Norbert BrackmannCDU/CSU - Verkehr und digitale Infrastruktur
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal: Das ist der letzte Haushalt in dieser Legislaturperiode. Deswegen haben wir vorläufig Bilanz zu ziehen. Die Mittel für den Infrastrukturhaushalt, über den wir heute Morgen reden, haben wir um 5,2 Milliarden auf 27,9 Milliarden Euro gesteigert. Das ist der höchste Infrastrukturetat, den wir je in der Republik hatten. Kein anderer Etat hat solche Zuwächse zu verzeichnen.
(Roland Claus [DIE LINKE]: Der von Frau von der Leyen!)
Dies ist ein Erfolg der gesamten Koalition und damit auch ein Erfolg des Ministers Dobrindt und seiner Staatssekretäre, Kollege Claus. Das muss man deutlich voranstellen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wir haben – das wissen wir alle – einen erheblichen Sanierungsstau übernommen. Die Daehre-Kommission und die Bodewig-Kommission haben 2013 den Fehlbedarf beschrieben, den wir bei den Investitionen haben. Dabei geht es um eine Lücke von 3,2 Milliarden Euro. Das Schließen dieser Lücke, Kolleginnen und Kollegen, übererfüllen wir mit dem Haushalt 2017. Wir liegen um 200 Millionen Euro darüber. Das zeigt, dass diese Koalition es ernst damit meint, Zukunft zu gestalten. Und Zukunft zu gestalten, heißt eben auch, für die Menschen, die Arbeit brauchen, die erforderliche Infrastruktur zu schaffen und zu erhalten, um damit die Voraussetzungen für langfristiges Wachstum in die Zukunft hinein zu generieren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Erfolg ist hier aber nicht allein mit Geld zu erzielen. Wir sehen ja, dass bei den letzten Haushalten sehr viele Mittel insbesondere für die Straßenausbauten nach Bayern geflossen sind.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Selbstkritik?)
Das ist, liebe Kolleginnen und Kollegen, nun nicht das Verdienst des Ministers, der aus Bayern kommt,
(Roland Claus [DIE LINKE]: Nein, nein!)
sondern das ist mehr das Unvermögen der 15 anderen Verkehrsminister aus den Ländern, die keinerlei Projekte für Straßenbauten mehr anbieten können. Da liegt unser Kernproblem.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Martin Burkert [SPD])
Deswegen muss es doch unser Ziel sein, genau diese Lücke zu schließen. Ich will jetzt gar nicht darauf verfallen – das ist ja bei anderen Etats genügend gemacht worden –, auf die Länder zu schimpfen.
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Fällt Ihnen nichts anderes mehr ein, oder was?)
Ich glaube, die Bürger wollen nicht, dass wir uns untereinander auf diese Art und Weise in die Wolle kriegen, sondern sie wollen, dass wir ihnen Lösungen anbieten.
Die Probleme liegen eben primär, wie dargestellt, nicht im Bereich des Finanzsektors, sondern uns allen fehlen Planungskapazitäten. Uns fehlen die Ingenieure. Es fehlen diejenigen, die entsprechend baureife Projekte nach vorne bringen. Deswegen wird auch bei der Infrastrukturgesellschaft – wenn wir die dann 2021 auf die Spur gebracht haben – ein ganz anderes Thema im Vordergrund stehen als das, was heute diskutiert wird.
Heute wird in den Ländern darüber diskutiert: Wie können wir dafür sorgen, dass die Mitarbeiter dort ordentlich übernommen werden? Ich glaube, das Problem wird ein ganz anderes sein. Es wird darin liegen, dass uns die Länder, die dann auch weiterhin die Zuständigkeit für ihre Landesstraßen – zum Teil aber auch für Bundesstraßen – haben, gar nicht so viele Ingenieure geben können, wie wir für eine ordentliche Aufgabenerfüllung brauchen. Deswegen haben wir auch in Bezug auf diesen Etat gesagt: Wir schaffen selbst einen Studiengang für Ingenieurwesen bei der Bundeswehruniversität in Hamburg, und zwar mit Trimestern, um schneller, als andere Universitäten das können, dafür Sorge zu tragen, dass wir in den entsprechenden Bereichen – wenn wir diese Aufgabe 2021 übernehmen – auch langfristig den erforderlichen Nachwuchs haben. Dies, Kollege Claus, zeigt, dass wir langfristig gut aufgestellt sind, langfristig denken und für die Ressourcen, die wir dann brauchen, sorgen werden.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Das gilt im Übrigen nicht nur für die Straße. Wir werden in 2017 über 1 Milliarde Euro in die Wasserstraßen investieren. Dort haben wir ein ähnliches Problem. Auch dort ist in den letzten Jahren viel Geld, das wir bereitgestellt haben, gar nicht ausgegeben worden. Deswegen haben wir uns darum gekümmert, nicht nur neue Projekte festzuschreiben, sondern wir schreiben mit diesem Haushalt auch neue Planstellen fest. Damit sorgen wir dafür, dass die 12 500 vorhandenen Kräfte wenigstens die Infrastruktur in Ordnung halten. Wir trennen sauber, wenn wir sagen, dass wir, politisch gesehen, die Wasserstraßen weiter nach vorne bringen, um damit einen ökologischen Verkehrsträger, der noch Reserven hat, ertüchtigen zu können. Dafür werden wir dann auch das nötige Geld, die Ressourcen und die Planstellen bereitstellen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Udo Schiefner [SPD])
