Albert RupprechtCDU/CSU - Bildung und Forschung
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! An dieser Stelle auch von unserer Seite ein herzliches Dankeschön an das Haus für den Haushalt 2017, verbunden mit einem Dank an die Ministerin. Auch von mir an sie die besten Genesungswünsche! Ich bedanke mich auch bei den Berichterstattern aller Fraktionen. Ganz besonders bedanke ich mich am heutigen Tag bei Anette Hübinger, unserer Haushaltsberichterstatterin. Sie hat angekündigt, nicht mehr für den Deutschen Bundestag zu kandidieren. Das ist heute sicherlich ihre letzte Haushaltsberatung. Liebe Anette, es war immer superschön und angenehm, mit dir als Haushaltsberichterstatterin und als Fachpolitikerin zusammenzuarbeiten. Ein herzliches Dankeschön an dich!
(Beifall im ganzen Hause)
Es ist heute eine besondere Debatte, weil es die letzte in dieser Legislatur ist. Es ist aus der Sicht der Unionsfraktion aber auch eine Debatte, in der wir – 2005 kamen wir in die Regierung – auf elf Jahre zurückschauen und in diesem zeitlichen Horizont darstellen können, welche Prinzipien, welche dominanten Elemente und Bausteine wir hatten. Das möchte ich in dieser Debatte über die aktuelle Situation des Haushalts 2017 hinaus machen. Darüber hinaus möchte ich in die Zukunft schauen. Wir haben als Fachpolitiker der Unionsfraktion seit der Klausur im Frühjahr ein „Ideenpapier 2018“ vorgelegt, das inzwischen 40 Seiten umfasst und sich tagtäglich weiterentwickelt. Darin legen wir als Fachpolitiker unsere Vorstellungen dar, wie wir diesen Bereich in den nächsten Jahren gestalten wollen.
Zu den Schwerpunkten, zu den prägenden Merkmalen dieses Haushalts gehört natürlich, dass wir im Forschungs- und Bildungsbereich einen massiven finanziellen Aufwuchs haben – die Zahl wurde genannt –: Der BMBF-Etat ist seit 2005 – ich beziehe mich auf den langen zeitlichen Horizont, seit wir an der Regierung sind – von 7,5 Milliarden Euro auf 17,6 Milliarden Euro gestiegen. Das heißt, er hat sich mehr als verdoppelt: Die Steigerung liegt bei 133 Prozent.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich finde, das ist ein herausragendes Ergebnis.
Bevor ich einen Vergleich mit anderen Ländern, aber auch mit einzelnen Bundesländern ziehe, zunächst ein Vergleich mit den USA, dem Maßstabsland, wenn es um Innovationskraft geht: Die USA forschen in der Tat auf sehr hohem Niveau, auch was die Finanzausstattung betrifft. Richtig ist aber auch – das erkennt man, wenn man sich die Zahlen anschaut –, dass die Ausgaben im Bundeshaushalt der USA von 2005 bis 2016, also im besagten Zeitraum, um 13 Milliarden Euro gesunken und nicht gestiegen sind; das heißt, sie sind um fast 10 Prozent zurückgegangen. Also: Bei uns sind sie um 133 Prozent gestiegen, in den USA sind sie um 10 Prozent gesunken.
Insofern ist es schon eine klare Ansage, wenn wir in Gesprächen mit Wissenschaftlern in den USA erfahren, dass sie dort zwar sehr gut forschen können und dass das Niveau dort hoch ist, dass sie aber mit Neid und Bewunderung nach Deutschland schauen und sagen: Die Dynamik, die ihr habt, haben wir bei uns nicht. – Ich glaube, das kann uns ermutigen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Zum Vergleich mit den Bundesländern – nur für den Bildungsbereich; Frau Gohlke, Sie sagen, wir tun nichts für die Bildung –, die originär für die Bildung zuständig sind: In den Jahren 2005 bis 2015 ist der Bundeshaushalt um 112 Prozent gestiegen. Ihrer Meinung nach ist das nichts. 112 Prozent Steigerung sind nichts? Diejenigen, die originär dafür zuständig wären, die Bundesländer, hatten im selben Zeitraum lediglich eine Steigerung um 36 Prozent.
(Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Weil die keinen Bock haben, oder wie?)
Inzwischen sind Sie im postrealistischen Zeitalter angekommen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Da sitzen die Demagogen!)
