Simone RaatzSPD - Bildung und Forschung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist ja schön, dass wir eine sehr lebendige und teilweise auch sehr laute Debatte haben. Ich denke, dass mein Redebeitrag ein bisschen zur Ruhe beitragen wird.
Ich starte mit einem Satz aus dem aktuellen Jahresbericht zum Stand der Deutschen Einheit, der uns kürzlich von Iris Gleicke vorgelegt worden ist:
Der Erfolg von Volkswirtschaften, Regionen und Unternehmen hängt im 21. Jahrhundert wesentlich von der Innovationskraft ab.
Ich denke, das ist keine ganz neue Weisheit, aber ein wichtiger Punkt, liebe Kolleginnen und Kollegen; denn gerade wir in Deutschland sind in hohem Maße vom technologischen Fortschritt abhängig. Doch wenn wir uns die Innovationsintensität unserer kleinen und mittelständischen Unternehmen anschauen – Herr Rachel, aber auch Herr Gehring sind teilweise darauf eingegangen –, dann stellen wir fest, dass sie seit Jahren rückläufig ist. Insbesondere bei jungen KMUs sanken die Innovationsausgaben in den letzten Jahren deutlich. An dieser Stelle hat unser Bildungs- und Forschungsetat die sehr wichtige Funktion, diesem Negativtrend etwas entgegenzusetzen. Ich denke, dass die eben von Herrn Gehring angesprochene steuerliche Forschungsförderung nicht das Nonplusultra ist,
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann machen Sie doch endlich! Streichen Sie es aus Ihrem Wahlprogramm!)
auch wenn das Thema immer wieder angeführt wird, um die Innovationsfähigkeit unserer Unternehmen zu gewährleisten.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Streichen Sie es aus Ihrem Wahlprogramm? Aber Sie nehmen ja Ihr eigenes Wahlprogramm nicht ernst!)
– Ich möchte jetzt nicht lauter sprechen; ich habe auf die sehr laute Debatte verwiesen. Lassen Sie uns in künftigen Debatten sachliche Argumente austauschen.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich hoffe doch!)
Rein quantitativ geht unser Haushalt in die richtige Richtung. Viele haben die Zahl schon erwähnt: Wir stellen mehr als 17,6 Milliarden Euro allein für Bildung und Forschung zur Verfügung. Das ist einfach großartig. Ich finde, das kann man an dieser Stelle ruhig noch einmal sagen.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Doch wir müssen die Mittel auch so einsetzen, dass die gewünschten Innovationsprozesse angeschoben werden und auch bei den Menschen in unserem Land ankommen.
Was wir meines Erachtens in Zukunft brauchen, ist ein klares Bekenntnis zur sogenannten Third Mission, der dritten Aufgabe unserer Wissenschaft. Neben Lehre und Forschung muss der Transfer von Innovationen in Wirtschaft und Gesellschaft zur selbstverständlichen Aufgabe unserer Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen werden. Hier gibt es nicht nur Nachholbedarf; vielmehr braucht es einen grundlegenden Kulturwandel. Wenn die durchschnittliche Unternehmensgröße in Ostdeutschland – das muss man sich wirklich einmal auf der Zunge zergehen lassen – neun Personen beträgt und die Unternehmen seit über 15 Jahren nicht wachsen, dann macht das doch deutlich, wie wichtig an dieser Stelle der Wissenstransfer ist.
(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])
Der vorliegende Haushalt versucht, dem an wichtigen Stellen mit deutlichen Mittelaufwüchsen Rechnung zu tragen. So erhöhen wir die Mittelansätze für besonders transferfreundliche und anwendungsbezogene Forschung. Allein die Fraunhofer-Gesellschaft wird in den nächsten Jahren 68 Millionen Euro mehr bekommen, nicht nur 60 Millionen Euro, wie viele Kollegen hier gesagt haben, da wir den Pakt für Forschung und Innovation und den automatischen Aufwuchs von 3 Prozent mit berücksichtigen müssen. 68 Millionen Euro mehr pro Jahr, das ist doch was. Ich denke, damit kann man etwas anfangen.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
So sollen aktuelle Forschungsthemen wie zum Beispiel die Batterieforschung nachhaltig gestärkt und der Wissenstransfer gesichert werden. Ich glaube, es ist ganz wichtig, den Fraunhofer-Instituten mehr auf die Finger zu schauen, als wir das bisher gemacht haben.
Darüber hinaus wird auch das Wirtschaftsministerium im kommenden Jahr seine Programme zur Forschungsförderung ausweiten. Mein Kollege Schipanski wird darauf noch eingehen; er hatte ja schon in seiner Frage dazu einiges untergebracht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir tragen mit diesem Haushalt nicht nur dem Bedarf an technischem Fortschritt Rechnung. Vielmehr müssen wir auch im Bereich der Geistes- und Sozialwissenschaften den Transfer ausbauen. Es ist sicher nicht nur für uns zutiefst beunruhigend, dass wissenschaftliche Erkenntnisse scheinbar nicht mehr zu allen Menschen durchdringen und platten Parolen mehr Glauben geschenkt wird; Herr Rachel hat dazu schon einiges gesagt. Daher begrüße ich es außerordentlich, dass wir mit diesem Haushalt auch Mittel bereitstellen, um die gesellschafts- und sozialpolitische Forschung durch den Aufbau eines neuen Instituts für gesellschaftlichen Zusammenhalt in Sachsen zu stärken; ich möchte nicht vertiefen, warum ich das gerade in Bezug auf Sachsen als sehr zielführend erachte. Im kommenden Jahr werden 1 Million Euro zur Verfügung gestellt – das ist ein guter Start –, in den Folgejahren 36 Millionen Euro. Ich glaube, da kann etwas draus werden. Im Übrigen: Wenn wir das Konzept für dieses Institut demnächst erhalten könnten – ich blicke in Richtung BMBF –, dann wäre das sehr schön.
Frau Kollegin Raatz, es wäre jetzt auch schön, wenn Sie zum Schluss kommen würden.
Ja, ich komme zum Schluss. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind auf dem richtigen Weg zu mehr Transfer von Innovationen in Gesellschaft und Wirtschaft. Wir müssen diesen Weg in Zukunft weitergehen und noch etwas entschlossener agieren.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Nächster Redner ist Tankred Schipanski, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7035634 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 203 |
Tagesordnungspunkt | Bildung und Forschung |