22.11.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 201 / Tagesordnungspunkt I.7

Thomas StritzlCDU/CSU - Gesundheit

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist zwar schon alles gesagt, bloß noch nicht von mir. Das ist natürlich verlockend. Lassen Sie mich deshalb einfach noch ein paar Punkte highlighten.

Das Erste ist etwas Grundsätzliches: Wir haben in diesem Haushalt als Koalition zum dritten Mal in Folge eine schwarze Null. Wir werden sogar im Gesamtbundeshaushalt 700 Millionen Euro an Altschulden tilgen. Ich halte das für eine große Leistung.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Edgar Franke [SPD])

Wenn man im Lande herumschaut – elf Länder werden ja nicht von der Union regiert –,

(Zurufe von der SPD: Oh!)

können Sie da einen Unterschied feststellen. In dem Sinne, lieber Herr Professor: Lieber eine schwarze Null als ein roter Zocker.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

So, das war Punkt eins.

Punkt zwei: Versprochen und gehalten – das stimmt auch für den Einzelplan des Bundesgesundheitsministers. Die im letzten Jahr weggenommenen 500 Millionen Euro werden jetzt wieder draufgelegt. Das hat der Minister damals angekündigt – übrigens auch Herr Lauterbach, wie ehrlicherweise zu sagen ist –; gemeinsam haben wir dafür gesorgt, dass sie jetzt wieder draufgelegt werden. Versprochen und gehalten ist ein weiteres Markenzeichen auch für diesen Bereich.

Lassen Sie es mich kurz machen. Man könnte eine Menge aufzählen angesichts der guten Leistungen dieses Ministeriums, seiner Führung, der Staatssekretärin, des Staatssekretärs. Ich sage: Hut ab, Herr Minister, für das, was Sie geleistet haben – für Ihr Ressort, für die Patienten und Versicherten und damit für die Menschen in unserem Land! Respekt!

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Edgar Franke [SPD])

Statt sich von dieser Welle des Erfolges, die es ja gibt, Herr Kollege, und an der Sie als Koalitionspartner natürlich einen Anteil haben – das ist ja unstrittig –, ein Stück mittragen zu lassen, versuchen Sie die Axt an dieses erfolgreiche Gesundheitssystem zu legen und beginnen immer wieder die Diskussion über die sogenannte Bürgerversicherung.

(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Ist doch richtig! Bürgerversicherung ist doch richtig!)

Ich will ja nicht bestreiten, dass es Ihnen damit gelungen ist, einen relativ sympathisch klingenden Begriff zu kreieren. Aber er suggeriert natürlich Falsches. Erstens sind alle Leute versichert; das haben Sie ja vorhin selbst dargestellt. Und zweitens ist es so, dass die Bürgerversicherung wie auch immer geartete Probleme, die Sie ja gar nicht erst beschreiben, nicht löst. Was, bitte schön, löst sie nachhaltig wie? Bis heute haben Sie das nicht dargelegt.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn mit den Rentnern? Was ist denn mit den Kleinselbstständigen? Wir könnten jetzt anfangen damit!)

– Ja, fangen Sie damit an; aber dann machen Sie es bitte auch nachhaltig, und setzen Sie sich bitte auch mit den Punkten auseinander, um die es bei der Bürgerversicherung geht. Dann müssen Sie bitte schön auch sagen, dass das Prinzip „allen Wohl, keinem Wehe“, was Sie suggerieren, nicht stimmt. Richtig ist – das sagt Ihnen Verdi; das sagt Ihnen die Hans-Böckler-Stiftung mittlerweile in der zweiten Studie –, dass Sie so Zehntausende von Arbeitsplätzen vernichten würden. Und da sagen Sie: Das wollen wir ja gar nicht.

(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Das ist Quatsch, was Sie sagen!)

– Nein, das ist nicht Quatsch.

(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Natürlich ist es Quatsch!)

Das steht doch sogar in den Studien. Ich habe sie gar nicht in Auftrag gegeben. Dass wir die Hans-Böckler-Stiftung beauftragt haben, stimmt nicht.

(Hilde Mattheis [SPD]: Aber Sie haben sie nicht gelesen, Herr Stritzl!)

Es gibt vier Szenarien, gnädige Frau, in denen es heißt: im Zweifel ein Verlust zwischen 22 000 und 56 000 Arbeitsplätzen, die nicht kompensierbar sind. Ihr Ansatz – in einer Zeitung habe ich ihn vom stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der SPD dargestellt gesehen –, das könne man kompensieren, daraus könne man ja Pflegestellen machen, geht nach dem, was die Hans-Böckler-Stiftung sagt, nicht auf. Sie müssen das dann hier und heute oder auch woanders erklären und sagen, warum Ihr Bundeswirtschaftsminister bei Tengelmann sagt: „Wenn es um 15 000 Arbeitsplätze geht, beuge ich das Wirtschaftsrecht“,

(Widerspruch bei der SPD)

