil wir regieren, steht an dieser Stelle kein Minus, sondern ein Plus: ein Plus von 88 Millionen Euro. Ich kann Ihnen auch sagen, warum: weil wir in dieser Zeit – wir haben ja in der Vergangenheit die Entwicklung des islamistischen Terrorismus gesehen; sie wird aber auch, das ist absehbar, in der Zukunft weitergehen – mehr in die Kapazitäten des Verfassungsschutzes investieren müssen. Wir dürfen also diese Kapazitäten nicht zurückbauen. Denn ohne die fleißige Arbeit und das Gespür der Mitarbeiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz wäre es zum Beispiel Anfang Oktober nicht gelungen, den Chemnitzer Bombenbauer Jaber ­Albakr zu identifizieren. Wenn er nicht identifiziert worden wäre und der Anschlag hier in Berlin tatsächlich stattgefunden hätte, dann hätten wir heute eine ganz andere Diskussion. Eine politische Diskussion danach hätte aber den Anschlag nicht verhindert. Deswegen investieren wir schon vorher – das machen wir nicht nur heute, sondern schon die ganze Legislaturperiode über – strategisch in die Aufrüstung, in die Stärkung unserer Sicherheitsbehörden.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das ist Politik der CDU/CSU mit ihren beiden Ministern.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir nehmen mit diesem Haushalt aber auch die Herausforderungen an, die uns im Zusammenhang mit der großen Anzahl an Flüchtlingen gestellt worden sind. Allein für den Bereich der Integrationskurse stehen in diesem Haushalt 610 Millionen Euro bereit. Wir erhöhen die Mittel für die Migrationsberatung, und wir stellen jetzt neu 40 Millionen Euro für Erstorientierungsangebote für Asylbewerber mit unklarer Bleibeperspektive bereit.

Meine Damen und Herren, wir stellen aber auch 40 Millionen Euro für ein Anreizprogramm zur freiwilligen Ausreise bereit. Wenn ein Asylbewerber erkennt, dass er hier in Deutschland keine langfristige Bleibeperspektive hat, wollen wir ihm mit diesen Mitteln den Neustart in seiner Heimat erleichtern. Unterschätzen Sie den dadurch bewirkten Effekt nicht. Wir haben in Deutschland in den ersten neun Monaten dieses Jahres etwa 20 000 Abschiebungen gesehen. Es gab aber auch 50 000 freiwillige Ausreisen. An diesem Punkt setzen wir an und erhöhen den Anreiz.

Meine Damen und Herren, wir haben im vergangenen Jahr aber auch gesehen, wie stark das Ehrenamt in unserer Gesellschaft zum Tragen kommt, wenn der Staat an seine Grenzen kommt. Davor können wir nur den Hut ziehen. Es gibt im Bund eine große Ehrenamtsorganisation, die dabei – aber auch bei vielen anderen Einsätzen – eine hervorragende Rolle gespielt hat, nämlich das Technische Hilfswerk. Wir haben uns deshalb bewusst entschlossen – nicht nur, aber auch in Bezug auf die Erfahrungen des letzten Jahres –, in unseren Haushaltsberatungen einen Schwerpunkt beim Technischen Hilfswerk zu setzen. Wir investieren, lieber Präsident Stephan Mayer, in ein Fahrzeugprogramm des Technischen Hilfswerks. Wir stellen 100 Millionen Euro für die Erneuerung des überalterten Fahrzeugbestandes des THWs zur Verfügung. Und wir starten eine Werbekampagne zur Gewinnung von ehrenamtlichem Nachwuchs für das THW. Des Weiteren gibt es einen Aufwuchs von 150 hauptamtlichen Stellen, um die Ehrenamtlichen gezielt von Verwaltungsaufgaben zu entlasten.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: Wir danken!)

Von diesem Haushalt soll ein Signal ausgehen, dass wir das THW nicht nur mit warmen Worten und bei Weihnachtsfeiern preisen, sondern dass wir dessen Arbeit ganz konkret auch im Rahmen des Haushalts mit unterstützen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, in den letzten Jahren haben wir, was diesen Haushalt angeht, sehr viel erreicht. Ich könnte jetzt, ehrlich gesagt, noch eine ganze Stunde darüber sprechen.

(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Besser nicht!)

Aber ich verstehe, dass es zu den Regeln dieses Hauses gehört, auch andere zu Wort kommen zu lassen. Deswegen möchte ich am Ende nur noch einen einzigen Punkt ansprechen. Dieser Haushalt ist ein Gemeinschaftswerk. Die Rolle der beiden Minister habe ich bereits erwähnt. Hinter diesem Haushalt steht auch hier im Bundestag ein Team. Ganz wichtig in ihm ist Martin Gerstner, mein Koalitionspartner von der SPD. Vielen Dank für deine Unterstützung.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Ich möchte mich aber auch ganz herzlich bei der Opposition – namentlich bei Anja Hajduk von den Grünen und Roland Claus von der Linken – bedanken. Wir haben zwar nicht allem zugestimmt, was ihr uns vorgelegt habt, aber wir hatten in den vergangenen vier Jahren eine sehr vertrauensvolle und an der Sache orientierte Zusammenarbeit. Dafür möchte ich mich ganz persönlich bei euch bedanken.

Noch habt ihr die Chance, dem Haushalt zuzustimmen. Überlegt es euch!

Herzlichen Dank für eure Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Roland Claus [DIE LINKE]: Ihr könnt unseren Anträgen auch zustimmen! – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Du glaubst auch an den Weihnachtsmann, oder?)

Das Wort hat die Kollegin Luise Amtsberg für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7034644
Wahlperiode 18
Sitzung 201
Tagesordnungspunkt Innen, Datenschutz und Informationsfreiheit
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