Bärbel BasSPD - Gesundheit
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Weinberg, auch ich will gerne auf die Finanzierung eingehen. Ich kann mich noch sehr gut an die Debatten erinnern, die wir 2013 geführt haben, als wir die Mittel im Gesundheitsfonds vorübergehend abgesenkt haben; Kollege Blienert hat das angesprochen. Wir als SPD-Fraktion haben damals gesagt: Ja, wenn es vorübergehend ist, tragen wir das mit; aber wir werden dafür sorgen, dass die Mittel wieder aufwachsen. – Heute wissen wir: Im Haushalt werden 14,5 Milliarden Euro bereitgestellt, und 2012 waren es 14 Milliarden Euro. Insofern kann man sagen – ich kann mich, wie gesagt, noch sehr gut an die Debatten erinnern –: An dieser Stelle haben wir Wort gehalten.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Harald Weinberg [DIE LINKE])
– Ja, ich komme noch zu diesem Punkt.
Es geht beim Gesundheitsfonds – ich will das einmal nennen – um die pauschale Abgeltung der Aufwendungen der Krankenkassen für gesamtgesellschaftliche Aufgaben; das ist das, was Sie gerade angesprochen haben. Da geht es um die Mitversicherung von Ehegatten und Kindern, um Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft und vieles mehr.
(Erich Irlstorfer [CDU/CSU]: Genau! Mehr Schutz!)
Uns ist vollkommen klar, dass das Geld nicht ausreicht; es gibt dazu unterschiedliche Schätzungen, auch von den Krankenkassen. Trotzdem will ich hier festhalten, dass wir Wort gehalten und diesen Aufwuchs ermöglicht haben.
(Beifall des Abg. Thomas Stritzl [CDU/CSU])
Sie haben die Liquiditätsreserve angesprochen. Dazu muss man noch einmal erklären: Das sind geparkte Rücklagen im Gesundheitsfonds. Im Moment haben wir in dieser Liquiditätsreserve, die zurzeit so nicht gebraucht wird, 10 Milliarden Euro. Deshalb ist es richtig, dass man den Kassen diese 1,5 Milliarden Euro jetzt auch wieder zurückgibt. Ich erinnere daran, was in den letzten Tagen in der Presselandschaft zu erfahren war, dass Strafzinsen anfallen, weil da so viel Geld liegt. Deswegen halte ich persönlich es für richtig, dass wir das zurückgeben. Über die Begründung können wir uns gerne streiten. Wir als SPD haben dazu gesagt: Die Begründung halten wir für falsch, weil das Geld – die 1,5 Milliarden Euro – im Rahmen des Risikostrukturausgleichs zurückgegeben wird und deshalb auch Kassen davon profitieren werden, die vielleicht gar keine Flüchtlinge zu versorgen haben, etwa geschlossene Betriebskrankenkassen. Die würden das Geld ebenfalls bekommen. Deswegen ist die Begründung genauso falsch, wie Sie das geschildert haben. Aber dass wir dafür sorgen, dass die Kassen das Geld zurückbekommen, ist richtig, weil eben 10 Milliarden Euro in der Rücklage sind, die nicht benötigt werden. Die gute Nachricht für die Versicherten ist, dass damit der Beitragssatz im nächsten Jahr stabil gehalten wird.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Maria Michalk [CDU/CSU])
Dennoch dürfen uns diese gute Situation und die vielen positiven Beschlüsse, die wir zur Verbesserung der Versorgung gefasst haben, nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir strukturelle Probleme haben. Ich will das hier noch einmal ansprechen, weil wir das als SPD klar benannt haben: Der Risikostrukturausgleich ist – ich weiß das – etwas für Feinschmecker. Wir haben da, wie gesagt, strukturelle Probleme. Denn wenn wir feststellen müssen, dass Kassen auf perfide Art und Weise auf die Idee kommen, Kodierungen mit Ärzten abzusprechen, um damit den Anteil, den sie aus dem Risikostrukturausgleich bekommen, zu erhöhen, dann ist das – das muss man hier einmal festhalten – ein Skandal.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Insofern kann ich die Fachaufsicht und die Versicherungsämter nur bitten, das ganz kritisch zu prüfen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Dennoch scheint auch eine Ursache zu sein, dass der Risikostrukturausgleich Verteilungsprobleme mit sich bringt. Deshalb finde ich es richtig, dass wir in der Großen Koalition gemeinsam beschlossen haben, ein weiteres großes Gutachten zum Risikostrukturausgleich in Auftrag zu geben. Denn die alte Datenbasis ist aus 2009. Der letzte große Bericht zu diesem Risikostrukturausgleich stammt aus dem Jahr 2012. Deshalb ist es nur richtig, dass wir jetzt einen Punkt setzen und sagen: Wir brauchen ein Folgegutachten, um uns möglicherweise vorhandene Fehlentwicklungen in der Verteilung genau angucken zu können. Dann können wir auch vernünftige Rückschlüsse ziehen. Das sollten wir auf jeden Fall tun.
