24.11.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 203 / Tagesordnungspunkt I.14

Tankred SchipanskiCDU/CSU - Bildung und Forschung

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Danke schön. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Rossmann hat es gesagt: Die Haushaltsdebatte ist dazu da, um auch einmal etwas grundsätzlicher auszuführen. Das will ich tun, und zwar bei zwei Themen: Chancengerechtigkeit und Bund-Länder-Finanzvereinbarung, die schon angesprochen wurde.

Zu Beginn muss ich aber auf das „postfaktische Zeitalter“ eingehen. Ich dachte, wir hätten das gestern mit Sahra Wagenknecht erlebt, aber heute haben wir das von Ihrer Seite, liebe Frau Gohlke und Herr Lenkert, wieder erleben müssen. Ich kann Sie nur ermahnen, nicht wie die AfD mit Populismus und Propaganda Unsicherheit bei den Leuten zu schüren. Das, was da betrieben wird, ist unmöglich. Ich glaube, die Redner aller anderen Fraktionen haben die Fakten zum Bereich „Bildung und Forschung“ hier dargelegt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Noch etwas in Richtung der Linken. Herr Schulz hat gesagt, dass wir die Forschung im Bereich der Sozial- und Geisteswissenschaften stärken. Heute wurde aber noch nicht betont, dass wir ganz bewusst einen Forschungsverbund zum Thema SED-Unrecht auflegen. Wir starten mit 5 Millionen Euro. Das Volumen soll in den nächsten Jahren auf 25 Millionen Euro steigen. Ich halte es für sehr notwendig, dass wir diesen Forschungsverbund auflegen, insbesondere wenn man sich vor Augen führt, dass die von Rot-Rot-Grün in Thüringen versprochene Aufarbeitung nicht stattfindet.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Zum Thema Chancengerechtigkeit. Bei allen Maßnahmen, die wir im Bildungs- und Forschungsbereich ergreifen, haben wir die Chancengerechtigkeit aller Bürgerinnen und Bürger im Blick. Das bedeutet, dass wir allen gleichermaßen den Zugang zu einem Bildungsangebot ermöglichen wollen, den sozial Benachteiligten eine besondere Förderung zuteilwerden lassen, aber eben auch den Begabten. Dass das Ganze gelingt, hat unser Nationaler Bildungsbericht 2016, über den wir in der letzten Plenarwoche debattiert haben, gezeigt.

Wir streben nach Chancengerechtigkeit für alle. Das heißt aber nicht Ergebnisgleichheit, wie das von Rot-Rot-Grün sehr oft propagiert wird.

(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Quatsch!)

Alles Ungleiche abschaffen zu wollen, kann nicht das Ziel von demokratischer Politik sein. In unserer Gesellschaft spielt das Individuum mit seinen Entfaltungsmöglichkeiten glücklicherweise eine große Rolle. Dem werden wir in der Bildungspolitik gerecht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wer die Ungleichheiten unter den Menschen von Staats wegen beseitigen will, landet zwangsläufig in Unterdrückung und Diktatur.

(Dr. Simone Raatz [SPD]: Das ist ja jetzt Quatsch!)

Das stellte Hubertus Knabe in einem Tweet sehr treffend fest. Im Übrigen twitterte er das zum Bundesparteitag der Grünen.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das habe ich jetzt nicht verstanden!)

Es muss uns vielmehr darum gehen, die Menschen mit ihren individuellen Fähigkeiten bestmöglich zu fördern.

