Hiltrud LotzeSPD - Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Zunächst eine Anmerkung an die Adresse von Herrn Kollegen Wanderwitz. Herr Wanderwitz, Sie haben ja zu Recht gelobt, dass der Etat der BKM aufwächst. Dass es aber überhaupt eine Bundesbeauftragte für Kultur und Medien gibt, das ist der SPD zu verdanken.
(Beifall bei der SPD – Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Rot-Grün war das!)
Diese Funktion wurde 1998 von der Regierung Schröder überhaupt erst eingeführt, und der erste Amtsinhaber war Michael Naumann. – Das nur einmal zur Vervollständigung der Debatte.
(Beifall bei der SPD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Kunst und Kultur sind mehr als schmückendes Beiwerk; sie sind wichtig für jeden einzelnen Menschen und für uns als Gesellschaft insgesamt. Deswegen ist es gut, dass dieser Etat aufwächst. Ich danke auch noch einmal ausdrücklich unseren beiden Haushaltspolitikern Johannes Kahrs und Rüdiger Kruse, dass sie sich mit uns gemeinsam dafür eingesetzt haben.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Ich greife drei Punkte heraus, die im Bereich der Kultur wichtig sind, weil sie für die Bewusstseinsbildung unserer Gesellschaft identitätsstiftend sind.
Erstens: das Sonderprogramm zum Schutz unserer Denkmäler. Es gibt in der Bundesrepublik 1,3 Millionen Denkmäler, ein Teil davon ist in seiner Substanz gefährdet. Mit den Mitteln in Höhe von 70,5 Millionen Euro, die jetzt in den Topf kamen, können sie erhalten und gesichert werden.
(Beifall bei der SPD)
Zweitens: die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Sie erhält in den nächsten Jahren 1,3 Millionen Euro mehr und kann damit ihre wichtige und hervorragende Arbeit sowie die bundesweiten Projekte finanziell abgesichert fortsetzen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Frau Lotze, Entschuldigung. – Darf ich die Kollegen und Kolleginnen bitten, der letzten Rednerin in der großen Debatte zuzuhören? Sie wollen gleich abstimmen, und Sie müssen wissen, worüber Sie abstimmen.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Ach nein! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)
Sie können bei der Frau Lotze noch einiges dazulernen;
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
also bitte, hören Sie zu, und setzen Sie sich hin.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist ja was ganz Neues!)
Das gilt für alle.
Vielen Dank. – Drittens: die Gedenkstätten, die an die Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus und an die SED-Diktatur erinnern und damit auch mahnen. Es ist ungeheuer wichtig, dass Menschen, besonders junge Menschen, sich an diesen authentischen Orten wie den Gedenkstätten mit unserer Geschichte auseinandersetzen können.
Die jungen Menschen wollen das auch. Ich habe das erst neulich wieder in einem Schulprojekt erfahren, als ich mit Schülerinnen und Schülern einer zehnten Klasse am Gymnasium Lüchow in meinem Wahlkreis zur Erinnerungspolitik gearbeitet habe. Die Forderung der Schüler ist: Jede Schulklasse muss mindestens einmal eine Gedenkstätte besuchen, und dieser Besuch sollte öffentlich gefördert werden.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Dafür brauchen die Gedenkstätten Geld für pädagogisches Personal, besonders vor dem Hintergrund, dass eben immer mehr Menschen dort hinkommen. Das ist ein Erfolg. Die Besuchergruppen, die dort hinkommen, werden immer bunter: Es gibt Menschen mit unterschiedlichen Nationalitäten, mit unterschiedlichen Religionen und mit unterschiedlichen Geschichtsbildern. Deswegen ist es wichtig, dass die Gedenkstätten über ausreichend finanzielle Mittel verfügen.
Es ist uns gelungen, einige personell besser auszustatten, zum Beispiel die KZ-Gedenkstätte Flossenbürg.
(Beifall der Abg. Ulli Nissen [SPD])
Andere Gedenkstätten sind leider leer ausgegangen, zum Beispiel die Gedenkstätte Bergen-Belsen. Sie macht eine hervorragende internationale Arbeit. Ich weiß, dass auch hier zu wenig Geld vorhanden ist, um die Arbeit so ausführen zu können, wie es die Besucherströme eigentlich erfordern.
Das Wichtige an dieser Erinnerungsarbeit ist doch nicht nur, dass wir zurückschauen. Erinnerungsarbeit ist immer auch zukunftsgewandt; denn die Arbeit in den Gedenkstätten ist im besten Sinne Demokratie- und Menschenrechtsbildung.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, eines fehlt aber im Bundeshaushalt: Das sind die Mittel für das Freiheits- und Einheitsdenkmal. Der Haushaltsausschuss hat den Bau aufgrund der Kostensteigerungen gestoppt. Diese Entscheidung akzeptieren wir SPD-Kulturpolitikerinnen und ‑Kulturpolitiker. Wir sind uns aber einig, dass dadurch die Idee eines Freiheits- und Einheitsdenkmals, dessen Errichtung auf einem Bundestagsbeschluss beruht, nicht gestorben sein darf.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich freue mich, dass ich die Gelegenheit habe, vor vollem Haus zu sprechen. Worum geht es? Es geht darum, ein Denkmal zu errichten, das an die friedliche Revolution von 1989 erinnert. Mutige Menschen haben damals die Mauer von innen niedergerissen. Sie haben gezeigt, dass die Kraft der Freiheit, der Demokratie und der Verantwortung stärker ist als die Kraft der Unterdrückung. Ich bin mir sehr sicher, dass wir uns alle hier mehrheitlich darin einig sind: Es ist uns etwas wert, dieses positive und schöne Ereignis der deutschen Demokratiegeschichte mit einem eigenen und neuen Denkmal zu würdigen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7035300 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 202 |
Tagesordnungspunkt | Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt |