25.11.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 204 / Tagesordnungspunkt III

Sonja SteffenSPD - Haushaltsgesetz 2017 (3. Beratung)

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin Mitglied des Haushaltsausschusses, und zugleich komme ich aus einem ostdeutschen Wahlkreis. Einige sagen: Es ist der schönste Deutschlands.

(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Halle! – Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Das ist die Sächsische Schweiz!)

Ich glaube, die Kanzlerin würde das bestätigen. Aber darüber kann man sich ja immer tunlichst streiten.

Mein Wahlkreis mag zwar einer der schönsten Wahlkreise Deutschlands sein, aber er ist leider auch einer der strukturschwächsten. Deshalb erlaube ich mir, meine heutige Redezeit zu nutzen, um einmal einen Blick durch die ostdeutsche Brille auf den Haushalt zu werfen. Da muss man feststellen: Es ist nicht so, dass das Parlament hier so wie Frau Holle agiert hat und den Westen quasi als Goldmarie und den Osten als Pechmarie behandelt hat. Nein, ich glaube, auch durch die ostdeutsche Brille betrachtet, kann sich dieser Haushalt durchaus sehen lassen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Katharina Landgraf [CDU/CSU])

Ich will mich hier auf vier Bereiche beschränken, die mir besonders wichtig erscheinen.

Der erste Bereich ist die soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt. Wir haben im Oktober 2016 in Mecklenburg-Vorpommern eine Arbeitslosigkeit von 8,6 Prozent. Schauen wir einmal zurück: 2005 betrug die Arbeitslosigkeit 23,7 Prozent. Die Arbeitslosigkeit dort ist im letzten Jahr um 1 Prozentpunkt zurückgegangen. An dieser Stelle möchte ich noch einmal sagen, wie wichtig der Mindestlohn für Ostdeutschland ist. Das, was wir vorher gehört hatten, ist nicht eingetreten. Es wurden ja Horrorszenarien konstruiert. Es wurde seitens der Arbeitgeberverbände gesagt: Das ist der Untergang des Abendlandes. Es wird so sein, dass die Arbeitslosigkeit steigt. – Genau das Gegenteil ist eingetreten.

(Beifall bei der SPD)

Die Langzeitarbeitslosigkeit sinkt ebenfalls, allerdings viel langsamer, als wir uns das wünschen; das ist richtig. Es gibt immer noch sehr viele Menschen, die seit Jahren von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen sind. Ich freue mich sehr, dass wir in diesem Haushalt erreichen konnten, dass mindestens 300 Millionen Euro für das Programm „Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt“ zur Verfügung gestellt werden. Davon werden neue Arbeitsplätze geschaffen, die dringend notwendig sind. Die Menschen werden an die Hand genommen, damit sie den Weg zurück ins Arbeitsleben finden.

(Beifall bei der SPD)

Ich freue mich auch, dass wir im Haushalt 2017 die Familien stärken konnten. Denn es ist immer noch so: Im Osten sind die Löhne niedriger als im Westen, und zwar zum Teil erheblich. Daran, dass sich das ändert, müssen viele Kräfte arbeiten. Das kann auch nicht durch einen Haushalt 2017 mit einem Mal verändert werden. Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir einige Instrumente in den Haushalt 2017 einbauen konnten, unter anderem den Familienzuschlag. Vielen Dank, Manuela Schwesig! Vielen Dank an alle, die da mitgewirkt haben! Selbst 10 Euro im Monat sind bei einkommensschwachen Familien eine Menge im Portemonnaie. Vielen Dank dafür!

(Beifall bei der SPD)

Der zweite Bereich betrifft das Thema Breitbandausbau. Es ist ja heute Morgen bei der Beratung des entsprechenden Haushalts schon recht breit behandelt worden. Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen bedanken. Vor allem möchte ich mich hier aber einmal bei den Kollegen vor Ort, bei den Kommunalpolitikern, bedanken, die gerade im Osten, gerade in Mecklenburg-Vorpommern unheimlich aktiv, sehr schnell und sehr akribisch waren. Wir konnten erreichen, dass schon 2016 nach Mecklenburg-Vorpommern fast 710 Millionen Euro zusätzlich flossen. Der Haushalt 2017 bietet hier weitere Möglichkeiten. Danke dafür!

