Burkhard BlienertSPD - Gesundheit
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Haushalt des BMG ist ein guter Haushalt,
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
jedoch gemessen am Bundeshaushalt immer noch ein kleiner Haushalt. Aber er erfährt eine große öffentliche Wahrnehmung. Das Gesundheitswesen und seine Finanzierung – das haben wir schon ausgiebig gehört – betrifft jede und jeden direkt, sodass auch in der Bevölkerung alle Maßnahmen hier genauestens verfolgt werden.
Natürlich gab es im Laufe dieses Jahres vielerorts Verunsicherung, wie es mit den Finanzen im Gesundheitsbereich aussieht. Noch Anfang des Jahres wurde orakelt, in welch astronomische Höhen der Krankenkassenbeitrag 2017 schnellen und welche Mehrbelastung jeder Einzelne zu schultern haben werde. Heute können wir zumindest vorerst Entwarnung geben: Im ersten halben Jahr wurde bei den Kassen ein Überschuss von 600 Millionen Euro erwirtschaftet, und die Finanzreserven sind deshalb auch auf 15 Milliarden Euro gestiegen. Die Folge: Nun – einige Monate später – teilt der Schätzerkreis mit, dass die Beiträge zur GKV im kommenden Jahr wohl stabil bleiben. Das ist doch erst einmal ein gutes Signal an die Versicherten in der GKV.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Wir wissen: Nichts ist von Dauer. Wir müssen aufpassen,
(Helmut Heiderich [CDU/CSU]: Natürlich!)
dass die Krankenkassenbeiträge die Versicherten auch mittel- und langfristig nicht stärker belasten. Deswegen sage ich gleich vorweg: Die paritätische Finanzierung der GKV ist kein Traumschloss, sondern eine zwingende Notwendigkeit.
(Beifall bei der SPD)
Deshalb werden wir in der nächsten Zeit bei dieser Frage weiterhin aktiv sein. Es ist ein wichtiger Schritt, insbesondere auch Leistungsträger, die Mitte der Gesellschaft, zu entlasten.
Wenn ich von einem ersten Schritt an dieser Stelle spreche, so liegt es auf der Hand, dass ein weiterer notwendig ist und uns sicherlich in den nächsten Monaten auch verstärkt beschäftigen wird, nämlich die Antwort auf die Frage: Wie stelle ich die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung langfristig auf ein sicheres Fundament? Und da ist unsere Antwort eindeutig:
(Bettina Hagedorn [SPD]: Bürgerversicherung!)
Wir werden als SPD weiterhin das Konzept der Bürgerversicherung verfolgen.
(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU/CSU)
Nur sie gewährleistet aus unserer Sicht eine sozial gerechte und ausgewogene Lastenverteilung aller Bevölkerungsteile.
Da wir mit den heutigen Beratungen den letzten Gesundheitsetat für diese Wahlperiode beraten, ist es durchaus lohnend, die Zahlen für 2017 mit den Zahlen von 2013 zu vergleichen. Wir haben uns 2013 auf den Weg gemacht, die Gesundheitsversorgung zu verbessern, Angebote zu optimieren, Gelder zweckoptimiert und nicht ideologisch zu verwenden. Wir haben daher in einem ersten Schritt die Aufwendungen für den sogenannten Pflege-Bahr der realen Nachfrage angepasst, andere Haushaltstitel im Gegenzug gestärkt.
Über 15 Milliarden Euro stehen dem Gesundheitsminister auf der Ausgabenseite zur Verfügung. Und wie in den letzten Jahren macht der Gesundheitsfonds den übergroßen Anteil hiervon aus: 14,5 Milliarden Euro. Schon an dieser Zahl lässt sich festmachen, dass die jetzige Koalition Wort gehalten hat. Sie hat daran festgehalten, diesen Gesundheitsfonds über den Verlauf der Wahlperiode auf nunmehr 14,5 Milliarden Euro ansteigen zu lassen. Dann bleiben dem Ministerium noch circa 500 Millionen Euro zur Gestaltung im Gesundheitsbereich übrig. Uns als Sozialdemokratie war dabei besonders wichtig: mehr Geld für Beratung und Hilfe sowie Prävention.
Erinnern wir uns: Der Entwurf für den Gesundheitsetat 2014, der noch von Schwarz-Gelb erarbeitet worden war, sah zum Beispiel keine Finanzierung der so wichtigen HIV-Stiftung mehr vor. Viele Betroffene hätten darunter gelitten. Es war diese Koalition, die das abgeändert und dafür gesorgt hat, dass die Institution weiterhin auskömmlich finanziert wird: Erhöhung des Plafonds für 2017 auf 2 Millionen Euro, perspektivisch auf 4,5 Millionen Euro. Das ist verlässliche Politik über den Wahltag hinaus.
Genauso wichtig in den nächsten Monaten: die gesundheitlichen Aspekte im Bereich der Migration. Ich bin sehr zufrieden damit, dass wir gerade in diesem Bereich die Mittel im Vergleich zum Regierungsentwurf nun maßgeblich, auf 3 Millionen Euro, aufstocken konnten. Somit ist es möglich, Projekte zum Umgang mit traumatisierten Flüchtlingskindern zu realisieren oder Mediatorenprogramme zum Umgang mit drogenabhängigen Migranten an mehreren Orten durchzuführen. Das sind konkrete Herausforderungen in diesen Wochen und Monaten, und wir ermöglichen mit diesem Haushalt konkrete Hilfsangebote.
Auch immer wieder ein Thema sind die Gefahren der Influenzaimpfung. Mittels einer Titelaufstockung im Bereich der Arzneimittelsicherheit werden wir nun eine Pilotstudie über die Wirkungen dieser Impfung durchführen können.