Es gibt auch Unterschiede zwischen den Bundesländern. In meinem Heimatland Bayern ist die Welt noch ein ganzes Stück in Ordnung.
(Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Oh!)
Dort gab es eine überdurchschnittliche Steigerung um 54 Prozent, in Nordrhein-Westfalen hingegen eine unterdurchschnittliche Steigerung um lediglich 35 Prozent.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist die sogenannte Rüttgers-Delle!)
Wer behauptet, die Länder und Kommunen seien klamm, der Bund hätte ja das Geld, der sollte die Realitäten und Fakten zur Kenntnis nehmen; das führt zu einer realistischen Sicht. Ja, die Steuereinnahmen des Bundes sind in diesem Zeitraum um 45 Prozent gestiegen; das war ein erheblicher Zuwachs aufgrund der wirtschaftlich starken Situation. Aber die Einnahmen der Länder sind um 51 Prozent und die Einnahmen der Kommunen sogar um 53 Prozent gestiegen. Deswegen ist es nicht primär eine Frage der Steuereinnahmen der jeweiligen Länder, sondern es ist eine Frage des politischen Willens und der Prioritätensetzung, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Zahlen beweisen auch, dass das ständige Geschrei des linken Blocks hier im Haus,
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh, wer ist das?)
der Bund müsse endlich etwas für Bildung machen und deswegen müsse das angebliche Kooperationsverbot endlich weggeräumt werden, nichts anderes als ideologischer Blödsinn ist, der mit der Realität überhaupt nichts zu tun hat.
(Beifall bei der CDU/CSU – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das, was Sie reden, ist ideologischer Blödsinn!)
Die Fakten zeigen, dass es im Nachkriegsdeutschland materiell nachweislich noch nie so viel Kooperation zwischen Bund und Ländern gab.
(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben doch gar keine Ahnung!)
Die Zahlen, die der Bund für die Bereiche zur Verfügung stellt, in denen er Länderaufgaben in Milliardenumfang übernimmt – –
(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie schon mal eine staatliche deutsche Schule von innen besucht?)
– Ja, habe ich schon, und zwar gute bayerische Schulen.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und, haben die alle einen Schulsozialarbeiter?)
Was wollen wir – das „Ideenpapier 2018“ werden wir Ihnen in den nächsten Wochen gern zum Lesen und zur Ideenanreicherung zur Verfügung stellen – in der nächsten Legislaturperiode machen? Wir werden Forschung und Bildung auch künftig, so unsere Vorstellung, stärken. Wir haben lange darüber diskutiert.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Sie machen doch Opposition! – Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sind Sie eigentlich in der Regierung?)
– Zuhören, es ist spannend.
Bis 2025 wollen wir die Forschungs- und Entwicklungsausgaben auf 3,5 Prozent des BIP steigern. Das würde in der Konsequenz für die nächste Legislatur einen zusätzlichen Betrag für Forschung – allein im Bundeshaushalt – von 8 bis 10 Milliarden Euro bedeuten.
(Beifall bei der CDU/CSU – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben Sie schon 2008 versprochen!)
Der zweite prägende Baustein in den letzten elf Jahren war die massive Expansion in die Breite. Herr Lenkert, wenn Sie hier das Szenario malen „Nur Spitze und keine Breite“, dann ist das wider jegliche Realität. Dann kennen Sie schlicht die Fakten nicht. Die Zahlen belegen es: Seit 2005 ist die Zahl der Studierenden in Deutschland um 40 Prozent angestiegen, von 1,9 auf 2,7 Millionen. Die Zahl der wissenschaftlichen Mitarbeiter an den Hochschulen ist in dieser Zeit um 60 Prozent gewachsen,
(Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Richtig!)
und das in der Breite des Landes, nicht an wenigen Exzellenzuniversitäten. An den außeruniversitären Forschungseinrichtungen betrug der Zuwachs bei den wissenschaftlichen Mitarbeitern im selben Zeitraum 42 Prozent.
(Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Aber unter schlechten Bedingungen!)
Dieser Anstieg in der Breite unseres Landes wäre nie und nimmer möglich gewesen – wiederum Stichwort: Kooperation –, wenn der Bund nicht in den letzten Jahren mit Milliarden Euro Unterstützung geleistet hätte.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Sehr richtig!)