(Beifall bei der SPD)

Zum Bereich Kultur und Denkmalschutz. Wir fördern mit diesem Haushalt 204 Kulturdenkmäler,

(Johannes Kahrs [SPD]: Sehr gut!)

davon 79 im Osten. Gerade bei uns oben im Nordosten gibt es nicht nur den Bädertourismus, sondern auch den Kulturtourismus.

(Beifall des Abg. Johannes Kahrs [SPD])

Deshalb freue ich mich sehr über die vielen Kirchen und die historischen Baudenkmäler im Osten, die wir fördern konnten. Ich freue mich aber auch ganz persönlich über die Förderung des Gesellschaftshauses Straze in Greifswald. Da gab es früher einmal ein wichtiges Zentrum für kulturelles und gesellschaftliches Leben in der Stadt. Dank unserer Hilfe kann dieses Zentrum wieder aufgebaut werden. Vielen Dank auch an die Kollegen von der Union! Vielen Dank, Eckhardt Rehberg!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Was bleibt noch zu tun? Ein ganz wichtiger Bereich, eine ganz wichtige Sache, gerade für den Osten, ist der Unterhaltsvorschuss. Ich freue mich sehr für alle alleinerziehenden Frauen und manchmal auch Männer im Osten, die durch die Verlängerung des Unterhaltsvorschusses wirklich eine riesengroße Hilfe erhalten. Wir alle wissen ja: Kinder werden ab zwölf einfach teurer. Das liegt in der Natur der Sache. In dem Moment, wo ein Kind zwölf Jahre alt wird oder 72 Monate einen Unterhaltsvorschuss bekommen hat, endete dieser Vorschuss bislang. Ich hoffe, dass wir sehr bald hier vereinbaren können, dass der Unterhaltsvorschuss bis zum 18. Lebensjahr gewährt wird. Das hilft den Frauen sehr, übrigens auch den Männern, die unterhaltspflichtig sind. Es ist zum Beispiel im Osten, aber auch in anderen strukturschwachen Gebieten oftmals so, dass Menschen mit 1 100 Euro netto nach Hause gehen. Der Selbstbehalt beim Kindesunterhalt liegt bei 1 080 Euro. Da ist traurigerweise für den Kindesunterhalt einfach oft zu wenig übrig. Es fehlt nicht immer nur am Willen, sondern manchmal auch an der finanziellen Kraft.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ganz zum Schluss noch zum Thema Ost-/West-Rente; das ist von den Linken schon angesprochen worden, auch von Frau Lötzsch vorhin. Ja, wir hätten uns vielleicht gewünscht, dass wir die Angleichung früher erreichen. Aber, ich glaube, wir alle können sehr froh sein, dass wir gestern Abend einen Kompromiss erzielen konnten. Ich bedanke mich ausdrücklich bei Andrea Nahles, vor allem aber auch bei der SPD-Fraktion. Wir haben wirklich Ewigkeiten dafür gebraucht. Ich bin ganz glücklich, dass wir 2017 den Leuten vor Ort wirklich sagen können: Die Rentenangleichung wird kommen, allerdings in Stufen – so ist es auch richtig –, weil wir auf der anderen Seite auch den Höherwertungsfaktor für die Löhne anpassen müssen.

Die Ost-Brille wird hoffentlich irgendwann in nicht allzu ferner Zukunft in die Schatzkiste gehören, weil die Verhältnisse dann endlich komplett angeglichen sind.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Nächste Rednerin ist die Kollegin Anja Hajduk, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7036133
Wahlperiode 18
Sitzung 204
Tagesordnungspunkt Haushaltsgesetz 2017 (3. Beratung)
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta