24.11.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 203 / Tagesordnungspunkt I.15

Carola ReimannSPD - Arbeit und Soziales

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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute reden wir hier über den erfreulichsten Haushalt dieser Legislaturperiode. Ich glaube, das ist in vielen Redebeiträgen in dieser Haushaltswoche auch schon deutlich geworden.

Ich möchte im Bereich Arbeit und Soziales ein besonderes Projekt herausgreifen: Mit der Verabschiedung des Bundeshaushaltes schaffen wir die Grundlage für die Finanzierung einer der umfangreichsten Sozialrechtsreformen der letzten Jahrzehnte. Ich rede vom Bundesteilhabegesetz. Es geht um einen neuen Blick auf Menschen mit Behinderung – nicht auf das, was sie nicht können, sondern auf das, was wir tun können, damit sie teilhaben können.

Das Bundesteilhabegesetz wird neben der Reform der Eingliederungshilfe auch die Leistungsseite der Betroffenen einbeziehen. Die deutliche Verbesserung bei der Einkommens- und Vermögensanrechnung wird durch die Herausführung der Eingliederungshilfe aus dem Fürsorgesystem ermöglicht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Damit entfällt zum Beispiel auch die Anrechnung von Einkommen und Vermögen der Partner – ein langgehegter Wunsch der Betroffenen. Durch das Gesetz wird darüber hinaus das Verfahrensrecht des Sozialgesetzbuches IX endlich den Bedürfnissen der Menschen angepasst. Das wird dazu führen, dass Rehabilitationsleistungen wie aus einer Hand erbracht werden und dabei passgenau den individuellen Gesamtbedarf abdecken.

Es wird neue unabhängige Beratungsstellen geben, in denen vor allem Beratung auch durch behinderte Menschen stattfinden wird. Das stärkt deren Position und wird dazu führen, dass die Leistungsberechtigten, wie wir sie technisch nennen, mehr als Experten in eigener Sache wahrgenommen werden und mehr mit ihnen statt über sie geredet wird.

Dafür sieht der Bundeshaushalt im kommenden Jahr Mehrausgaben von 160 Millionen Euro vor. Dieser vom Bund aufzubringende Beitrag wird bis 2020 rund 700 Millionen Euro betragen. Ich finde, das ist eine sehr beachtliche Summe. Wenn man in diesem Zusammenhang hört, dass es sich um ein Spargesetz handele, wie das behauptet wird, dann darf man auch mal den Kopf schütteln.

Es gibt viel Kritik, auch von Verbänden, an diesem Gesetz. Dazu möchte ich ausdrücklich feststellen: Diese Bedenken werden von uns sehr ernst genommen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Wir haben mit unserem Koalitionspartner in den letzten Wochen und bis in die letzten Stunden, will ich sagen, mit sehr großem Engagement und mit sehr großer Kollegialität die offenen Punkte im Sinne der Betroffenen beraten. Wir werden nächste Woche die erarbeiteten Änderungen hier vorstellen.

Zum Inhalt nur zwei Anmerkungen. Wir werden sicherstellen, dass niemand schlechtergestellt wird. Auch wenn sich mit dieser Reform vieles verändern wird: Wir werden den Kreis der anspruchsberechtigten Personen definitiv nicht einschränken.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dafür werden wir den gesamten Umsetzungsprozess dieses Gesetzes aufwendig wissenschaftlich begleiten lassen und evaluieren. Hierzu sind in der Bereinigungssitzung der Haushälter die finanziellen Mittel merklich aufgestockt worden. Deshalb will ich an dieser Stelle unseren Haushältern einen ganz herzlichen Dank sagen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wenn wir über den Einzelplan 11 reden, kommen wir alle an einem Thema nicht vorbei, der Rente. Hier werden nicht Millionen, sondern Milliarden ausgegeben. Das ist viel Geld, auch aus dem Bundeshaushalt, aber es ist sinnvoll eingesetztes Geld, damit Menschen im Alter gut leben können. Die Debatte darüber, wie dieses auch in Zukunft gewährleistet werden kann, welchen Preis bzw. welchen Beitragssatz wir alle dafür zu zahlen bereit sind, ist in vollem Gange. Ich kann nur sagen: Ich hoffe sehr, dass wir eine rationale, maßvolle und generationengerechte Lösung finden – und das, wenn ich das wünschen darf, möglichst parteiübergreifend.

(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Und bald!)

Ich will in diesem Zusammenhang auf zwei Personengruppen besonders hinweisen, bei denen ausgesprochener Handlungsbedarf besteht. Das sind zum einen die Erwerbsgeminderten. Für die erwerbsgeminderten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben wir bereits mit dem Rentenpaket I einiges getan. Das war gut, aber da müssen wir jetzt nachlegen.

Zum anderen geht es um die Selbstständigen. Ja, es gibt Selbstständige, die im Alter gut abgesichert sind. Wir dürfen aber die Augen nicht davor verschließen, dass wir eine zunehmende Zahl von Selbstständigen haben, die nicht in der Lage sind, ohne staatliche Hilfe auszukommen, geschweige denn, für ihr Alter vorzusorgen. Aus meiner Perspektive geht da an einer Pflichtversicherung in der gesetzlichen Rente eigentlich kein Weg vorbei.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Einen Antrag der Grünen gibt es dazu!)

Ich hoffe, Kollege, dass wir das im Rahmen eines Gesamtkonzepts, das in Kürze vorgestellt wird, bald hier in diesem Hause intensiv beraten können.

(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dazu gibt es schon ein Konzept!)

Ich danke fürs Zuhören.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Als nächster Redner hat Mark Helfrich für die CDU/CSU-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7035711
Wahlperiode 18
Sitzung 203
Tagesordnungspunkt Arbeit und Soziales
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