Heinz RiesenhuberCDU/CSU - Wirtschaft und Energie
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! Die Debatte hat mir schon Freude gemacht. Das war ein wohlerwogener Streit. Auf zwei Punkte werde ich noch eingehen, liebe Frau Andreae.
Ich habe mich besonders über die Rede des Vizekanzlers gefreut. Das war eine schöne Ergänzung zur Rede der Kanzlerin. Bei den meisten Stellen konnten wir mit Fröhlichkeit mitklatschen – ein Zeichen für die brüderliche Einmütigkeit dieser vorzüglichen Regierung.
(Heiterkeit bei der CDU/CSU)
An einem einzigen Punkt haben wir vielleicht eine kleine Differenz. Aber vielleicht streiten wir uns darüber im Wahlkampf. Steuersenkungen macht man nicht deshalb, um Menschen glücklich zu machen – wir haben nicht vor, Menschen glücklich zu machen –, aber wir haben gelernt, dass das Geld, das bei den Leuten bleibt, die es erarbeitet haben, am klügsten, am effizientesten und am besten von ebendiesen Leuten eingesetzt wird.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wenn das Geld bei den Leuten bleibt, dann läuft der Laden. Insofern war es eine großartige Sache, dass wir in dieser Periode keine Abgaben erhöht haben, außer denen für die Pflegeversicherung, die wir vereinbart hatten. Wir haben keine Steuern erhöht. Die Leute atmen ein bisschen leichter. Wenn die Fröhlichkeit der Menschen zunimmt, dann wächst das Land.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wolfgang Schäuble – Entschuldigung: der hochverehrte Herr Bundesfinanzminister – hat zu Beginn der Woche gesagt: Wir müssen unsere Zukunftsfähigkeit bewahren. – Jawohl, das ist in vielen Bereichen der Fall. Auch die Fröhlichkeit der Menschen gehört dazu. Dazu gehören die Arbeit und die Arbeitsplätze, die uns zuwachsen. Dazu gehören tüchtige Familien, die fröhliche Kinder heranziehen. Dazu gehört der Frieden im Land.
Aber dazu gehören auch der Wohlstand und die Zuversicht, dass er weiter wachsen kann. Dafür ist der stärkste Anker in unserem Land in einer immer noch und, wie wir hoffen, auch weiterhin offenen Welt ein Vorsprung in Wissenschaft und Technik und in der Gestaltung der Zukunft mit Blick auf Arbeit und Umwelt. Da haben wir in den letzten fast zwölf Jahren eine großartige und stetige Arbeit hingelegt. Die entsprechenden Forschungsausgaben des Bundes sind gestiegen – das wurde mehrfach gepriesen –, sie wurden fast verdoppelt in dieser Zeit. Schön. Aber das Geld wurde auch ziemlich intelligent eingesetzt. Geld ersetzt Intelligenz nur begrenzt, aber wenn man Geld und Intelligenz zusammenbringt, dann kann das hilfreich sein.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich sehe, welche Schwerpunkte wir gesetzt haben, auch in diesem Haushalt. Mehrere Kollegen haben zu Recht gepriesen, dass der Mittelstand eine Säule unserer Wirtschaft ist. Mark Hauptmann sprach von den Hidden Champions. Aber es gibt eben auch ein breites Feld derer, die die Sorge haben – auch dies ist kurz angesprochen worden –, dass die Innovationsfähigkeit des Mittelstandes nachlässt. Es ist richtig, dass wir für die Industrielle Gemeinschaftsforschung 2017 30 Millionen Euro zusätzlich bereitgestellt haben. Fast noch wichtiger ist, dass wir die entsprechenden Verpflichtungsermächtigungen um 48 Millionen Euro erhöht haben. Ich sage „wir“, obwohl ich kein Mitglied des Haushaltsausschusses bin. Andreas Mattfeldt und Thomas Jurk sind kluge Berichterstatter.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Das kann man doch wohl mal sagen!)
Sie denken im gleichen Geist wie die Fachpolitiker hier, und das ist gut für Deutschland. Wir haben die Sache also durchaus ausgebaut.
Frau Andreae, Sie mahnen die steuerliche Forschungsförderung an.
(Beifall der Abg. Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
– Schön, dass Sie mir applaudieren. Sie wissen, dass ich im Herzen dabei bin.
(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ich auch!)
– Sie auch? – Das wird schon sehr gut. Dann wollen wir es einmal alle in unsere Wahlprogramme schreiben.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wer auch immer nach der Wahl koaliert, wird hier ein interessantes Arbeitsfeld in den Verhandlungen mit dem Finanzminister haben.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Jetzt ist dafür nicht der Kairos, der rechte Moment.
Wir haben aber jetzt – das läuft leise, aber es ist wahr – mit Zustimmung des Finanzministers den Erhalt der Verlustvorträge für die Wagniskapitalgesellschaften bei Beteiligungen an jungen Technologieunternehmen in einen vernünftigen Arbeitsprozess gebracht. Der Finanzminister sagt: 600 Millionen Euro mag das im Jahr kosten. – Daran haben wir seit mittlerweile zehn Jahren gearbeitet. Mit dem früheren Finanzminister Steinbrück waren wir uns hier schon einmal einig gewesen. Alle haben uns gesagt: Das ist europafest. – Das war aber nicht ganz der Fall.