Ein weiteres Thema: das große Thema Kindergesundheit. Auch hier hat diese Koalition in den vergangenen Jahren ordentlich investiert. 2014 haben wir diesen Titel mit 500 000 Euro erstmals wieder gefüllt, 2015 wurden 2 Millionen Euro etatisiert, 2016 schließlich 2,5 Millionen Euro, und nun, 2017, packen wir nochmals 200 000 Euro obendrauf. Insgesamt 2,7 Millionen Euro stehen mittlerweile zur Verfügung. Das ist ein gutes Zeichen und zeigt, dass uns dieses Thema wichtig war, wir Wort gehalten und dementsprechend auch geliefert haben.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Helmut Heiderich [CDU/CSU])
Ein Punkt ist uns sehr wichtig gewesen: der Punkt der Beratung. 1 Million Euro mehr als ursprünglich vom Minister vorgesehen haben wir für entsprechende Aufklärungsmaßnahmen nunmehr im Haushalt verankert. In diesem konkreten Fall handelt es sich um Beratungsangebote der BZgA, die ausgebaut werden, da konkret tatsächlich die Telefone bei der Raucherhotline stark frequentiert sind. Viele Menschen suchen rund um das Thema Rauchen und Rauchentwöhnung Hilfe und nutzen die Hotline, deren Rufnummer mittlerweile verpflichtend auf jede Zigarettenschachtel aufgedruckt werden muss.
(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Das ist Gewaltverherrlichung!)
Das veranlasst mich, noch einmal einen Appell an die Kolleginnen und Kollegen von der Union zu richten: Geben Sie die Blockadehaltung bei der Umsetzung des Tabakwerbeverbotes endlich auf!
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU sowie der Abg. Harald Weinberg [DIE LINKE] und Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wenn Sie vielleicht nicht mir oder der SPD-Fraktion vertrauen, dann folgen Sie dort endlich den Ausführungen Ihrer Minister und der Drogenbeauftragten.
(Beifall bei Abgeordneten im ganzen Hause)
Je schneller wir nun endlich das Tabakwerbeverbot umsetzen, desto größer ist die Chance, dass weniger Menschen zum Rauchen verleitet werden. Auf jährlich 80 Milliarden Euro werden die Kosten der Folgen des Rauchens von Experten beziffert. Selbst wenn man die Mindereinnahmen bei der Tabaksteuer gegenrechnen würde, bliebe trotzdem eine beachtliche Summe übrig. Je weniger Menschen zum Glimmstängel greifen, desto besser! Deshalb: Geben Sie dort Ihre Zurückhaltung auf, und lassen Sie das Tabakwerbeverbot in Deutschland endlich Wirklichkeit werden.
(Beifall bei Abgeordneten im ganzen Hause)
Mit diesem Haushalt kommen wir auch unseren internationalen Verpflichtungen nach. 35 Millionen Euro stellt Deutschland der WHO als freiwillige Beiträge zur Verfügung – neben dem Regulärbeitrag. Auch im Hinblick auf den G‑20-Vorsitz werden insgesamt 3 Millionen Euro mehr in Haushaltstitel mit internationaler Intension gesteckt – ein wichtiges und richtiges Signal, das in Zeiten weltweiter gesundheitlicher Herausforderungen angebracht ist.
Ich möchte auf einen weiteren Punkt eingehen – Frau Kollegin Lötzsch ist schon darauf eingegangen; richtig und wichtig war es, dort ein deutliches Zeichen zu setzen –: Anfang des Jahres waren wir über die Skandale bei der Kassenärztlichen Vereinigung verärgert.
(Helmut Heiderich [CDU/CSU]: Ja!)
Es herrschte daher Einvernehmen unter den Fraktionen, dass hier etwas getan werden muss. Mit dem Maßgabebeschluss zu den Prüfrechten des Bundesrechnungshofs hat das Parlament nunmehr gezeigt, dass wir nicht tatenlos zusehen werden. Das konnte nur gemeinsam geschehen, und es ist eine gute Grundlage dafür, dass der Bundesrechnungshof jetzt arbeiten kann.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich möchte mich an dieser Stelle ganz ausdrücklich bei meinen Mitberichterstattern, den Kolleginnen und Kollegen Herrn Heiderich, Frau Lötzsch und Frau Deligöz, bedanken. Es war ja für uns jetzt am Ende der Legislaturperiode tatsächlich die erste Zusammenarbeit; aber ich finde, wir haben das vertrauensvoll, gut und konstruktiv hinbekommen. Ganz herzlichen Dank dafür! Ich würde es gern in den kommenden Jahren mit Ihnen fortsetzen.
(Beifall des Abg. Thomas Stritzl [CDU/CSU] – Helmut Heiderich [CDU/CSU]: Zum ersten Mal Zusammenarbeit!)
Nicht versäumen will ich auch einen Dank ans Haus und möchte da auch gern Minister Gröhe
(Thomas Stritzl [CDU/CSU]: Es hieß Große Koalition!)
und Staatssekretär Stroppe, aber auch die Abteilungsleiter, deren jeweiligen Mitarbeiterstab sowie alle anderen Kolleginnen und Kollegen im Gesundheitsbereich nennen. Das war eine gute Zusammenarbeit; auch meinerseits ganz herzlichen Dank dafür.
(Thomas Stritzl [CDU/CSU]: Das war schön!)
Ich denke, wir können mit diesem Etat selbstbewusst agieren und mit Fug und Recht behaupten, dass wir in den Verhandlungen der letzten Wochen und Monate aus einer guten Grundlage einen noch besseren Etat gemacht haben.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Für die Bundesregierung erhält jetzt Bundesminister Hermann Gröhe das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7034720 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 201 |
Tagesordnungspunkt | Gesundheit |