Dazu haben wir ein vielseitiges Bildungssystem, bei dem es um optimale Bildung geht, aber nicht um gleiche Abschlüsse für jeden. Es geht um Wahlmöglichkeiten. Es geht um verschiedene Bildungswege. Unser Stichwort lautet: „Kein Abschluss ohne Anschluss“. Dass das Ganze funktioniert, zeigen – Kollege Rupprecht hat es angesprochen – die Studierendenzahlen. Der Bund hat sich in der dritten Phase des Hochschulpakts noch einmal beteiligt und freiwillig 9,9 Milliarden Euro in den Hochschulpakt investiert. Auch die Mittel für das BAföG erhöhen wir jetzt noch einmal. 2017 geben wir 2,6 Milliarden Euro dafür aus. Auch die Mittel für das Aufstiegs-BAföG, das ehemalige Meister-BAföG, werden um rund ein Viertel auf 265 Millionen Euro erhöht. Das verdeutlicht, was auch die OECD festgestellt hat: In Deutschland ist Bildung für Privatpersonen so erschwinglich wie in kaum einem anderen OECD-Land. – Das ist ein gutes und wichtiges Zeichen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der nächste Themenblock betrifft die Bund-Länder-Finanzvereinbarung vom 14. Oktober 2016. Da gibt es in der Tat Unterschiede zwischen den Koalitionspartnern. Ich kann für die Union nur feststellen: Unkonditioniertes Geben von Geld ist falsch. „ Unkonditioniert“ meint: ohne konkrete Bedingungen, ohne konkrete Ziele. Unkonditioniertes Geld kennen wir aus dem Bürgerlichen Recht. Da heißt es Taschengeld, § 110 BGB. Wir sagen ganz deutlich: Bundesgeld ist kein Taschengeld.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Simone Raatz [SPD]: Dann sagen Sie das mal den Ministerpräsidenten!)

Von daher kann man nicht über jede Entscheidung vom 14. Oktober 2016 froh sein. Wir sagen: Geld des Bundes muss zielgerichtet eingesetzt werden und einen Mehrwert bringen. Es darf nicht mit der Gießkanne ausgeschüttet werden.

Zur Umsetzung dieser Bund-Länder-Vereinbarung bedarf es einer Änderung des Grundgesetzes. Nun wird viel darüber spekuliert, ob das etwas mit der generellen Frage nach der Zuständigkeit des Bundes für den Bildungsbereich zu tun hat, und es wird die Frage nach dem vermeintlichen Kooperationsverbot aufgeworfen. Das ist ein völlig falsches Wort, das Rot-Rot-Grün in dieser Debatte verwendet.

(Dr. Simone Raatz [SPD]: Welches ist das richtige Wort?)

Ein Kooperationsverbot steht nicht im Grundgesetz, aber Z uständigkeitsregelungen und eine Aufgabenverteilung. Und „Bundesstaat“ bedeutet kooperatives Zusammenwirken im Rahmen der Zuständigkeiten und der Aufgaben. Der Bund kooperiert in einem hohen Maße. Albert Rupprecht hat aufgezeigt, bei wie vielen Pakten der Bund dabei ist. Wir kooperieren also, und da gibt es keine Verbote. Aber wir haben Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten.

Die Menschen in Deutschland, meine Damen und Herren, sehen ein ganz anderes großes Defizit, nämlich bei Schulabschlüssen und Schulausbildung. Da fehlt es an einer Vergleichbarkeit der Abschlüsse, an verbindlichen Bildungsstandards, an Mobilität zwischen den Bundesländern. Dieses Defizit kann man nicht mit Taschengeld des Bundes beseitigen, sondern nur mit einer reformierten Kultusministerkonferenz bzw. mit einem Länderstaatsvertrag, den wir seit vielen Jahren fordern, um endlich vergleichbare Abschlüsse zu schaffen und gemeinsame Prüfungsaufgaben und verbindliche Bildungsstandards festzulegen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

– Da kann man klatschen; das ist sehr richtig. – In diesem Bereich sind dem Bund nämlich die Hände gebunden. Da hilft auch keine Grundgesetzänderung, um dieses Defizit zu beseitigen; das sollten Sie den Menschen ehrlich sagen. Wir brauchen keine Grundgesetzänderung, um in diesen Bereichen besser zu werden. Es braucht einen Länderstaatsvertrag und weiterhin eine koordinierende Rolle des Bundes.

(Marianne Schieder [SPD]: Ach, das wissen Sie doch besser!)

Meine Damen und Herren, am Ende noch eine positive Nachricht, auch mit Blick auf die Bund-Länder-Vereinbarung: Der Bund hat aus dem BAföG-Desaster gelernt und in den Verhandlungen mit den Ländern ein Kontrollrecht bei der Mitfinanzierung von Länderaufgaben erstritten. Der Bundesrechnungshof soll künftig auch die Länderhaushalte prüfen können. Das ist wichtig, und das ist gut. Da hat die Politik einmal gelernt.

In diesem Sinne: Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Beim Nachtragshaushalt sehen wir uns wieder!)

Vielen Dank. – Nächster Redner ist Rainer Spiering, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7035640
Wahlperiode 18
Sitzung 203
Tagesordnungspunkt Bildung und Forschung
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