Sie aber zugleich, wenn es um 50 000 Arbeitsplätze geht, es zum zentralen Ziel Ihres Wahlprogrammes erklären, diese Arbeitsplätze zu riskieren. Das kann nicht angehen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Herr Gabriel muss sich an dieser Stelle zu seiner Verantwortung bekennen und erklären, ob er hier die gleiche Messlatte anlegt wie bei Kaiser’s Tengelmann oder ob ihm 15 000 Arbeitsplätze im Einzelhandel wichtiger sind als 50 000 Arbeitsplätze in der Versicherungsbranche. Beides darf man nicht unterschiedlich handhaben; man muss hier die gleiche Messlatte anlegen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Versichertenbranche haben den gleichen Schutzanspruch wie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Einzelhandel. Deswegen sage ich: Wenn er die Hand reicht zu diesem Projekt, das nach allen uns vorliegenden Gutachten im Wesentlichen dazu führt, Arbeitsplätze zu vernichten

(Beifall des Abg. Erich Irlstorfer [CDU/CSU])

– ich will mich gar nicht darüber streiten, ob es 50 000 oder 100 000 sind; das RWI sagt jedenfalls: volkswirtschaftlich nur negative Folgen –, und vor dem Hintergrund dessen, was er bei Kaiser’s Tengelmann gemacht hat, zur Bürgerversicherung Ja sagt, dann kann er auch gleich seinen Hut nehmen, finde ich.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir haben in der Diskussion zu diesem Haushalt heute auch eine Menge dazu gehört, was verabsäumt worden sein soll. Ich glaube, dass man bei dieser Regierung und bei diesem Minister mit Recht sagen kann: Die Gesetze, die wir auf den Weg gebracht haben, haben den Menschen genützt. Die Qualität in den Krankenhäusern wurde erhöht. Die Ausschreibung zur Unabhängigen Patientenberatung wurde vom Parlament in den Strukturen festgelegt.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Von Ihnen, genau!)

– Sie ist vom Parlament festgelegt worden. – Es war die Aufgabe des Ministeriums, des zuständigen Staatssekretärs, aufgrund dieser Ausschreibung zu entscheiden. Das hat er gemacht. Dazu ist die Vergabekammer angerufen worden; sie hat keinen Verfahrensverstoß festgestellt. Damit muss man dann auch leben. Dass eine Ausschreibung ein aus Sicht von Dritten nicht gewünschtes Ergebnis haben kann, mag sein. Dieses Verfahren ist aber nach bestem Wissen und Gewissen durchgeführt worden. Das Ergebnis ist, dass die telefonische Befragung deutlich mehr in Anspruch genommen wird.

Eine höhere Durchdringung war doch unser Ziel. Wir wollten, dass mehr Menschen die Möglichkeit haben, dieses Instrument in Anspruch zu nehmen. Nun findet das statt. Dann sollte man das nicht als irgendetwas Schlechtes oder irgendetwas Vorgeformtes kritisieren. Hier ist in der Tat im Wettbewerb ein anderer Bewerber, als Sie es sich vielleicht vorgestellt haben, ausgewählt worden. Aber die Arbeit, die er leistet, erreicht offensichtlich mehr bedürftige Menschen, Patienten und Versicherte, als es vorher der Fall gewesen ist.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Offensichtlich nicht! Fragen Sie Ihr Ministerium! Die Zahlen liegen vor!)

Haben wir doch die Kraft, in Ruhe abzuwarten! Wenn es in Zukunft Probleme geben sollte, dann wird man darauf sachgerecht reagieren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ein Letztes zum Thema Pflege. Vorhin ist gesagt worden, wir hätten alles nur teurer gemacht und uns nicht um die Probleme gekümmert. Ich verstehe das gar nicht, weil auf der anderen Seite gefordert wird, die Pflegerinnen und Pfleger besser zu bezahlen. Ich bin schon der Meinung, dass wir sehr aufpassen müssen, wie wir den Dienst am Menschen – genauso wie den Dienst an der Maschine – auf Dauer finanzieren. Da sind wir nicht so weit auseinander, wie Sie vielleicht glauben. Aber dieser Minister erhebt dafür einen höheren Beitrag und gibt auf diesem Weg jährlich 5 Milliarden Euro mehr ins System. Damit schafft er doch die Voraussetzung, um dem, was Sie sich wünschen, gerecht zu werden. Dafür hat er, wie ich finde, Dank verdient; denn das war ein mutiger Schritt, den die Große Koalition gemacht hat. Wir haben gesagt: Wenn wir mehr Geld für die Pflege brauchen, dann müssen wir auch bereit sein, mehr Geld einzusammeln. – Das ist nicht populär. Aber gerade mit Blick auf die älter werdende Generation, die Sie auch angesprochen haben, kann man meines Erachtens sagen: Das war der richtige Weg. Es war ein schwieriger Weg. Aber gemessen an dem, was dort auf uns zukommt, war der Mut zur Entscheidung bei diesem Minister und bei der Großen Koalition zum richtigen Zeitpunkt gegeben.

Insofern bleibe ich dabei: Das, was der Minister zusammen mit seinem Haus geleistet hat und was die Große Koalition politisch unterlegt hat, indem sie diesen Weg mitgetragen hat, war gut für die Gesundheitspolitik Deutschlands. Hier ist mehr passiert als in vielen Legislaturperioden vor uns. Darauf sollten wir gemeinsam als Koalition stolz sein.

Vielen Dank.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7034762
Wahlperiode 18
Sitzung 201
Tagesordnungspunkt Gesundheit
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