Was wollen wir in den nächsten Jahren machen? Der Hochschulpakt läuft 2020 aus. Künftig kann es nicht mehr darum gehen, mit Bundesmitteln neue Studienplätze zu finanzieren, sondern die freiwerdenden Mittel müssen anderweitig verwendet werden:
Erstes Motto: Qualität statt Quantität an den Hochschulen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Zweitens. Wir wollen ein dem Tenure-Track-Programm für die Universitäten analoges Programm für die Fachhochschulen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Dritter Punkt. Ein Teil der Gelder muss zur Stärkung der beruflichen Bildung umgeschichtet werden.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wer von Gleichwertigkeit von akademischer und beruflicher Bildung redet, jedoch die eine mit Milliarden unterstützt und zu der anderen sagt: „Ihr kriegt noch ein paar Krümel ab“, der meint es nicht ernst. So geht das nicht. Deswegen muss man da auch klare Kante zeigen und sagen: Was machen wir, wenn der Hochschulpakt ausläuft, mit den freiwerdenden Mitteln?
(Beifall bei der CDU/CSU)
Sehr geehrte Damen und Herren, der dritte prägende Baustein war die Exzellenz. Denn wir brauchen Exzellenz. Ohne wissenschaftliche Spitzenleistung gibt es keinen Wohlstand. Ohne führende Hochschulen wie Harvard, MIT oder Stanford gäbe es Facebook, Google und viele andere Unternehmen in den USA nicht. Deswegen braucht Deutschland wissenschaftliche Breite, ja, aber auch wissenschaftliche Spitze. Sie ist notwendig, wenn wir den Wohlstand in Deutschland sichern und erhalten wollen.
(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Wissenschaftliche Tiefe auch!)
– Das außerdem.
Mit der Exzellenzinitiative haben wir 2005 eine Dynamik angestoßen, und trotzdem stellen wir 2016 fest, dass keine deutsche Universität bei den namhaften weltweiten Rankings auf einem der ersten 40 Plätze ist.
(Zuruf des Abg. René Röspel [SPD])
Lediglich die Max-Planck-Gesellschaft als außeruniversitäre Forschungseinrichtung spielt ganz vorn in der Weltspitze mit.
Deswegen war es richtig, die zeitlich befristete Exzellenzinitiative zur dauerhaften Exzellenzstrategie weiterzuentwickeln. Deswegen war es richtig, dass wir 2009 die Alexander-von-Humboldt-Professuren eingerichtet haben und viele andere Maßnahmen ergriffen haben.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Möchte Herr Seehofer eigentlich auch Geld für Bildung?)
Was heißt das für die nächste Legislatur? Um nur wenige Punkte zu nennen: Wir brauchen weitere Formate, um diese Exzellenz auszubauen oder an der Weltspitze mitzumarschieren, und bestehende Formate müssen gestärkt werden. Deswegen wollen wir die Zahl der AvH-Professuren verdoppeln. Wir unterstützen die Einrichtung von Max-Planck-Schools. Wir wollen ein Spitzeninstitut zur Entwicklung von Algorithmen in gemeinsamer Trägerschaft mehrerer außeruniversitärer und universitärer Einrichtungen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das sind drei Beispiele für Formate, die wir brauchen, um in den einzelnen Fachbereichen auch an der Weltspitze dabei zu sein.
Abschließend, sehr geehrte Damen und Herren: Es gab eine Befragung der britischen Regierung zu der Frage: Welches Land bietet jungen Menschen die meisten Chancen?
(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Deutschland!)
Wir erinnern uns an die Situation von vor zehn Jahren: 5 Millionen Arbeitslose in Deutschland, Jugendarbeitslosigkeit bei 15 Prozent. Wir haben die Jugendarbeitslosigkeit auf 6 Prozent im Jahr 2016 gesenkt. Bei der Frage „Welches Land bietet Jugendlichen die meisten Chancen: auf dem Arbeitsmarkt, bei Freiheit, bei demokratischer Teilhabe, bei Aufstiegsmöglichkeiten und im Bildungssystem?“ hat Deutschland in dieser Befragung den Platz eins erreicht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das hat mit den Menschen im Land zu tun, sehr geehrte Damen und Herren, aber das hat sehr wohl auch mit dem zu tun, was wir in diesem Haus politisch, auch bildungspolitisch, machen, und darauf können wir stolz sein.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Der Kollege Martin Rabanus spricht als Nächster für die SPD.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7035629 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 203 |
Tagesordnungspunkt | Bildung und Forschung |