Nun hat es in der Vergangenheit manchmal gedauert, bis Planstellen – es sind ja auch schon im letzten Jahr welche geschaffen worden – besetzt waren. Deswegen haben wir uns in diesem Jahr mit dem Ministerium auch darüber unterhalten, wie denn die Abläufe im Hause so sind. Was das Ergebnis angeht, darf ich schon jetzt feststellen – auch wenn wir den Haushalt 2017 erst heute Mittag beschließen werden –, dass die Planstellen – das ist eine anerkennenswerte Leistung – bereits ausgeschrieben sind. Das ist nicht nur eine beachtliche Lernkurve, sondern, Herr Minister Dobrindt, man muss auch voller Respekt sagen: Besser geht es nicht.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Das trifft auch auf unsere Initiative für umweltschonende Kraftstoffe zu. Nachdem wir festgestellt haben, dass wir die Umstellung auf LNG in der Privatwirtschaft nicht mit der Kraft auf den Weg bringen konnten, wie wir uns das vorgestellt haben, haben wir beschlossen, dass wir jetzt selbst vorangehen müssen. Mit den beiden Mehrzweckschiffen „Scharhörn“ und „Mellum“ machen wir einen Anfang. Die Ausschreibungen waren vorher schon veröffentlicht, allerdings mit dem Hinweis, dass dort dieselelektrischer Antrieb vorgesehen war. Wir haben beschlossen, auch wenn Mehrkosten anfallen, als Vorbild voranzugehen. Wenn wir wirklich saubere Luft an unseren Küsten, auf dem Meer und in unseren Städten haben wollen, dann müssen wir mit den Bundesschiffen voranmarschieren und diese entsprechend umrüsten.
Ich bin dankbar, dass ich die Zusage aus dem Ministerium bekommen habe, dass auch die laufende Ausschreibung unverzüglich so geändert wird, dass ein Dual-Fuel-Betrieb gefordert wird, damit wir LNG bei den Bundesschiffen einsetzen und damit ein Leuchtturmprojekt haben, das zeigt, dass wir es ernst meinen und selber mit den Maßnahmen vorangehen, die wir von anderen erwarten.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Genauso wollen wir auch mit der Bahn voranschreiten. Ja, es ist richtig: Die Bahn ist, was die Verschuldung angeht, in einer vergleichbar schwierigen Situation wie Mitte der 90er-Jahre, als der Bund sie nahezu entschuldet hat. Aber wir bekennen uns zum schienengebundenen Verkehr. Wir lassen die Bahn nicht hängen. Deswegen haben wir gesagt, dass wir uns dieser Thematik annehmen müssen. Aber jeder – das gilt auch für die Bahn –, der in die Situation kommt, dass er seine selbst geschaffenen Probleme im Rahmen des Bundeshaushalts bereinigen lassen will, der muss damit rechnen, dass der Haushaltsausschuss sagt, wohin die Reise geht.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Deswegen haben wir drei Dinge beschlossen. Zum einen stärken wir das Eigenkapital – ja, das ist richtig – in einer Größenordnung von 1 Milliarde Euro. Davon haben wir 500 Millionen Euro an Bedingungen geknüpft, die die Bahn zu erfüllen hat. Zweitens verzichten wir auf eine Dividende in Höhe von 350 Millionen Euro. Aber, drittens, wir erwarten von der Bahn bzw. von der Regierung auch, dass bis Ende September nächsten Jahres Konzepte dafür vorliegen, wie die hohen Ansprüche, die wir an die Bahn haben, in Einklang mit den Einnahmezielen, die die Bahn hat, zu bringen sind; denn in dem schwierigen Wettkampf, in den die Bahn geht, müssen wir neu darüber nachdenken, wo die Prioritäten liegen.
Deswegen haben wir gesagt: Weil die Menschen über die Bahn nicht nur erfreut sind, sondern auch unter dem Lärm leiden, legen wir ein Netz von Lärmmessstationen über die Bundesrepublik, um unsere Aktivitäten für mehr Lärmschutz zu verstärken. Wir machen auch mehr für den passiven Lärmschutz und stellen nicht nur Geld zur Verfügung, sondern investieren auch in eine Planstelle, um ein europäisches Zugsicherungssystem einzuführen, damit wir mehr Kapazität auf die Schiene bringen können.
Last, but not least: Dieser Haushalt ist ein Haushalt, der die Zukunft Deutschlands gestaltet, der den Wohlstand sichert, weil die Grundlagen für eine zukunftsgerichtete Infrastruktur mit diesem Haushalt geschaffen werden.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Nächster Redner ist der Kollege Oliver Krischer, Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7036056 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 204 |
Tagesordnungspunkt | Verkehr und digitale Infrastruktur |