Dass wir bei allem, was wir tun, die Schwerpunkte in der Zusammenarbeit mit Europa sinnvoll abstimmen, ist auch eine wichtige Sache. Vom Mikroelektronikprogramm sehen wir im jetzigen Haushalt nur die Spitze des Rüssels.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Dessen Anfinanzierung umfasst Mittel in Höhe von 50 Millionen Euro – viel Geld. Aber der Wirtschaftsminister hat insgesamt rund 1 Milliarde Euro bis 2020 vorgesehen, und das ist nur ein Teil des gesamten Elefanten. Die deutsche Wirtschaft wird zusätzlich 2,4 Milliarden Euro bereitstellen. Die anderen Partner in Europa wollen das Ganze auf 6,5 Milliarden Euro aufstocken. Das geschieht auf einem Feld, auf dem wir noch ziemlich stark sind und stark engagiert sind, etwa bei Aktoren, Sensoren, Leistungselektronik, Halbleiterelektronik. Es ist also ein großer Bereich.
Hier hat die Europäische Kommission, über die wir uns bei den Verlustvorträgen herzlich geärgert haben, als politische Kommission durchaus politische Intelligenz gezeigt; denn sie hat wichtige Projekte gemeinsamen europäischen Interesses – dieser gehört dazu – definiert, bei denen die Frage der Beihilfeprüfung nach anderen vernünftigen Kriterien erfolgt. Europa stand sich manchmal selbst im Weg.
(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Ja!)
Das ist schade, auch weil es die Leidenschaft der Menschen für Europa nicht immer hinreichend befeuert.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Dennoch: In kritischen Situationen einen politischen Konsens über wichtige Dinge zu erreichen, das ist eine gute Sache.
Es gibt viele wunderbare Themen. Wir müssten hier über die Industrie 4.0 sprechen – eine geniale Vision. Die Idee ist, dass man hier eine Spitzmarke setzt, um das, was digital in der Produktion geschehen muss, wirklich zu einem Thema zu machen, bei dem sich jeder einzelne Unternehmer überlegt: Was bedeutet das? Was bedeutet das für meinen Zugang zum Markt, für mein Verhältnis zu den Zulieferern und für meine Vernetzung? Wie kann ich meine Strategien anlegen? Dies wächst jetzt erst langsam heran. Dass wir noch Rahmenbedingungen setzen müssen, dass wir internationale Standards bekommen müssen, dass wir gemeinsame Infrastrukturen erhalten, dass wir hier Plattformen aufbauen – wir haben neun Plattformen und zwei Foren –, die Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft wirklich zu einem gemeinsamen Verständnis und zu einem gemeinsamen Handeln heranziehen, das gehört entscheidend dazu.
Dies alles wird auch in den nächsten Jahren ziemlich viel kosten. Wir haben unsere Aufwendungen für Forschung – ich sagte es zu Beginn – in den vergangenen zwölf Jahren nahezu verdoppelt, und die Wirtschaft hat mitgezogen. Was passiert, wenn wir vorangehen und uns niemand folgt? Herr Vizekanzler, Sie sprachen davon, dass wir uns ein Beispiel an Korea nehmen sollten, wo heute 4,3 oder 4,4 Prozent des Bruttosozialprodukts für die Forschung ausgegeben werden. Im Innovationsprogramm Ihrer Partei, der Sie ja angehören –
(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)
ich spreche sonst nicht parteipolitisch zu Ihnen –, steht, dass wir im Jahr 2025 auf 4,0 Prozent kommen müssen. Solche Ziele bedeuten, dass der Bund mit seinem Budget Schritt hält, sonst funktioniert es nicht. Das sind enorme Beträge. Dies hier klarzumachen, bevor wir in die nächste Periode gehen, sodass jeder weiß, welche Schwerpunkte zu setzen sind, das wird eine der großen Aufgaben sein. Das dürfen wir nicht leise machen, das muss durch die Faszinationskraft der Zukunft erkennbar werden.
Die Kanzlerin sprach von der digitalen Welt, in die wir gehen. Hierbei die Menschen mitzunehmen, ist eine der großen Aufgaben. Es geht nicht nur darum, technisch erfolgreich zu sein. Der Digitalpakt, den die Bildungsministerin andenkt, ist ein wichtiges Element. Wir hoffen, dass die Länder dabei mitziehen. Dies alles muss zu einer einzigen Strategie zusammenfließen, die deutlich macht, dass wir mit Vernunft und Augenmaß die Zukunft bewältigen können, in der jeder sein Leben aus Freude an den eigenen Aufgaben gestalten kann. Wir alle zusammen sind eine Gemeinschaft mit unterschiedlichen Meinungen, über die wir uns in einem fröhlichen Streit im Parlament austauschen und dann Entscheidungen treffen, zu denen wir stehen. Das ist die Grundlage dafür, dass die Menschen auch in Zukunft glücklich in diesem Land leben.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 203 |
Tagesordnungspunkt | Wirtschaft und Energie |