(Beifall bei der SPD)
Und wir sollten noch einmal darüber nachdenken, ob wir nicht auch – das will ich noch einmal in die Debatte werfen – Kodierrichtlinien brauchen, um genau dieser Manipulation entgegenwirken zu können. Ich weiß, dass das ein schwieriges Thema ist. Es würde uns aber vielleicht vor diesen Manipulationen mithilfe falscher Kodierungen schützen.
Vorhin ist angesprochen worden, dass wir mit Blick auf die finanziellen Folgen der Gesetze, die wir gemacht haben, die Beitragssätze stabil halten. Aber wir wissen nicht, ob das so bleibt. Deswegen ist der Zusatzbeitrag von einigen meiner Vorredner angesprochen worden. Ich glaube, es ist auch im Sinne der Arbeitgeber, dass wieder Parität hergestellt wird. Denn es kann nicht sein, dass zukünftige Leistungsverbesserungen – die wir alle wollen und hier beschlossen haben – allein durch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bezahlt werden. Deshalb ist die Rückkehr zur Parität wichtig, richtig und auch im Sinne von Arbeitgebern.
(Beifall bei der SPD)
Zum Schluss will ich auf das Thema HIV-Stiftung eingehen, weil der Kollege Weinberg das im Zusammenhang mit einem Antrag der Linken angesprochen hat. In der ersten Lesung habe ich das Thema schon einmal angesprochen. Hier geht es um die Personen, die in den 80er-Jahren über Blutprodukte mit HIV infiziert wurden. Ich bin den Haushältern – ich habe bei der ersten Lesung angekündigt, dass wir uns dafür einsetzen werden – sehr dankbar dafür, dass wir bis ins Jahr 2018 – so ist die Botschaft bei mir angekommen – die Finanzierung der Stiftung gesichert haben. Das ist für mich eine gute Botschaft in Richtung der Betroffenen.
(Beifall bei der SPD)
Aber – jetzt kommt mein großes Aber – wir sind damit noch nicht am Ende. Wir müssen, wie ich finde, darüber diskutieren und beschließen – ob in dieser Legislatur oder in der nächsten; mir wäre es lieber, in dieser –, dass der Finanzierungsvorbehalt aus dem HIV-Hilfegesetz herauskommt. Wenn wir immer wieder von Jahr zu Jahr gucken müssen, dass wir die Haushaltsmittel sicherstellen, bedeutet das keine sichere Situation für die Betroffenen und ihre Familien.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Als SPD werden wir auch die Dynamisierung der Leistungen fordern. Ich sage das hier auch, weil es seit 1995 keine Veränderung der Leistungen für die Betroffenen gegeben hat, nicht einmal einen Inflationsausgleich. Deshalb und weil wir das auch gemeinsam beraten müssen, wollte ich dieses Thema hier noch einmal ansprechen.
Ich will aber deshalb abwarten, weil im Moment – das ist für uns wichtig; deshalb haben wir Ihren Antrag auch abgelehnt, Herr Weinberg – immer noch Verhandlungen auch mit den Organisationen stattfinden, die damals bei dem Bluterskandal mit involviert waren, nämlich mit der Pharmaindustrie und mit dem Deutschen Roten Kreuz. Wir wollen nach wie vor, dass sich diese Institutionen an der Finanzierung beteiligen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das ist ein wichtiger Punkt, und das wollen wir erst abwarten.
Spätestens im nächsten Jahr werden wir aber wissen, welche Beteiligung dieser Institutionen es geben wird. Dann werden wir auch über die Dynamisierung der Leistungen für die Betroffenen reden müssen. Das tun wir bei anderen Stiftungen auch, und ich finde, bei dieser Stiftung sollten wir das ebenfalls tun.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank. – Nächste Rednerin ist Elisabeth Scharfenberg, Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7034740 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 201 |
Tagesordnungspunkt | Gesundheit |